Strafzinsen schon Standard
Als der EZB-Einlagenzins Mitte 2014 erstmals negativ wurde, hielt kaum jemand für möglich, dass dies ein Dauerzustand werden könnte, der auch Bankkunden trifft. Die Finanzwirtschaft selbst stellte das damals in Abrede. Heute - mehr als fünf Jahre später - liegt der EZB-Einlagenzins nach mehrfachen Absenkungen bei -0,5%.
Ein Ende der Negativzinsen ist nicht in Sicht. Und was zunächst als Ausnahme begann, scheint zu einem verbreiteten Phänomen zu werden: auch Bankkunden müssen Strafzinsen zahlen. Nach der letzten EZB-Zinssenkung im September scheint der Damm endgültig gebrochen.
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Schon jede vierte Bank mit Minuszinsen
Vermögende Privatkunden und Firmenkunden kennen Minuszinsen schon länger. Auf hochbeträgige Termin- und Tagesgelder sind sie gang und gäbe. Bei Normalsparern hielten sich die Institute jedoch zurück. Zwar wurden die Zinsen stetig gesenkt, doch man vermied, die Nulllinie zu durchschreiten. Dafür begannen die Banken an der Gebührenschraube zu drehen. Das kostenlose Girokonto wurde weitgehend abgeschafft und auch sonst verteuerte bzw. bepreiste man viele Bankleistungen.
Einzelne Sparkassen und Banken gingen dann dazu über, auch im Einlagengeschäft Gebühren zu erheben. Straf- und Negativzinsen nannte und nennt man so etwas nicht. Stattdessen wird von "Verwahrentgelt" oder "Aufbewahrungsgebühr" gesprochen. De facto handelt es sich um Strafzinsen. Die drohen jetzt auf breiter Front. Nach einer aktuellen Befragung der Bundesbank von 220 Banken gaben 23 Prozent der Institute eine negative Durchschnittsverzinsung bei Sichteinlagen privater Haushalte an. Die Befragten halten rund ein Viertel der privaten Kundeneinlagen.
Auch Bankkunden müssen Strafzinsen zahlen."
Vor allem Sichteinlagen betroffen
Bei den Sichteinlagen von Unternehmen waren es sogar 58 Prozent. Die betreffenden Banken stehen für 79 Prozent der Sichteinlagen von Unternehmen. Angesichts dieser Zahlen kann von einer Ausnahmeerscheinung keine Rede mehr sein. Betroffen sind neben Giro- und Kontokorrentkonten vor allem Tagesgeldkonten. Bei Termineinlagen ist man (noch) vorsichtig. Hier sind nur 19 Prozent der Unternehmens-Termingelder negativ verzinst, bei Termineinlagen von Privatkunden sogar nur 1 Prozent. Dabei dürfte es nicht bleiben.