Neue EZB-Präsidentin Christine Lagarde Mit ultralockerer Geldpolitik gegen den Klimawandel
Große Überraschungen waren von Christine Lagarde nicht erwartet worden. Das scheint sich zu bestätigen. Der erste Zinsentscheid des EZB-Rats unter neuer Präsidentschaft setzt ganz auf Kontinuität. Die Leitzinsen bleiben unverändert niedrig und ein geldpolitischer Kurswechsel ist nicht in Sicht.
Eine schlechte Nachricht für Sparer, die weiterhin mit Minimalrenditen bei Anlagen rechnen müssen und dankbar sein dürfen, wenn die Verzinsung nicht ins Minus rutscht. Auch die umstrittenen EZB-Anleihekäufe gehen erst einmal unvermindert weiter. Seit November wirft die EZB auf diesem Weg jeden Monat zusätzlich 20 Mrd. Euro auf den Markt.
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Nichts ändern, aber besser erklären
Schon direkt bei Amtsbeginn am 1. November hatte Lagarde deutlich gemacht, dass sie an der ultralockeren Geldpolitik festhalten will und damit Mario Draghis Kurs fortsetzt. Es gibt allenfalls kosmetische Korrekturen. So will die EZB-Präsidentin mögliche negative Folgen und unerwünschte Nebenwirkungen der Geldschwemme stärker in Überlegungen einbeziehen als dies Draghi tat. Das mittelfristige Inflationsziel der EZB von zwei Prozent wird einer Überprüfung unterzogen, ob es noch zeitgemäß ist. Außerdem soll eine offenere Kommunikation erfolgen. Man könnte es auch so zusammenfassen: Der Kurs bleibt der gleiche, aber es soll besser erklärt werden, warum sich nichts ändert.
Fragwürdig - Klimaziele in der EZB-Geldpolitik?
Doch etwas ist neu. Lagarde äußerte sich auch zum Klimaschutz und sieht die EZB mit in der Pflicht. Jedenfalls möchte sie prüfen lassen, inwieweit die Euro-Notenbank den "Green Deal" der neuen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen unterstützen kann. Was das konkret bedeutet, bleibt allerdings zunächst unklar. Am Ende würde die EZB vielleicht bevorzugt Staatsanleihen für Klimaschutz-Investitionen kaufen oder Anleihen von klimafreundlichen Unternehmen erwerben.
Die Geldpolitik könnte Gefahr laufen, sich an ihren diversen, keineswegs gleichläufigen Zielsetzungen zu überheben."
Hier fangen allerdings auch die Probleme an. Denn vorrangige Aufgabe der EZB ist die Stabilität des Geldes, in zweiter Linie die Förderung von Wirtschaftswachstum über die Geldpolitik.
Die Anleihekäufe werden vielfach bereits als eine verdeckte Staatsfinanzierung gesehen, für die die EZB kein Mandat hat. Sie bewegen sich rechtlich in einer Grauzone. Das würde auch für den Klimaschutz gelten. Der ist bis dato eindeutig kein Notenbank-Auftrag.
Sollten die Klima-Pläne von Lagarde mehr Gestalt annehmen, ist mit kontroversen Diskussionen zu rechnen. Die Geldpolitik könnte auch Gefahr laufen, sich an ihren diversen, keineswegs gleichläufigen Zielsetzungen zu überheben.
Autor: Jürgen E. Nentwig, juergen.nentwig@gfmsnentwig.de