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Finanzlexikon Kapitalerhöhung

Warum Unternehmen neues Eigenkapital aufnehmen.

Eine Kapitalerhöhung heißt: Ein Unternehmen gibt neue Aktien aus, um frisches Geld einzusammeln. Das Kapital fließt in die Kasse der Firma – nicht an Altaktionäre. Mit dem Geld sollen Schulden sinken, Investitionen steigen oder Übernahmen bezahlt werden. Wichtig: Mehr Aktien teilen den „Kuchen“ neu auf. Wer nicht mitzieht, besitzt prozentual weniger – das nennt man Verwässerung.


Die wichtigsten Formen – ohne Fachchinesisch

Mit Bezugsrecht (klassisch):
Altaktionäre erhalten ein Bezugsrecht. Damit dürfen sie neue Aktien bevorzugt kaufen, meist zu einem Rabatt auf den Börsenkurs. So können sie ihren Anteil erhalten. Beispiel: Für 10 alte Aktien dürfen Sie 1 neue kaufen (Bezugsverhältnis 10:1). Das Bezugsrecht ist handelbar – wer nicht mitmachen will, kann es verkaufen und so den Verwässerungseffekt mildern.

Ohne Bezugsrecht (Schnellplatzierung):
Neue Aktien werden direkt an Investoren verkauft. Das geht schneller, ist aber für Altaktionäre härter, weil sie nicht mitziehen können; ihr Anteil sinkt.

Aus Gesellschaftsmitteln (Gratisaktien):
Es fließt kein neues Geld. Rücklagen werden in Grundkapital umgebucht, Altaktionäre bekommen zusätzliche Aktien. Der „Kuchen“ wird nur anders geschnitten – wirtschaftlich ändert sich wenig.

Bedingte Erhöhung (Wandelanleihen, Optionen):
Neue Aktien entstehen später, wenn z. B. eine Wandelanleihe in Aktien getauscht wird. Effekt: mögliche Verwässerung in der Zukunft.


Warum Unternehmen Kapital erhöhen – die üblichen Gründe

  • Wachstum finanzieren: Fabrik, Software, neue Märkte – bessere Bilanz, mehr Spielraum.
  • Schulden senken: Zinslast runter, Kreditrating rauf – besonders in Phasen höherer Zinsen sinnvoll.
  • Sicherheit schaffen: Puffer für schwächere Jahre oder unsichere Märkte.

Ein klarer Verwendungszweck ist positiv: „Wir investieren in Projekt X mit Rendite Y.“ Vage Aussagen („allgemeine Unternehmenszwecke“) sollte man genauer prüfen.


Was bedeutet das konkret für Sie?

Kapitalerhöhungen sind ein normales Werkzeug der Unternehmensfinanzierung. Für Anleger zählt, die Mechanik zu verstehen: Verwässerung, Bezugsrechte und der Einsatz des Geldes."

1) Verwässerung verstehen:
Angenommen, ein Unternehmen hat 100 Mio. Aktien zu 10 € (Börsenwert 1 Mrd. €). Es sammelt 100 Mio. € ein und gibt zu 8 € 12,5 Mio. neue Aktien aus. Danach gibt es 112,5 Mio. Aktien. Der rechnerische Mischkurs (TERP) liegt etwas unter 10 €, weil die neuen Aktien günstiger sind – die Firma ist durch das frische Geld aber mehr wert (jetzt 1,1 Mrd. € vor Marktreaktion).

2) Bezugsrecht nutzen, verkaufen – oder ignorieren:

  • Nutzen: Sie kaufen neue Aktien im Verhältnis und halten Ihren Anteil.
  • Verkaufen: Sie machen Geld aus dem Bezugsrecht und dämpfen die Verwässerung.
  • Ignorieren: Ihr Anteil schrumpft – manchmal ok, wenn Sie bewusst nicht nachlegen möchten.
  • Wichtig: Fristen beachten. Bezugsrechte verfallen, wenn man nichts tut.

3) Signal lesen:
Ein moderater Rabatt mit klarem Investitionsplan wirkt solide. Sehr hohe Rabatte oder eilige Platzierungen können auf Druck hindeuten – dann genau in Unterlagen und Bilanz schauen.


Gebühren, Steuern, Praxis

Beim Bezug fallen meist normale Ordergebühren an. Der Rabatt ist kein „Geschenk“, sondern Teil der neuen Gesamtbewertung. Bezugsrechte sind oft steuerfrei veräußerbar (Details je nach Land/Depotbank), Gewinne aus späterem Aktienverkauf unterliegen der üblichen Kapitalertragsteuer. Praktisch: Prüfen Sie rechtzeitig E-Mails/Benachrichtigungen der Bank – dort stehen Fristen und die Schritte für eine einfache Ausübung.


Kurzer Fahrplan für Anleger

  • Zweck prüfen: Wozu genau das Geld? Gibt es Zahlen zur erwarteten Rendite des Projekts oder zur Schuldenquote nach der Maßnahme?
  • Teilnahme entscheiden: Passt ein Nachkauf zu Ihrer Depotgröße und Branche? Wenn nein, Bezugsrechte verkaufen statt verfallen lassen.
  • Risikomix im Blick: Kapitalerhöhungen häufen sich oft in schwierigen Phasen. Streuen Sie über Branchen und Regionen – kein Depot nur aus „Sanierungsfällen“.

Häufige Missverständnisse

„Mehr Aktien = automatisch schlecht.“ Nicht zwingend. Wenn das Geld rentabel arbeitet (höhere Gewinne, niedrigere Zinsen), kann der Wert je Aktie mittelfristig steigen.
„Gratisaktien machen reicher.“ Der Kuchen bleibt gleich groß; er wird nur feiner geschnitten. Der Kurs passt sich nach unten an, die Stückzahl nach oben – der Depotwert ändert sich dadurch nicht.


Fazit

Kapitalerhöhungen sind ein normales Werkzeug der Unternehmensfinanzierung. Für Anleger zählt, die Mechanik zu verstehen: Verwässerung, Bezugsrechte und der Einsatz des Geldes. Mit einem klaren Blick auf Zweck, Rabatt, Fristen und Ihre eigene Depotstrategie entscheiden Sie ohne Hektik: mitziehen, Rechte verkaufen oder bewusst verwässern lassen. So wird aus einer Kapitalmaßnahme kein Stressfaktor, sondern eine informierte Entscheidung.

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