Privaten Altersvorsorge LV: Steigende Überschüsse
Lebensversicherungen haben in Deutschland eine lange Tradition und sind für viele Menschen ein wichtiger Bestandteil der privaten Altersvorsorge. Doch in den vergangenen Jahren stand die Branche unter starkem Druck. Sinkende Zinsen, verschärfte regulatorische Anforderungen und steigende Kosten hatten dazu geführt, dass die Überschussbeteiligungen der Kunden kontinuierlich gesunken waren.
Trotz der jüngsten Leitzinssenkung durch die Europäische Zentralbank (EZB) steigen die Überschüsse in vielen Bereichen der Lebensversicherung wieder moderat an. Dies betrifft sowohl klassische Policen als auch moderne Varianten wie Indexpolicen und fondsgebundene Lebensversicherungen mit Garantien.
Was sind Überschüsse in der Lebensversicherung?
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Lebensversicherungen arbeiten mit dem Prinzip der Überschussbeteiligung. Die Versicherer kalkulieren ihre Policen mit einer garantierten Verzinsung, die dem Kunden eine Mindestleistung sichert. Zusätzlich entstehen in der Kapitalanlage und durch Risikogewinne Überschüsse, die an die Versicherten weitergegeben werden.
Die Überschüsse setzen sich im Wesentlichen aus drei Komponenten zusammen:
- Zinserträge: Die Erträge aus den Kapitalanlagen der Versicherer, beispielsweise aus Anleihen, Immobilien oder Aktien.
- Risikoüberschüsse: Wenn weniger Versicherungsfälle eintreten als ursprünglich kalkuliert, entstehen zusätzliche Gewinne.
- Kostenüberschüsse: Falls die Verwaltungskosten niedriger ausfallen als erwartet, profitieren Versicherungsnehmer ebenfalls.
Die Höhe der Überschüsse wird jährlich neu festgelegt und hängt stark von den Kapitalmarktzinsen und den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab.
Warum steigen die Überschussbeteiligungen wieder?
In den vergangenen Jahren hatten Lebensversicherungen stark unter der anhaltenden Niedrigzinsphase gelitten. Die EZB hielt den Leitzins lange auf einem historisch niedrigen Niveau, wodurch die Versicherer Schwierigkeiten hatten, ausreichende Erträge mit sicheren Kapitalanlagen zu erwirtschaften.
Nun zeigen aktuelle Studien, dass die Überschüsse wieder leicht anziehen – trotz der jüngsten Leitzinssenkung. Doch wie lässt sich dieser Trend erklären?
Höhere Renditen am Kapitalmarkt
Ein wesentlicher Grund für die steigenden Überschüsse sind die besseren Renditen am Kapitalmarkt. In den vergangenen Jahren haben viele Versicherer ihre Kapitalanlagestrategie angepasst und investieren nicht mehr ausschließlich in niedrig verzinste Staatsanleihen, sondern vermehrt in Unternehmensanleihen, Immobilien und Infrastrukturprojekte. Diese Anlagen bieten oft höhere Renditen, was sich positiv auf die Überschussbeteiligung auswirkt.
Verzögerungseffekt bei Zinserhöhungen
Auch wenn die EZB zuletzt wieder eine Zinssenkung vorgenommen hat, profitieren viele Lebensversicherer noch von den vorherigen Zinserhöhungen. Da Kapitalanlagen der Versicherer oft langfristig gebunden sind, dauert es einige Jahre, bis Zinsänderungen vollständig auf die Überschüsse durchschlagen.
In den Jahren 2022 und 2023 hatten die Zentralbanken weltweit die Zinsen angehoben, um die Inflation zu bekämpfen. Diese höheren Zinssätze ermöglichen es den Versicherern nun, bestehende Anleihen mit niedrigeren Zinsen allmählich durch neue Anleihen mit besseren Renditen zu ersetzen.
Stabilisierung der Versicherungsbranche
Die Lebensversicherer haben sich in den letzten Jahren zunehmend auf stabilere Geschäftsmodelle umgestellt. Klassische Policen mit hohen Garantien werden weniger häufig angeboten, stattdessen setzen viele Anbieter auf flexiblere Modelle wie Indexpolicen oder fondsgebundene Lebensversicherungen mit Garantien.
Diese neuen Produkte reduzieren das Risiko für die Versicherer und ermöglichen eine attraktivere Überschussbeteiligung, da sie stärker von der Entwicklung der Kapitalmärkte profitieren.
Welche Versicherungsprodukte profitieren?
Für bestehende Versicherungsnehmer bedeuten die steigenden Überschüsse zumindest eine gewisse Entlastung. Doch für Anleger, die neu in die Lebensversicherung einsteigen wollen, stellt sich weiterhin die Frage, ob diese Form der Altersvorsorge langfristig die beste Wahl ist. Die Zukunft wird zeigen, ob die aktuellen Verbesserungen nachhaltig sind oder nur eine kurzfristige Erholung darstellen."
Die aktuelle Studie zeigt, dass sich die Entwicklung der Überschüsse nicht bei allen Produkten gleichermaßen bemerkbar macht. Einige Policen profitieren stärker von den steigenden Überschussbeteiligungen als andere.
Klassische Lebensversicherungen
Die klassische Lebensversicherung mit festgelegtem Garantiezins war lange Zeit ein beliebtes Modell, ist jedoch aufgrund der niedrigen Zinsen in den letzten Jahren aus dem Neugeschäft weitgehend verschwunden. Bestehende Verträge profitieren jedoch von der leicht verbesserten Überschussbeteiligung, da die Versicherer wieder höhere Erträge aus ihren Kapitalanlagen erzielen können.
Neue Klassik
Viele Versicherer bieten mittlerweile sogenannte „Neue Klassik“-Produkte an. Diese haben niedrigere Garantien als klassische Policen, dafür aber höhere Renditechancen. Die aktuelle Entwicklung wirkt sich hier besonders positiv aus, da diese Produkte flexibler auf steigende Kapitalmarktzinsen reagieren können.
Indexpolicen
Indexgebundene Lebensversicherungen (Indexpolicen) verbinden eine gewisse Garantie mit der Möglichkeit, an der Entwicklung von Aktienindizes teilzuhaben. Da sich die Kapitalmärkte zuletzt stabilisiert haben, profitieren diese Policen stärker von den gestiegenen Renditen.
Fondspolicen mit Garantie
Fondsgebundene Lebensversicherungen mit Garantien bieten eine Mischung aus sicherheitsorientierten und renditeorientierten Anlagen. Je nach Vertragsmodell profitieren diese Policen von den höheren Überschüssen, insbesondere wenn der Garantieteil durch höhere Anleiherenditen stabilisiert wird.
Auswirkungen auf Versicherungsnehmer
Die leicht steigenden Überschüsse sind eine positive Nachricht für Versicherungsnehmer, doch die tatsächlichen Auswirkungen variieren je nach Vertragsmodell und Versicherer.
Bestehende Verträge profitieren moderat
Für Kunden mit bestehenden Verträgen bedeutet die Erhöhung der Überschussbeteiligung, dass sie möglicherweise höhere Auszahlungen bei Ablauf ihrer Police erhalten. Dies gilt insbesondere für klassische Lebensversicherungen, die in den vergangenen Jahren stark unter den niedrigen Überschüssen gelitten haben.
Neuabschlüsse bleiben herausfordernd
Trotz der leicht verbesserten Lage bleibt der Abschluss einer klassischen Lebensversicherung für viele Verbraucher unattraktiv. Moderne Alternativen wie Indexpolicen oder Fondspolicen bieten oft bessere Renditechancen, sind jedoch auch mit gewissen Risiken verbunden.
Bedeutung für die Altersvorsorge
Die steigenden Überschüsse zeigen, dass die Lebensversicherer langsam aus der Niedrigzinsfalle herauskommen. Dennoch bleibt die Frage, ob diese Entwicklung nachhaltig ist. Wer eine langfristige Altersvorsorge plant, sollte neben klassischen Versicherungsprodukten auch alternative Anlagestrategien in Betracht ziehen, um eine möglichst hohe Rendite zu erzielen.
Fazit
Die jüngste Studie zur Lebensversicherung zeigt eine leichte Erholung der Überschussbeteiligungen – eine positive Nachricht für Versicherungsnehmer, die über Jahre hinweg sinkende Auszahlungen hinnehmen mussten. Die steigenden Renditen an den Kapitalmärkten und die strategische Neuausrichtung vieler Versicherer tragen dazu bei, dass die Überschussbeteiligungen trotz der aktuellen Leitzinssenkung moderat steigen.
Allerdings bleibt die Lebensversicherung als Anlageform weiterhin mit Herausforderungen konfrontiert. Besonders klassische Policen stehen im Wettbewerb mit flexibleren Alternativen wie Indexpolicen oder fondsgebundenen Versicherungen.
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