Eine Revolution vor der Tür? Fondsbranche nimmt den digitalen Wandel nicht ernst
Manche Branchen lehnen sich abwartend zurück, die digitale Transformation steht noch nicht ganz oben auf der Tagesordnung. Das enorme Potenzial ernsthaft zu durchdenken, hat jedoch nichts mit falschem Aktionismus zu tun.
Die Branchengrößen, beispielsweise DEKA, DWS oder Union Investment, haben naturgemäß deutlich weniger Handlungsdruck in Bezug auf die Digitalisierung, können sie sich doch auf funktionierende Vertriebskanäle ihrer Mutter-Banken verlassen. Anders stellt sich die Situation für kleinere und unabhängige Investmentgesellschaften dar, die sich mit Fintechs konfrontiert sehen. Diese automatisieren die Anlageberatung, sodass Algorithmen bereits die Recherche und Kaufempfehlung übernehmen. Die Zukunft liegt wohl in einer guten Mischung.
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Digitalisierung als Megatrend - entweder mit oder gegen den Strom
Zugegeben, die automatisierte Vermögensverwaltung steckt noch in den Kinderschuhen. Beispielsweise lässt sich die individuelle Bedarfsermittlung derzeit ebenso wenig auf hoher Qualität lösen wie die Einstufung in eine passende Risikostufe oder die Berücksichtigung persönlicher Präferenzen. Aber es wird über kurz oder lang Lösungen geben, so schnell wie sich die Technologien entwickeln. Für diesen innovativen Ansatz stehen die jungen Fintechs, also IT-Unternehmen, die sich auf Finanzdienstleistungen spezialisieren.
Auch wenn diese Unternehmen bislang nur einen Marktanteil von 100 Millionen Euro verzeichnen, sollten sich die Branchengrößen nicht allzu sicher wägen: Die Direktbanken und Direktversicherer wurden zunächst auch belächelt, heute erhalten sie Bestbewertungen für Beratungsqualität. Angesichts der Tatsache, dass Bankberater und Versicherungsvermittler immer wieder für Negativ-Schlagzeilen sorgen, sollte das zum Nachdenken anregen.
Google, Apple und Facebook - hier lauert die Online-Macht
Im Prinzip können die etablierten Fondsgesellschaften nur in Kooperation mit den Fintechs erfolgreich auf dieser Welle surfen, sollten sie den Bedarf rechtzeitig erkennen. Aus dieser Kombination ließe sich das optimale Ergebnis erzielen: ein moderner und vor allem für kleinere Kunden automatisierter sowie darüber hinaus den geltenden Richtlinien entsprechender Vertrieb regulierter Finanzprodukte. Profitieren könnten alle Beteiligten, auf diesem Wege ließen sich auch die schwarzen Schafe der Branche effektiv ausgrenzen.
Die Online-Riesen werden diesen lukrativen Markt nicht an sich vorbeigehen lassen."
Was ist die Alternative? Lehnen sich die Fondsgesellschaften weiter abwartend zurück, droht Wettbewerb aus einer ganz anderen Richtung: Die Online-Riesen werden diesen lukrativen Markt nicht an sich vorbeigehen lassen. Wenn sich Anlageentscheidungen ganz bequem per Smartphone & Co. austüfteln lassen, die Abwicklung ist ohnehin schon online möglich, dann verlieren die qualifizierten Berater ebenso an Renommee wie die Fondsgesellschaften.
Diese Entwicklung wird darüber hinaus den gesamten Finanzmarkt umfassen, sodass sich die Anwender in allen Finanzangelegenheiten an ihren Robo-Advisor wenden können. Sobald ein Fintech diese Lösung auf den Markt bringt, haben nicht nur Fondsgesellschaften, sondern auch Banken und Versicherungen das Nachsehen - und werden vielleicht den verpassten Chancen nachtrauern.