Die betroffenen Institute mussten einige hundert Millionen Euro an Steuernachzahlungen leisten

Cum-Ex-Geschäfte Bankraub der Nadelstreifenträger

"Cum-Cum" und "Cum-Ex" sind zwei Begriffspaare, mit denen die wenigsten Menschen etwas anfangen können. Bei Finanzjongleuren sieht das anders aus. Die Bezeichnungen stehen für zweifelhafte Praktiken im Zusammenhang mit Aktienbesitz, mit denen dem deutschen Fiskus über Jahre Milliardenbeträge entgangen sind.

Um welche Summen es sich dabei handelt, darüber gehen die Schätzungen auseinander. Zwischen 17 und 31 Milliarden Euro sollen es sein. Verdient haben daran "clevere" Privatinvestoren, namhafte Banken, die das Spiel lange gerne mitspielten, sowie findige Berater und Anwälte, die sich um den finanziellen und rechtlichen Rahmen der Transaktionen kümmerten. Es handelte sich um ein weltweites Geflecht - um "Geldabzocke" vom Staat im globalen Maßstab.

Cum-Cum und Cum-Ex - kurz erklärt 

Möglich waren die Geschäfte durch die Tatsache, dass Ausländer und Inländer beim Besitz deutscher Aktien unterschiedlich behandelt werden. Inländer zahlen auf erhaltene Dividenden zwar Kapitalertragsteuer, können sich diesen Betrag aber im Rahmen der Verrechnung mit Verlusten und Kosten aus weiteren Wertpapiertransakionen wieder zurückholen. Ausländische Aktienbesitzer haben diese Möglichkeit nicht. Stattdessen fallen im Schnitt 15 Prozent Kapitalertragsteuer an, bei denen keine Steuererstattung stattfindet. Hier kamen in der Vergangenheit Cum-Cum- und Cum-Ex-Geschäfte ins Spiel. Sie funktionierten so: 

  • Bei Cum-Cum-Transaktionen hat der ausländische Aktienbesitzer seine Aktien kurz vor dem Dividendenstichtag an einen Finanzdienstleister im Inland verliehen. Dieser vereinnahmte die Dividende und zahlte die übliche 25-prozentige Kapitalertragsteuer, die er sich aber durch Verrechnung wiedererstatten ließ. Der größte Teil der Dividende floss als "Leihgebühr" wieder an den ausländischen Aktionär zurück, ein kleiner Teil verblieb als Verdienst beim Finanzdienstleister. 
  • Cum-Ex-Geschäfte funktionierten etwas anders. Hier wurde die Tatsache ausgenutzt, dass im Rahmen von Leerverkäufen gleich mehrfach Steuerbescheinigungen ausgestellt wurden. Der ausländische Investor tätigte dabei Leerverkäufe von Aktien vor dem Dividendentermin, erst später fand die Lieferung statt. In der Zwischenzeit wurden die Steuerbescheinigungen genutzt, um Steuererstattungen vom Finanzamt zu erhalten. Dabei wurde die Steuererstattung gleich mehrfach kassiert, auch wenn nur einmal Steuern gezahlt wurden. Auch hier waren die "Aktionäre" auf die Mitwirkung von Finanzinstituten angewiesen. 

Kampf gegen Schlupflöcher und Missbrauch 

In der Praxis sind die Grenzen zwischen Cum-Cum- und Cum-Ex-Geschäften fließend. Es gibt mehrere Varianten des sogenannten Dividendenstrippings. Dass in großem Stil abkassiert wurde, ist den Finanzbehörden bereits seit Anfang der 1990er Jahre bekannt gewesen. Doch lange blieb der Fiskus untätig. Das hängt auch damit zusammen, dass die Rechtslage bei den Cum-Cum- und Cum-Ex-Geschäften nicht eindeutig gewesen ist. Mittlerweile gibt es dazu eine höchstrichterliche Rechtsprechung, es wurden auch neue gesetzliche Grundlagen geschaffen, die Missbrauch künftig schwerer machen sollen. 

Die deutsche Bankwirtschaft hat beim Dividendenstripping lange mitgemacht und gut dabei verdient."

Das Steuerschlupfloch bei den Cum-Ex-Geschäften wurde im Jahre 2012 geschlossen. Seitdem müssen die depotführenden Banken die Kapitalertragsteuer abführen und es ist sichergestellt, dass Steuerbescheinigung und Steuererhebung bei der Kapitalertragsteuer übereinstimmen. Mit dem im vergangenen Jahr verabschiedeten Investmentsteuerreformgesetz sollen auch Cum-Cum-Geschäfte unattraktiver werden. Das Gesetz tritt in seinen maßgeblichen Teilen erst 2018 in Kraft, die Cum-Cum-Teile gelten aber bereits rückwirkend ab dem 1. Januar 2016.

Die deutsche Bankwirtschaft hat beim Dividendenstripping lange mitgemacht und gut dabei verdient. Bekannte Namen wie die Deutsche Bank, HypoVereinsbank und HSH Nordbank gehören zu den Akteuren. Inzwischen mussten die betroffenen Institute einige hundert Millionen Euro an Steuernachzahlungen leisten.

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