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Finanzlexikon Insolvenz in Eigenverantwortung

Die Insolvenz in Eigenverantwortung, auch als Eigenverwaltung bekannt, ist ein spezielles Verfahren im Insolvenzrecht.

Es bietet Unternehmen und Unternehmern die Möglichkeit, ihre finanziellen Probleme zu lösen, ohne dass ein externer Insolvenzverwalter die Kontrolle übernimmt. Stattdessen bleibt die Geschäftsführung oder der Schuldner selbst in der Verantwortung, das Unternehmen zu restrukturieren und Gläubiger zufrieden zu stellen. Dieses Verfahren kann eine Alternative zur klassischen Insolvenz darstellen und bietet Vor- und Nachteile.


Grundlagen der Insolvenz in Eigenverantwortung

Die Insolvenz in Eigenverantwortung ist im deutschen Insolvenzrecht durch die §§ 270 ff. der Insolvenzordnung (InsO) geregelt. Sie ist insbesondere für Unternehmen gedacht, die finanziell angeschlagen sind, aber über die Substanz und die Fähigkeit verfügen, sich selbst zu sanieren.

Wichtige Voraussetzungen:

  1. Antragstellung: Der Schuldner muss selbst einen Antrag auf Eigenverwaltung stellen.
  2. Sanierungskonzept: Es muss ein schlüssiges Konzept vorgelegt werden, das zeigt, wie das Unternehmen wieder zahlungsfähig wird.
  3. Keine offensichtliche Ungeeignetheit: Das Gericht darf keine Anzeichen dafür sehen, dass die Geschäftsführung für eine Eigenverwaltung ungeeignet ist.
  4. Zustimmung der Gläubiger: Die Gläubiger dürfen keinen überwiegenden Einwand gegen die Eigenverwaltung haben.

Ablauf der Eigenverwaltung

  1. Vorbereitung: Vor dem Insolvenzantrag wird meist mit Fachleuten wie Insolvenzberatern oder Rechtsanwälten ein Konzept zur Sanierung erarbeitet.
  2. Eröffnung des Verfahrens: Das Insolvenzgericht prüft, ob die Voraussetzungen für die Eigenverwaltung erfüllt sind. Es setzt einen Sachwalter ein, der die Tätigkeit der Geschäftsführung überwacht.
  3. Fortführung des Unternehmens: Anders als bei einer klassischen Insolvenz bleibt die Geschäftsführung des Unternehmens im Amt. Sie plant und leitet die Restrukturierung selbst.
  4. Sanierungsmaßnahmen: In der Eigenverwaltung kann das Unternehmen Verbindlichkeiten neu verhandeln, Kosten senken, unrentable Geschäftsbereiche abstoßen oder andere Maßnahmen zur Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit ergreifen.
  5. Insolvenzplan: Im Regelfall wird ein Insolvenzplan erstellt, der die geplanten Maßnahmen und die zukünftige finanzielle Struktur des Unternehmens beschreibt. Dieser Plan muss von den Gläubigern und dem Gericht genehmigt werden.
  6. Abschluss: Nach erfolgreicher Umsetzung des Insolvenzplans wird das Verfahren beendet. Das Unternehmen kann weitergeführt werden, oft mit einer sanierten und tragfähigen Struktur.

Vorteile der Insolvenz in Eigenverantwortung

  1. Erhalt der Kontrolle: Die Geschäftsführung bleibt im Amt und kann die Sanierung aktiv steuern.
  2. Flexibilität: Das Unternehmen hat größere Freiheiten bei der Umsetzung von Restrukturierungsmaßnahmen.
  3. Schnellere Verfahren: Eigenverwaltungen sind oft weniger bürokratisch und können schneller abgeschlossen werden als klassische Insolvenzverfahren.
  4. Image-Schaden minimieren: Eigenverwaltung signalisiert Geschäftspartnern und Kunden, dass das Unternehmen handlungsfähig ist und aktiv an einer Lösung arbeitet.
  5. Höhere Gläubigerzufriedenheit: Durch die aktive Einbindung der Gläubiger in den Sanierungsprozess können oft bessere Ergebnisse für alle Beteiligten erzielt werden.

Herausforderungen und Risiken

  1. Hohe Anforderungen an die Geschäftsführung: Die Eigenverwaltung erfordert von der Geschäftsführung umfangreiche Kenntnisse im Insolvenzrecht und ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein.
  2. Intensives Monitoring: Der eingesetzte Sachwalter überwacht die Aktivitäten der Geschäftsführung und kann bei Verstößen die Eigenverwaltung beenden.
  3. Gläubigerzustimmung: Gläubiger müssen den Maßnahmen zustimmen, was bei unterschiedlichen Interessen schwierig sein kann.
  4. Gefahr des Scheiterns: Wenn die Eigenverwaltung scheitert, droht die Abwicklung des Unternehmens durch ein klassisches Insolvenzverfahren.
  5. Öffentliche Wahrnehmung: Trotz aller Bemühungen kann die Insolvenz in Eigenverantwortung negative Auswirkungen auf das Image des Unternehmens haben.

Für wen eignet sich die Eigenverwaltung?

Mit der richtigen Strategie kann die Eigenverwaltung nicht nur das Überleben des Unternehmens sichern, sondern auch den Weg für zukünftiges Wachstum ebnen."

Die Insolvenz in Eigenverantwortung ist vor allem für Unternehmen geeignet, die:

  • noch funktionsfähige Geschäftsbereiche haben,
  • über ausreichend finanzielle Mittel verfügen, um den laufenden Betrieb während des Verfahrens aufrechtzuerhalten,
  • eine Sanierungschance haben, die durch ein gut durchdachtes Konzept realisiert werden kann.

Auch für Einzelunternehmer oder Freiberufler kann die Eigenverwaltung infrage kommen, wenn sie ihre Geschäfte fortführen und ihre wirtschaftliche Basis erhalten wollen.


Praxisbeispiel: Erfolg durch Eigenverwaltung

Ein mittelständisches Produktionsunternehmen gerät durch eine Kombination aus gestiegenen Rohstoffpreisen und sinkender Nachfrage in finanzielle Schwierigkeiten. Die Geschäftsführung stellt einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverantwortung, legt ein umfassendes Sanierungskonzept vor und erhält die Zustimmung des Gerichts sowie der Gläubiger.

Während des Verfahrens verhandelt die Geschäftsführung mit den Gläubigern über eine Reduzierung der Verbindlichkeiten, strukturiert interne Prozesse neu und schließt unrentable Produktionslinien. Nach Abschluss des Verfahrens kann das Unternehmen wieder profitabel arbeiten und behält seine Marktposition.


Fazit

Die Insolvenz in Eigenverantwortung ist ein wertvolles Instrument für Unternehmen in der Krise. Sie ermöglicht es, finanzielle Probleme aktiv zu lösen, ohne die Kontrolle an einen Insolvenzverwalter abzugeben. Allerdings erfordert sie eine sorgfältige Vorbereitung, ein starkes Sanierungskonzept und eine hohe Disziplin der Geschäftsführung.

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