Globalisierung ist kein Erfolg für alle Die Ursachen des Brexit ernst nehmen
Nach dem Brexit wird heftig über die Folgen debattiert, dabei sollten die Ursachen jedoch ebenso wichtig genommen werden. Globalisierung ist nicht für alle ein Erfolgsmodell und Wohlstand lässt sich nicht als Naturgesetz definieren.
Als das Resultat zum Brexit klar war, gerieten die globalen Finanzmärkte ins Wanken; die Kurse von Aktien, Euro und Pfund fielen innerhalb kurzer Zeit dramatisch. Zwei Werktage später ein völlig anderes Szenario: Der britische EU-Ausstieg hat die Weltmärkte kurz erzittern lassen, ohne jedoch eine globale Krise auszulösen. Die Folgen für Großbritannien könnten erheblich sein. Experten prognostizieren einen weiteren Kursverfall für das Pfund, sollte das Land in eine Rezession verfallen und dazu von importierter Inflation getroffen werden. Die Eurozone wird hingegen von überschaubaren Folgen tangiert und für die Vereinigten Staaten ist die Entwicklung in China wesentlich bedeutsamer als die in Europa.
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Die Brexit-Ursachen dürfen nicht ausgeblendet werden
Auch wenn den verbleibenden EU-Ländern keine ökonomischen Folgen drohen, sollten sie sich intensiv mit den Auslösern des britischen Austritts befassen. Das Referendum brachte nicht nur den Ärger vieler Briten bezüglich Brüssel, allmächtiger Eliten und einer fehlgeleiteten Flüchtlingspolitik zum Ausdruck. Es machte auch deutlich, dass zunehmend viele Menschen einem Wirtschaftsmodell nicht mehr trauen, welches vor Jahren einmal für Erfolg bürgte. Die Briten haben mit ihrem Votum dem Kapitalismus einen Schlag versetzt, obwohl es derzeit keine alternative Wirtschaftsform gibt und sie eigentlich mit ihrer ökonomischen Situation zufrieden sind.
Globalisierung ist nicht für jeden ein Erfolgsmodell
Immer mehr Menschen spüren nicht erst seit dem Brexit, dass die Stabilität eines Wirtschaftssystems in der Vergangenheit nichts über dessen Zukunftsfestigkeit aussagt und Wohlstand keinerlei Naturgesetzen unterliegt. Nicht jeder sieht die Globalisierung als erfolgsförderndes Modell, vor allem weniger Begünstigte fürchten sich vor den Folgen.
Der Brexit an sich kann die Weltwirtschaft nicht zum Zusammenbruch bringen, jedoch ist es sehr gefährlich, Ignoranz gegenüber den Ursachen an den Tag zu legen."
Politiker sollten diese Ängste aufgreifen, statt sie für irrational zu halten. Denn sonst wenden sich die Wähler politischen Kräften zu, die für komplexe Probleme einfache Lösungen anbieten. Wer als Politiker die Abwanderung der Wählerschaft zu den Rechtskonservativen verhindern will, muss den Zorn und die Angst öffentlich akzeptieren. Darüber hinaus muss anerkannt werden, dass die Globalisierung gerade in den Industrieländern auch Verlierer generiert und daher keine reine Erfolgsgeschichte für alle ist.
Dem Brexit müssen Reformen folgen
Nach dem öffentlichen Eingeständnis müssten die Industriestaaten umfassende Reformen folgen lassen. Von der Globalisierung Benachteiligte sollten durch zielgerichtete Bildungsoffensiven befähigt werden, anspruchsvolle und besser bezahlte Arbeiten erledigen zu können. Auf den Bedarf ausgerichtete Zuwanderungskonzepte sollten mit reformierten Steuersystemen einhergehen. Leistung muss belohnt, Maßlosigkeit jedoch begrenzt werden. Der Brexit an sich kann die Weltwirtschaft nicht zum Zusammenbruch bringen, jedoch ist es sehr gefährlich, Ignoranz gegenüber den Ursachen an den Tag zu legen.