Finanzlexikon Mezzanine-Finanzierungen
In der Unternehmensfinanzierung gibt es längst nicht mehr nur die klassische Trennung zwischen Eigenkapital und Fremdkapital. Eine besonders flexible und in der Praxis weit verbreitete Form der Kapitalaufnahme ist die sogenannte Mezzanine-Finanzierung. Sie spielt vor allem in der Finanzierung von mittelständischen Unternehmen, bei Start-ups, im Immobiliensektor sowie im Bereich von Private-Equity-Transaktionen eine zentrale Rolle.
Der Begriff „Mezzanine“ (italienisch für „Zwischengeschoss“) ist dabei sinnbildlich zu verstehen: Es handelt sich um eine Mischform – rechtlich und wirtschaftlich liegt sie zwischen Eigen- und Fremdkapital. Dadurch bietet sie dem Kapitalnehmer zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten, ohne das Stimmrecht der Gesellschafter zu verwässern, und dem Kapitalgeber attraktive Renditechancen – allerdings bei höherem Risiko.
Grundstruktur: Was ist Mezzanine-Kapital?
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Mezzanine-Kapital umfasst eine Reihe von Finanzierungsinstrumenten, die zwar wie Fremdkapital verzinst werden, aber bei Insolvenz nachrangig behandelt werden – also erst nach vorrangigen Gläubigern bedient werden.
Gleichzeitig besitzen Mezzanine-Investoren keine klassischen Mitspracherechte, wie sie Eigenkapitalgeber haben.
Typische Merkmale einer Mezzanine-Finanzierung:
- Nachrangigkeit im Insolvenzfall.
- Verzicht auf Sicherheiten.
- Lange Laufzeiten (oft 5–10 Jahre).
- Feste Verzinsung, oft kombiniert mit gewinnabhängigen Komponenten.
- Keine direkte Beteiligung am Unternehmen (aber häufig mit Wandlungs- oder Beteiligungsoptionen verknüpft).
Instrumente der Mezzanine-Finanzierung
Mezzanine-Kapital ist kein einzelnes Produkt, sondern eine Palette von Finanzierungsbausteinen, die individuell gestaltet und kombiniert werden können. Die wichtigsten Formen sind:
- Nachrangdarlehen: Klassisches Darlehen, bei dem der Gläubiger im Insolvenzfall nachrangig bedient wird.
- Stille Beteiligung: Der Kapitalgeber tritt als stiller Gesellschafter auf, erhält aber keine Stimmrechte.
- Genussscheine: Eine Art hybridem Wertpapier mit festen und/oder gewinnabhängigen Erträgen.
- Wandel- oder Optionsanleihen: Fremdkapitalinstrumente, die zu einem späteren Zeitpunkt in Eigenkapital gewandelt werden können.
- Preferred Equity (vorrangiges Eigenkapital): Kommt insbesondere in der Start-up- oder Venture-Capital-Finanzierung zum Einsatz.
Die genaue Ausgestaltung hängt vom Unternehmen, der Kapitalstruktur und den Zielsetzungen der Finanzierung ab – etwa ob sie für Wachstum, Restrukturierung oder Unternehmenskäufe eingesetzt wird.
Vorteile von Mezzanine-Kapital für Unternehmen
Mezzanine-Finanzierungen bieten Kapitalnehmern zahlreiche strategische Vorteile:
- Erweiterung des Finanzierungsspielraums ohne die Bankkreditlinie zu belasten.
- Stärkung der Eigenkapitalquote in der Bilanz, da Mezzanine-Kapital bilanziell häufig wie Eigenkapital behandelt wird.
- Vermeidung von Stimmrechtsverwässerung, da keine Gesellschafterrechte abgegeben werden müssen.
- Flexible Rückzahlungsmodalitäten und individuell verhandelbare Konditionen.
- Signalwirkung gegenüber anderen Kapitalgebern, da Mezzanine-Kapital als Ausdruck von Vertrauen gilt.
Gerade wachstumsorientierte Unternehmen oder solche mit hohem Finanzierungsbedarf profitieren von dieser flexiblen Kapitalform, insbesondere wenn sie für klassische Bankkredite nicht ausreichend besichert sind.
Risiken und Herausforderungen – auch für Investoren
In einer Welt, in der Standardlösungen zunehmend an ihre Grenzen stoßen, gewinnt Mezzanine-Kapital als flexible, partnerschaftliche und innovationsfreundliche Finanzierungsform weiter an Bedeutung. Sowohl für Unternehmen als auch für Investoren ist sie daher ein Instrument mit strategischem Potenzial – und wachsender Relevanz."
Die Attraktivität von Mezzanine-Kapital aus Investorensicht liegt vor allem in den überdurchschnittlichen Renditechancen, die zwischen jenen von Anleihen und Aktien liegen. Gleichzeitig ist das Risiko deutlich höher als bei gesicherten Darlehen.
Risiken und Herausforderungen:
- Hohes Ausfallrisiko bei Unternehmensinsolvenz, da Mezzanine-Investoren nachrangig bedient werden.
- Fehlende Sicherheiten und Einflussmöglichkeiten.
- Komplexität der Vertragsgestaltung: Mezzanine-Finanzierungen sind meist individuell strukturiert und erfordern juristische und finanzielle Expertise.
- Illiquidität: Die Papiere sind häufig nicht börsennotiert und damit schwer handelbar.
Investoren – etwa Family Offices, Fonds oder spezialisierte Kreditgeber – wählen Mezzanine-Instrumente häufig dann, wenn sie langfristig orientiert und risikobereit sind, aber keine operative Beteiligung anstreben.
Anwendungsbereiche und Praxisbeispiele
Mezzanine-Finanzierungen kommen in vielen Bereichen zur Anwendung – häufig als Ergänzung zu klassischem Fremdkapital oder zur Überbrückung von Finanzierungsengpässen. Typische Anwendungsfelder:
- Immobilienprojekte: Zur Finanzierung der Lücke zwischen Bankkredit und Eigenkapitalanteil.
- Private-Equity-Transaktionen (LBOs): Zur Hebelung von Unternehmenskäufen.
- Mittelstandsfinanzierungen: Wachstums- und Expansionsfinanzierung ohne Kontrollverlust.
- Restrukturierungen: In kritischen Phasen, in denen klassische Kreditlinien nicht erweitert werden.
Auch der Staat oder Förderbanken nutzen Mezzanine-Strukturen, etwa im Rahmen von Mittelstandsprogrammen, um Investitionen in Innovation, Digitalisierung oder Energieeffizienz zu fördern.
Fazit: Mezzanine-Kapital als strategisches Bindeglied der Finanzierung
Mezzanine-Finanzierungen sind keine Massenprodukte, sondern maßgeschneiderte Lösungen für besondere Finanzierungsbedarfe. Sie schließen die Lücke zwischen Eigenkapital und Fremdkapital – sowohl bilanziell als auch funktional.
Für Unternehmen bedeutet Mezzanine-Kapital mehr finanzielle Freiheit, aber auch langfristige Verpflichtungen. Für Investoren ist es eine Möglichkeit, attraktive Renditen mit unternehmerischem Exposure zu kombinieren – allerdings mit erhöhtem Risiko und geringer Liquidität.
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