Strengen wir uns in diesen Zeiten genügend an? Wirtschaft brummt, Infrastruktur verfällt
Deutschlands Wirtschaft geht es so gut wie lange nicht, die Beschäftigung bewegt sich auf Rekordniveau und die Bundesbürger geben ihr Geld gerne aus. Wer da auf Probleme aufmerksam macht, gerät schnell in die Gefahr, als "Miesmacher" hingestellt zu werden. Dabei ist nicht alles Gold, was glänzt.
Tatsächlich scheinen wir fast in Zeiten eines zweiten Wirtschaftswunders zu leben. Seit der Finanzkrise ist Deutschlands Wirtschaft stetig gewachsen und ein Ende ist nicht in Sicht. In diesem Jahr gehen die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute von 1,5 Prozent Plus aus, im kommenden Jahr sogar von 1,8 Prozent. Andere Ökonomen sind noch optimistischer. Die Wachstumsraten mögen zwar nicht spektakulär sein, es ist aber das hohe Ausgangsniveau zu bedenken.
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Es hapert bei den Investitionen
Dabei ist das Umfeld keineswegs ohne Risiken. Die US-Konjunktur zeigt unter der Präsidentschaft Donald Trumps Schwächezeichen, seine Reformvorhaben erweisen sich zunehmend als illusionär und die Gefahr des Protektionismus ist keineswegs gebannt. Auch die Entwicklung der chinesischen Wirtschaft ist schwer einzuschätzen. Die veröffentlichten Daten stimmen zwar optimistisch, doch inwieweit sie der Realität entsprechen, ist eine andere Frage. Sorgen bereitet die hohe Verschuldung der chinesischen Unternehmen.
Die deutsche Konjunktur ficht das einstweilen nicht an. Allen Unkenrufen zum Trotz florieren die Exportgeschäfte, ein Wachstumstreiber ist auch der private Konsum. Hohe Beschäftigung, gestiegene Reallöhne und der Umstand, dass sich Geldanlagen bei Zinsen am Nullpunkt nicht mehr lohnen, fördern die Bereitschaft zum Ausgeben. Nur bei den Investitionen hapert es. Das gilt sowohl im Bereich der Privatwirtschaft als auch im öffentlichen Sektor.
Substanzverzehr - das funktioniert nur begrenzte Zeit
Das mag angesichts der heute guten Lage verschmerzbar erscheinen. Aber Investitionen bilden die Grundlage für Wohlstand und Wachstum in der Zukunft. Wer heute darauf verzichtet, muss dafür später bezahlen. Dabei ist der Handlungsbedarf riesig, gerade bei der öffentlichen Infrastruktur.
Investitionen bilden die Grundlage für Wohlstand und Wachstum in der Zukunft."
Bessere digitale Netze, Ausbau und Sanierung von Verkehrswegen, moderne Schulgebäude und Bildungseinrichtungen - es gäbe viel zu tun. Alleine bei den Kommunen besteht nach Angaben des DIW ein Investitionsstau von 140 Milliarden Euro. Es geht aber nicht nur um Sachinvestitionen. Investitonen in Forschung und Entwicklung oder in Bildung und Qualifizierung würden Deutschland ebenso zukunftssicherer machen.
An Mitteln fehlt es nicht einmal, seit die öffentlichen Haushalte Milliarden-Überschüsse erwirtschaften. Oft werden Investitionen durch fehlendes Personal und langwierige Genehmigungsverfahren ausgebremst. Deutschland fährt seine Infrastruktur auf Verschleiß. Insofern verdanken wir unsere gute Lage zum Teil dem Substanzverzehr. Das kann nur eine begrenzte Zeit lang gut gehen. Von daher reicht es nicht, sich auf dem Wohlstandskissen auszuruhen.
Freiräume schaffen für ein gutes Leben.