Die wachsende Diskrepanz zwischen Lebenserwartung und Vermögensplanung hat weitreichende Konsequenzen

Altersvorsorge Die Rentenlücke wächst

Warum Deutschland besonders unvorbereitet altert.

Die Menschen werden älter, doch ihre finanzielle Vorsorge wächst nicht mit. Eine aktuelle Studie von Fidelity International und dem National Innovation Centre for Ageing zeigt: Weltweit besteht eine deutliche Diskrepanz zwischen Lebensdauer und finanzieller Planung – und in Deutschland ist sie besonders groß. Mehr als die Hälfte der über 50-Jährigen unterschätzt hierzulande, wie lange ihr Erspartes tatsächlich reichen muss.

Länger leben, kürzer planen

Laut der Untersuchung, die in 13 Ländern über 11.800 Personen befragte, haben 42 Prozent der Menschen ab 50 Jahren eine Rentenlücke von mindestens zehn Jahren. In Deutschland liegt dieser Anteil sogar bei 54 Prozent. Viele Ruheständler leben also deutlich länger, als sie es in ihrer Finanzplanung berücksichtigen.

Die Ursachen liegen weniger in Unkenntnis als in einer kulturellen Verzögerung: Noch immer wird Altersvorsorge als einmalige Vorbereitung verstanden – nicht als dynamischer, lebenslanger Prozess. Wer mit 60 in Rente geht und 90 wird, erlebt drei Jahrzehnte Ruhestand. Doch die meisten rechnen nur mit 15 bis 20 Jahren.

Die Folgen der Lücke

Die wachsende Diskrepanz zwischen Lebenserwartung und Vermögensplanung hat weitreichende Konsequenzen:

  • Finanzielle Unsicherheit: Immer mehr ältere Menschen müssen länger arbeiten oder auf Ersparnisse zurückgreifen, die für kürzere Zeiträume gedacht waren.
  • Gesellschaftliche Belastung: Die Finanzierung des Rentensystems wird schwieriger, weil individuelle Vorsorge zu gering bleibt.
  • Psychologische Auswirkungen: Der Gedanke, das Geld könnte nicht reichen, führt zu Zurückhaltung im Konsum und sinkender Lebensqualität.

Die Studie verdeutlicht damit, dass die Rentenlücke nicht nur ein ökonomisches, sondern auch ein soziales Problem ist.

Warum Deutschland stärker betroffen ist

Deutschland steht in der Alterung der Bevölkerung weit vorn – aber in der Kapitalbildung weit hinten. Der Anteil privater Vorsorge an der Altersabsicherung ist geringer als in angelsächsischen Ländern, und der Kapitalmarkt wird von vielen Bürgern weiterhin gemieden.

Hinzu kommen strukturelle Faktoren:

  • Das gesetzliche Rentenniveau sinkt seit Jahren.
  • Die Zinswende hat zwar Sparen wieder attraktiver gemacht, doch die Inflation zehrt reale Erträge auf.
  • Komplexe Regelwerke und Steuerfragen erschweren langfristige Anlageentscheidungen.

So entsteht ein Widerspruch: Langlebigkeit gilt als gesellschaftlicher Erfolg, doch finanziell wird sie zum Risiko.

Neue Vorsorgelogik erforderlich

Deutschland steht vor einer doppelten Herausforderung: Die Menschen werden älter – aber ihre Finanzplanung bleibt jung. Die Rentenlücke wächst, weil das Bewusstsein für langfristige Absicherung fehlt."

Die Studie legt nahe, Altersvorsorge stärker mit Lebenserwartung zu verknüpfen – als flexibles System statt als einmalige Summe. Notwendig ist ein Wandel in der Wahrnehmung: weg von kurzfristigen Sparzielen, hin zu lebenszyklischem Vermögensmanagement.

Das bedeutet:

  • Langfristige Kapitalanlagen wie Fonds oder Aktienanteile sollten Teil der Standardvorsorge werden.
  • Kapitalgedeckte Systeme – etwa Betriebsrenten oder öffentliche Fonds – müssen an Gewicht gewinnen.
  • Finanzielle Bildung sollte helfen, Lebenszeit realistischer in Vorsorgeplanung zu übersetzen.

Nur so lässt sich verhindern, dass die Verlängerung der Lebenszeit zur Verkürzung der finanziellen Sicherheit führt.

Fazit

Deutschland steht vor einer doppelten Herausforderung: Die Menschen werden älter – aber ihre Finanzplanung bleibt jung. Die Rentenlücke wächst, weil das Bewusstsein für langfristige Absicherung fehlt.

Eine nachhaltige Lösung erfordert eine neue Balance zwischen staatlicher, betrieblicher und privater Vorsorge. Altersplanung muss zum Bestandteil der Lebensplanung werden. Denn wer das Alter verlängert, darf nicht die Finanzierung verkürzen.

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