Finanzlexikon Inflation, Zinsen und Realrenditen
Im historischen Kontext.
Für Anleger zählt nicht nur, was sie nominal verdienen, sondern was am Ende real übrig bleibt. Inflation kann Renditen entwerten, Zinsen können Vermögen wachsen lassen – oder durch Niedrigzinsen zum Renditekiller werden. Der historische Rückblick auf Inflation, Zinsen und Realrenditen zeigt, wie stark die ökonomischen Rahmenbedingungen die Ergebnisse verschiedener Anlageformen beeinflussen.
Die Rolle der Inflation
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Inflation bedeutet Kaufkraftverlust.
Ein Euro, der heute etwas kauft, kann in zehn Jahren deutlich weniger wert sein.
Für Sparer ist dies die unsichtbare Steuer, die Guthaben auf Sparbüchern und Anleihen entwertet.
- In Deutschland betrug die durchschnittliche Inflationsrate zwischen 1970 und 1990 etwa 3–5 % pro Jahr. Wer damals nur Sparbuchzinsen von 4 % erhielt, hatte real kaum Zuwächse.
- Die 1970er-Jahre gelten als klassische Inflationsdekade: Ölkrisen, steigende Löhne und lockere Geldpolitik ließen die Teuerung in vielen Industrieländern zweistellig werden. Real verloren Anleiheinvestoren in diesen Jahren massiv an Vermögen.
- Nach 2000 sank die Inflation in Europa deutlich. Zwischen 2010 und 2020 lag sie in Deutschland im Schnitt nur bei 1,3 %. Doch paradoxerweise bedeutete das nicht automatisch mehr Rendite, weil zugleich die Zinsen auf Null fielen.
Zinsen im Zeitverlauf
Zinsen sind das Preisschild des Geldes. Sie bestimmen, wie attraktiv Anleihen sind und wie teuer Kredite.
- In den 1980er-Jahren lagen die Leitzinsen in den USA zeitweise bei über 15 %, in Deutschland bei über 9 %. Anleger in Staatsanleihen erzielten damit zweistellige Nominalrenditen.
- Nach der Finanzkrise 2008 sanken die Zinsen weltweit auf historische Tiefststände. In Deutschland erreichten zehnjährige Bundesanleihen 2019 sogar Negativrenditen von –0,7 % – ein beispielloses Ereignis.
- Die Zinswende kam 2022: Angesichts hoher Inflation hoben die Notenbanken die Leitzinsen kräftig an. In der Eurozone stieg der Einlagensatz von –0,5 % Anfang 2022 auf 4 % im Jahr 2023.
Realrenditen – die entscheidende Größe
Inflation und Zinsen sind die stillen Regisseure der Finanzmärkte. Sie entscheiden, ob Renditen real Vermögen schaffen oder vernichten. Der historische Rückblick zeigt, dass Anleger nur mit einer klaren Realrendite-Perspektive die richtigen Entscheidungen treffen. Langfristig gewinnen jene, die Vermögenswerte halten, die mit Inflation mitwachsen – allen voran Aktien. Wer dagegen nur auf scheinbar sichere Zinsen vertraut, läuft Gefahr, in der Realität zu verlieren."
Realrendite = Nominalrendite – Inflation. Sie zeigt, ob Anleger tatsächlich Kaufkraft hinzugewinnen.
- Langfristige Studien (UBS Global Investment Returns Yearbook 2024) zeigen: Aktien erzielten weltweit seit 1900 real im Schnitt 5,1 % pro Jahr. Anleihen kamen auf 1,8 % real. Geldmarktanlagen (kurzfristige sichere Zinsen) lieferten im Schnitt nur 0,4 % real.
- In Deutschland fiel die Realrendite von Anleihen in den 1970ern und erneut zwischen 2015 und 2021 negativ aus. Anleger verloren trotz „sicherer“ Zinsanlagen Jahr für Jahr Kaufkraft.
- Ein aktuelles Beispiel: 2023 lagen Bundesanleihen bei rund 2,0 % Umlaufrendite, die Inflation aber bei durchschnittlich 5,9 %. Ergebnis: Real ein Verlust von knapp –4 %. Erst 2024, als die Inflation auf etwa 2,3 % fiel, wurden Realrenditen leicht positiv.
Immobilien und Inflation
Immobilien gelten als natürlicher Inflationsschutz. Tatsächlich haben viele Studien gezeigt, dass Immobilienpreise über längere Zeiträume im Gleichschritt mit der Inflation steigen. Mieten sind häufig an Verbraucherpreise gekoppelt, sodass Vermieter Preissteigerungen weitergeben können.
Allerdings gilt das nicht in jeder Phase: 2023/2024 führte die Kombination aus hoher Inflation und gestiegenen Zinsen zu Preisrückgängen am deutschen Immobilienmarkt – ein Beleg, dass Inflationsschutz nicht automatisch funktioniert, wenn Finanzierungskosten explodieren.
Lehren für Anleger
Der Blick zurück macht klar:
- Nominalrenditen blenden. Wer nur auf Zinssätze oder Kursgewinne schaut, verkennt die Wirkung der Inflation.
- Aktien bieten den besten Schutz. Weil Unternehmen Preise erhöhen können, gleichen sie Inflation langfristig besser aus als Anleihen oder Sparguthaben.
- Anleihen verlieren in Inflationsphasen. Besonders langlaufende Papiere sind anfällig, wenn Zinsen steigen.
- Immobilien schützen häufig, aber nicht immer. Ihr Inflationsschutz hängt von Finanzierungskosten und Marktbedingungen ab.
Fazit
Inflation und Zinsen sind die stillen Regisseure der Finanzmärkte. Sie entscheiden, ob Renditen real Vermögen schaffen oder vernichten. Der historische Rückblick zeigt, dass Anleger nur mit einer klaren Realrendite-Perspektive die richtigen Entscheidungen treffen. Langfristig gewinnen jene, die Vermögenswerte halten, die mit Inflation mitwachsen – allen voran Aktien. Wer dagegen nur auf scheinbar sichere Zinsen vertraut, läuft Gefahr, in der Realität zu verlieren.
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