Von passiv zu selektiv Der ETF-Markt im Wandel
Wie ein einst klar umrissener Anlagetrend neue Facetten bekommt – und Anleger vor neue Entscheidungen stellt.
Als ETFs Anfang der 2000er Jahre in Deutschland populär wurden, war ihr Versprechen ebenso einfach wie überzeugend: Marktentwicklung statt Managermeinung. Anleger konnten mit einem ETF die Entwicklung eines Index – etwa des DAX, MSCI World oder Euro Stoxx 50 – kostengünstig und breit diversifiziert abbilden. Kein aktives Stockpicking, keine hohen Gebühren, keine Intransparenz. Die Passivität war Programm – und Teil einer regelrechten Investmentphilosophie.
Doch inzwischen hat sich der Markt verändert. Immer mehr ETFs nehmen Einfluss auf ihre Gewichtung, ihre Zusammensetzung oder das Investmentthema. Die Grenze zwischen passiv und aktiv wird unscharf. Was bedeutet das für Anleger?
Von der Indexabbildung zur Strategieabbildung
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Ursprünglich folgten ETFs bekannten Standardindizes. Doch mit dem Boom kamen neue Anbieter, neue Ideen – und neue Zielgruppen. Heute gibt es ETFs, die:
- Faktorstrategien abbilden (z. B. Value, Momentum, Quality)
- Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen
- Themen und Trends aufgreifen (z. B. KI, Gesundheit, Klimawandel)
- Risiko gewichten statt Marktkapitalisierung
- Dividendenstrategien oder Volatilitätssteuerung integrieren
Damit entfernen sich viele ETFs vom ursprünglichen Ideal der neutralen Abbildung – und nähern sich faktisch einer systematisierten aktiven Auswahl.
Selektives Investieren – unter dem Deckmantel der Passivität?
Der Reiz dieser Produkte liegt auf der Hand: Anleger bekommen scheinbar das Beste aus zwei Welten – niedrige Kosten bei gleichzeitig strategischem Fokus.
Doch das birgt auch Risiken:
- Die Auswahlkriterien sind oft nicht nachvollziehbar oder veränderlich.
- Die Gewichtung ist nicht neutral, sondern stark gesteuert.
- Die Performance hängt nicht mehr nur vom Markt, sondern vom Regelwerk ab.
- Der Diversifikationseffekt ist in vielen Themen-ETFs stark eingeschränkt.
Was bedeutet das für die Rolle des Anlegers?
Wer sich von günstigen Gebühren und dem Wort „passiv“ blenden lässt, läuft Gefahr, sich ungewollt aktiv zu positionieren. Umso wichtiger ist ein informierter Blick hinter das Etikett – denn zwischen „einfach investieren“ und „komplex strukturieren“ liegt heute oft nur ein einziger Klick."
Früher konnte man sagen: ETF kaufen, zurücklehnen, Marktentwicklung mitnehmen. Heute ist mehr Eigenverantwortung gefragt. Anleger müssen sich fragen:
- Was genau bildet der ETF ab – und wie?
- Welche Auswahlregeln liegen zugrunde?
- Wie stark ist die Abhängigkeit von bestimmten Branchen, Ländern, Faktoren?
- Gibt es Rebalancing oder andere Eingriffe?
Je selektiver ein ETF konzipiert ist, desto stärker wird der Anleger wieder zum aktiven Entscheider, auch wenn die Verwaltung formal passiv bleibt.
Ein wachsender Markt mit wachsender Komplexität
Der ETF-Markt wächst weiter – nicht nur in Volumen, sondern auch in Breite. Das ist grundsätzlich positiv, denn es schafft Auswahl und ermöglicht maßgeschneiderte Portfolios.
Aber es führt auch zu einer Entwicklung, die viele nicht erwartet hatten: Aus der Einfachheit wird Vielfalt, aus der Passivität wird Strategie.
Anleger müssen lernen, mit dieser neuen Welt umzugehen – indem sie verstehen, dass ETF nicht mehr gleich ETF ist.
Fazit: Passiv ist nicht mehr gleich passiv
ETFs sind längst nicht mehr nur schlichte Marktabbilder. Sie sind zu einem Instrument strategischer Anlageentscheidungen geworden – mit Chancen und Tücken.
Wer sich von günstigen Gebühren und dem Wort „passiv“ blenden lässt, läuft Gefahr, sich ungewollt aktiv zu positionieren. Umso wichtiger ist ein informierter Blick hinter das Etikett – denn zwischen „einfach investieren“ und „komplex strukturieren“ liegt heute oft nur ein einziger Klick.

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