Die Ära der extrem niedrigen Zinsen scheint endgültig vorbei zu sein

Deutsche-Bank-Chef Anleiherenditen bleiben dauerhaft hoch

Eine neue Realität für Anleger und Staaten.

Die Ära der extrem niedrigen Zinsen scheint endgültig vorbei zu sein. Christian Sewing, Vorstandschef der Deutschen Bank, rechnet mit dauerhaft hohen Renditen bei Anleihen. In einer Rede machte er deutlich, dass dies nicht nur eine Phase sei, sondern eine strukturelle Veränderung, die Investoren und Staaten gleichermaßen herausfordert. Zwar erwartet Sewing keine akuten Marktverwerfungen, doch die Gründe für die neuen Rahmenbedingungen sind tiefgreifend: Reformstau, steigende Verschuldung und politische Unsicherheiten weltweit.


Das Ende der Nullzinswelt

Über ein Jahrzehnt lang prägten Null- und Negativzinsen die Kapitalmärkte. Zentralbanken hatten in der Finanzkrise 2008 und später während der Pandemie die Märkte mit Liquidität geflutet und die Renditen auf Staatsanleihen künstlich gedrückt. Für Investoren bedeutete dies eine ungewöhnliche Situation: sichere Staatsanleihen brachten kaum Ertrag, riskantere Anlagen wurden dadurch attraktiver.

Diese Zeiten sind vorbei. Mit der Rückkehr der Inflation mussten die Zentralbanken gegensteuern und die Leitzinsen deutlich anheben. Auch wenn die Teuerungsraten zuletzt gesunken sind, glaubt Sewing nicht an eine baldige Rückkehr in die alte Niedrigzinswelt. Im Gegenteil: Er sieht strukturelle Faktoren, die dauerhaft höhere Anleiherenditen rechtfertigen.


Ursachen für den Renditeanstieg

Sewing nennt mehrere Gründe, die zusammenwirken und den Anleihemarkt nachhaltig verändern.

  • Reformstau: Viele Länder haben notwendige Strukturreformen aufgeschoben – sei es bei Rentensystemen, Arbeitsmärkten oder Energiepolitik. Dadurch steigen die langfristigen Finanzierungskosten.
  • Verschuldung: Die globale Staatsverschuldung ist in den vergangenen Jahren auf Rekordniveau gestiegen. Pandemiekosten, Energiekrise und geopolitische Spannungen haben zusätzliche Schuldenberge geschaffen. Anleger verlangen deshalb höhere Renditen, um das Risiko zu kompensieren.
  • Politische Unsicherheit: Handelskonflikte, Kriege und instabile Regierungskoalitionen erhöhen die Risikoprämien, die Investoren einfordern.

Diese Faktoren sind nicht kurzfristig, sondern strukturell – sie prägen den Markt auf Jahre hinaus.


Auswirkungen auf Märkte und Investoren

Die Zeiten künstlich gedrückter Renditen sind vorbei. Die Finanzmärkte treten in eine Phase ein, in der höhere Finanzierungskosten Normalität sind – mit weitreichenden Folgen für Politik, Wirtschaft und Investoren."

Für Anleger bedeutet dies eine Zäsur. Staatsanleihen, die jahrelang kaum Rendite brachten, werden wieder zu einer ernstzunehmenden Anlagealternative. Ein Portfolio, das ausschließlich auf Aktien und Immobilien setzt, muss sich neu ausrichten. Gleichzeitig steigen für Staaten die Kosten der Schuldenaufnahme erheblich, was mittelfristig die Finanzpolitik vieler Länder einschränken wird.

Dennoch betonte Sewing, dass er keine akuten Marktverwerfungen erwarte. Die Märkte hätten sich bereits an das höhere Zinsniveau angepasst. Vielmehr gehe es nun um eine „neue Normalität“, die Investoren akzeptieren müssten.


Die politische Dimension

Dauerhaft hohe Anleiherenditen sind nicht nur ein Finanzthema, sondern auch ein politisches. Staaten müssen künftig Prioritäten setzen, wenn sie sich nicht in untragbare Schulden verstricken wollen. Gleichzeitig geraten Investitionsprojekte – etwa in den Klimaschutz oder die Digitalisierung – unter Druck, weil die Finanzierung teurer wird.

Die Herausforderung besteht darin, trotz steigender Zinslast wirtschaftliche Dynamik zu entfalten. Dazu braucht es Reformen, um Wachstumskräfte freizusetzen und Investoren Vertrauen in die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu geben.


Fazit: Eine neue Realität für Anleger und Staaten

Die Warnung von Christian Sewing ist weniger ein Alarmruf als ein Hinweis auf eine neue Realität: Anleiherenditen werden dauerhaft höher bleiben, getrieben von strukturellen Problemen und politischer Unsicherheit. Für Anleger bedeutet das, dass sich die Gewichtung im Portfolio verschieben könnte – sichere Staatsanleihen sind wieder attraktiv, doch die gestiegenen Zinsen erhöhen auch die Risiken für Unternehmen und Staaten.

Die Botschaft ist klar: Die Zeiten künstlich gedrückter Renditen sind vorbei. Die Finanzmärkte treten in eine Phase ein, in der höhere Finanzierungskosten Normalität sind – mit weitreichenden Folgen für Politik, Wirtschaft und Investoren.

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