Im März hat die Inflationsrate im Euro-Raum mit 7,5 Prozent einen neuen Rekord erreicht

Flossbach Liegt die EZB falsch?

Im März hat die Inflationsrate im Euro-Raum mit 7,5 Prozent einen neuen Rekord erreicht. Doch um eine straffere Geldpolitik wird nach wie vor gerungen. Die Zinswende lässt auf sich warten.

Bei der Vermögensverwaltung Flossbach von Storch meint man, für die Zurückhaltung der Euro-Notenbank gebe es zwar bislang noch nachvollziehbare Gründe. Doch je länger die Währungshüter einfach abwarteten, umso größer sei die Gefahr, dass die Inflation sich verstetige und eine Eigendynamik entwickle.

Kerninflation im geldpolitischen Fokus

Begründet wird das wie folgt: im Vergleich zu anderen Währungsräumen sei die Kerninflation im Euro-Raum bisher weniger stark ausgeprägt gewesen. Der Inflationsrekord im März sei zu einem erheblichen Teil dem drastischen Energiepreis-Schock nach Ausbruch des Ukraine-Krieges geschuldet gewesen. Bei der Betrachtung der Geldentwertung werden für geldpolitische Überlegungen die Energiepreise oft ausgeklammert, weil diese starke Schwankungen zeigen und insofern die "wahre" Inflation "verzerren". Man orientiere sich vielmehr an der sogenannten Kerninflation, die als besserer Indikator angesehen wird.

Vor diesem Hintergrund lässt sich die bisher abwartende Haltung der EZB nachvollziehen, auch wenn andere Notenbanken wie die Bank of England oder die Fed bereits die geldpolitischen Zügel angezogen haben. Denn: sowohl in den USA als auch in Großbritannien ist die Kerninflation höher als im Euro-Raum. Da spielt es geldpolitisch eine untergeordnete Rolle, dass die Inflation im Vereinigten Königreich (inkl. Energiepreise) schon im Februar niedriger war als im Euro-Raum. Ein weiteres Argument der Vermögensverwalter: in den USA und in Großbritannien ist der Arbeitsmarkt bereits jetzt eng, das Risiko einer Lohn-Preis-Spirale entsprechend größer.

Sowohl in den USA als auch in Großbritannien ist die Kerninflation höher als im Euro-Raum."

EZB in einer schwierigen Entscheidungssituation

Die Experten sehen die EZB in einer schwierigen Entscheidungssituation. Zinserhöhungen könnten die ohnehin fragile wirtschaftliche Entwicklung belasten. Steigende Zinsen wären außerdem eine schlechte Nachricht für Schuldner - u.a. für stark verschuldete Länder im Euro-Raum. Auf der anderen Seite sei Stillhalten auf Dauer keine Option für die Euro-Währungshüter. Deren Erwartung, dass die Inflation nur vorübergehend sei, habe sich als Illusion erwiesen.

Diese Woche tagt der EZB-Rat. Die Vertreter einer strafferen Geldpolitik im EZB-Rat wollen ein Ende der Netto-Anleihekäufe im Sommer und Zinserhöhungen im September. Befürworter einer lockeren Geldpolitik sind dagegen weiterhin zögerlich. Ob und wie der EZB-Rat entscheidet - man darf gespannt sein.

 

 

Autor: Reiner Braun, Braun Finanzberatung GmbH & Co. KG Bamberg, www.braun-finanzberatung.de

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