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Finanzlexikon Erbschaftsteuer-Freibeträge im Vergleich

Die Erbschaftsteuer ist ein sensibles Instrument der Vermögenspolitik – sie berührt familiäre Bindungen, unternehmerische Kontinuität und gesellschaftliche Vorstellungen von Gerechtigkeit.

Besonders bedeutsam für ihre Wirkung ist die Ausgestaltung der Freibeträge: also jenes Vermögen, das beim Erbfall steuerfrei auf die Erben übergeht. Ein Blick auf die internationale Praxis zeigt: Die Unterschiede zwischen Ländern sind enorm – sowohl hinsichtlich der absoluten Höhe der Freibeträge als auch in Bezug auf ihre sozialpolitische Intention und strukturelle Ausrichtung.

Deutschland: Großzügig bei Familien, zurückhaltend bei Umverteilung

In Deutschland gelten vergleichsweise hohe Freibeträge für nahe Angehörige. Ehegatten und eingetragene Lebenspartner können derzeit bis zu 500.000 Euro steuerfrei erben, Kinder bis zu 400.000 Euro pro Elternteil. Auch Enkel, Eltern oder Geschwister profitieren – wenn auch mit deutlich geringeren Freibeträgen. Die Steuerklassenstruktur spiegelt ein stark familiär geprägtes Verständnis von Vermögensschutz wider.

Diese Ausgestaltung führt dazu, dass insbesondere kleinere bis mittlere Vermögensübertragungen innerhalb der Kernfamilie in der Praxis kaum besteuert werden. Erst bei großen Nachlässen oder entfernteren Verwandtschaftsverhältnissen entsteht eine spürbare Steuerlast. Die Wirkung auf die allgemeine Vermögensverteilung ist entsprechend begrenzt.

Frankreich: Niedrige Freibeträge – hohe Steuersätze

Frankreich verfolgt einen kontrastierenden Ansatz.

Zwar sind auch dort Ehepartner und Kinder steuerlich begünstigt, die Freibeträge liegen mit rund 100.000 Euro für Kinder jedoch deutlich niedriger als in Deutschland.

Gleichzeitig sind die Steuersätze progressiv und steigen rasch an.

Frankreich betrachtet die Erbschaftsteuer explizit als Instrument der gesellschaftlichen Umverteilung und geht damit in der fiskalpolitischen Begründung weit über den deutschen Status quo hinaus.

Dort, wo größere Vermögen den Besitzer wechseln – etwa bei Immobilien oder Familienunternehmen –, kommt es schnell zu erheblichen Steuerzahlungen.

Das hat zur Folge, dass französische Steuerpflichtige sich frühzeitig mit Gestaltungsfragen beschäftigen oder alternative Übertragungsmodelle suchen.

Vereinigte Staaten: Eine Freigrenze, aber mit Schwelle zur Debatte

Die USA erheben zwar grundsätzlich eine „federal estate tax“, die Freibeträge sind jedoch so hoch, dass sie derzeit nur auf sehr große Vermögen Anwendung findet. Die Schwelle liegt seit der Steuerreform unter Präsident Trump bei über elf Millionen Dollar pro Person (Stand: 2025). Die Mehrheit der Erbfälle bleibt somit faktisch steuerfrei.

Gleichzeitig ist die politische Debatte stark polarisiert: Während einige Bundesstaaten zusätzliche eigene Erbschafts- oder Nachlasssteuern erheben, fordern progressive Kräfte eine drastische Absenkung der Freibeträge, um extreme Vermögenskonzentrationen einzudämmen. Die USA zeigen damit ein Spannungsfeld zwischen fiskalischem Pragmatismus und ideologischer Konfrontation.

Großbritannien: Fixe Freigrenzen – mit strukturellen Lücken

Der internationale Vergleich zeigt, dass Erbschaftsteuer-Freibeträge weit mehr sind als rein steuertechnische Details. Sie spiegeln Grundüberzeugungen darüber wider, wie viel Vermögen privat vererbt werden darf, ohne einen Beitrag zum Gemeinwohl zu leisten. Während Länder wie Frankreich oder Belgien die Steuer als aktives Umverteilungsinstrument nutzen, verfolgen Staaten wie Deutschland oder die USA eher einen Schutzansatz gegenüber familiärer Vermögensweitergabe."

In Großbritannien gilt eine pauschale Freibetragsgrenze, die lange Zeit bei 325.000 Pfund lag und nur in bestimmten Konstellationen – etwa beim Vererben des Hauptwohnsitzes an direkte Nachkommen – erhöht wird. Auch hier greifen gewisse Begünstigungen bei Ehepartnern, aber im Vergleich zu Deutschland ist das System weniger stark am Verwandtschaftsgrad ausdifferenziert.

Ein häufig kritisiertes Merkmal des britischen Systems ist, dass sehr große Vermögen durch legale Konstruktionen wie Trusts oder ausländische Wohnsitze relativ leicht dem Zugriff des Fiskus entzogen werden können. Das schwächt die tatsächliche Umverteilungswirkung erheblich.

Skandinavische Länder: Abschaffung oder völlige Reform

Bemerkenswert ist die Praxis in einigen skandinavischen Ländern: Schweden, Norwegen und Österreich haben ihre Erbschaftsteuer in den letzten Jahrzehnten ganz abgeschafft. Begründet wurde dies zumeist mit dem Verwaltungsaufwand, dem hohen Anteil an nicht realisierbaren Vermögenswerten (etwa Immobilien oder Betriebsvermögen) und der geringen Ertragswirkung im Vergleich zum politischen Aufwand.

Kritiker sehen darin jedoch einen Rückzug des Staates aus der Verantwortung für gerechtere Vermögensverteilung. Ohne steuerliche Korrekturmechanismen könnten langfristig Vermögensdynastien entstehen, die dem sozialen Aufstiegsversprechen demokratischer Gesellschaften entgegenstehen.

Fazit: Freibeträge als Ausdruck politischer Kultur

Der internationale Vergleich zeigt, dass Erbschaftsteuer-Freibeträge weit mehr sind als rein steuertechnische Details. Sie spiegeln Grundüberzeugungen darüber wider, wie viel Vermögen privat vererbt werden darf, ohne einen Beitrag zum Gemeinwohl zu leisten. Während Länder wie Frankreich oder Belgien die Steuer als aktives Umverteilungsinstrument nutzen, verfolgen Staaten wie Deutschland oder die USA eher einen Schutzansatz gegenüber familiärer Vermögensweitergabe.

Es bleibt abzuwarten, ob in Zeiten wachsender Ungleichheit ein Umdenken einsetzt. Klar ist: Freibeträge definieren nicht nur den steuerlichen Spielraum – sie setzen auch ein gesellschaftliches Signal darüber, wie ernst es eine Gesellschaft mit sozialer Balance nimmt.

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