Serie Finanzwissen: Rückkehr des Chip-Risikos Autobranche drohen Produktionsstopps
Die nächste Chip-Welle bedroht weniger die Verfügbarkeit von Hochleistungschips als vielmehr die vermeintlich unscheinbaren Standard-Chips, die jedes Auto zum Fahren, Bremsen, Laden braucht.
Die Chipkrise ist zurück – nur sieht sie heute anders aus. Es geht nicht um spektakuläre Hochleistungschips, sondern um unscheinbare Standardbauteile, ohne die kein Auto fährt: kleine Steuerrechner, Stromregler, Treiber für Bremsen, Licht oder das Laden des Akkus. Diese Teile kosten pro Stück oft nur wenige Euro, werden aber auf älteren Fertigungslinien hergestellt, die weltweit stark ausgelastet sind. Wenn genau so ein Bauteil fehlt, steht ein fertiges Auto auf dem Hof – und zwar wegen eines Mini-Teils.
Warum ausgerechnet einfache Teile knapp sind
Box
Viele Autoteile-Elektroniken wurden vor Jahren entwickelt und sind auf bewährte Chiptypen ausgelegt.
Die Produktion dieser Chips läuft auf etablierten Anlagen (nicht auf den ganz neuen Hightech-Linien).
Genau diese älteren Anlagen sind für viele Branchen wichtig: Autos, Haushaltsgeräte, Industrie.
Neue Kapazitäten entstehen langsamer, weil dafür Milliardeninvestitionen und mehrere Jahre nötig sind.
Dazu kommt eine zweite Schwäche: Ein-Lieferant-Abhängigkeit. In vielen Projekten stammt ein kritisches Bauteil nur von einem Zulieferer.
Das war effizient, solange alles rundlief. Fällt dieser Anbieter aus – Qualitätsproblem, Politik, Logistik –, gibt es nicht sofort Ersatz.
Denn: In der Autoindustrie muss ein Bauteil erst freigegeben werden.
Es wird getestet, manchmal Software angepasst, im Zweifel neu begutachtet. Das dauert Wochen bis Monate.
Woran es aktuell hakt – kurz & verständlich
- Zu wenig Platz auf alten Chipanlagen: Diese Linien sind für viele Alltagschips reserviert und ständig belegt.
- Ein-Lieferant-Risiko: Wird nur ein Zulieferer genutzt, gibt es bei Störungen keinen schnellen Plan B.
- Lange Freigaben: Ersatzteile müssen getestet und zugelassen werden – das geht nicht von heute auf morgen.
Folgen für Hersteller, Zulieferer und Kunden
Hersteller müssen die Produktion um das knappste Teil herum planen. Fahrzeuge werden teilweise zwischengeparkt, bis der fehlende Chip ankommt. Zulieferer stecken im Dilemma zwischen knappen Chipkontingente und kurzfristigen Abrufen. Kundinnen und Kunden merken das entweder als Lieferverzögerung oder erhalten ein Modell, das vorerst ohne eine spezielle technische Funktion ausgeliefert wird, die erst später nachgerüstet wird.
Kosten entstehen weniger durch „teure Chips“, sondern durch Stillstand, Umplanung und Expresslogistik. Darum verschiebt sich die Denkweise weg von „just in time“ hin zu „just in case“: kleine Sicherheitslager, mehr als ein Zulieferer, längerfristige Absprachen.
Was die Industrie jetzt tun kann
Produktionsstopps drohen nicht wegen fehlender Hochtechnologiechips, sondern wegen kleiner Standardteile, die schwer zu ersetzen sind."
- Zusätzliche(n) Zulieferer aufbauen: Für jedes wichtige Bauteil mindestens zwei freigegebene Lieferanten. So bleibt die Produktion auch bei Störungen lauffähig.
- Ersatz leicht machen: Elektronik so gestalten, dass baugleiche Alternativen (gleiche Gehäuse/Anschlüsse) passen; Software modular halten, damit ein Tausch nur kleine Anpassungen braucht.
- Kapazität fest buchen: Mit Chipfertigern mehrjährige Verträge schließen, die Produktionsplätze reservieren – besonders auf den stark gefragten älteren Anlagen. Das ist zwar teuer, reduziert aber das Risiko von Produktionsausfällen.
- Sicherheitslager dort, wo es zählt: Für eine Handvoll Schlüsselbauteile Puffer anlegen (einige Wochen Bedarf) – auch hier gilt: Die zwar höheren Kosten reduzieren das Risiko eines Werkstopps.
Was Anleger aus der Lage ableiten können
Für Autobauer erhöhen Engpässe die Schwankungen der Ergebnisse. Unternehmen mit einheitlichen Elektronik-Plattformen, klarer Zweitquellen-Strategie und Transparenz zu Lagerzielen sind robuster. Zulieferer, die mehrere qualifizierte Chipfertiger und langfristige Kapazitätsverträge haben, stehen besser da als Spezialisten mit nur einem Partner. Chipproduzenten, die die älteren Linien betreiben, profitieren von dauerhaft stabiler Nachfrage – weniger glanzvoll als Hightech, aber zuverlässig.
Blick nach vorn
Die gute Nachricht: Die Branche lernt schnell. Immer mehr Hersteller setzen auf gemeinsame Elektronik-Bausteine über mehrere Modelle hinweg. Das reduziert die Zahl der unterschiedlichen Chips und macht Ersatz und Freigaben leichter. Gleichzeitig bauen Chipfertiger Kapazitäten aus – aber dieser Effekt kommt zeitversetzt. Bis dahin bleibt kluges Engpass-Management ein Alltagsthema.
Fazit
Produktionsstopps drohen nicht wegen fehlender Hochtechnologiechips, sondern wegen kleiner Standardteile, die schwer zu ersetzen sind. Wer Zweitquellen aufbaut, Austauschbarkeit einplant, Kapazitäten langfristig sichert und Puffer dort hält, wo sie zählen, reduziert das Risiko deutlich. Für Anleger gilt: Bevorzugen Sie Firmen, die diese Hausaufgaben sichtbar machen. So wird aus einem riskanten Nadelöhr kein Dauerproblem – weder im Werk noch im Depot.
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