Schlechte Nachrichten für Versicherer? Naturkatastrophen verursachen weniger Schaden
Naturkatastrophen verursachen meist hohe Schäden. Das Risiko wird von Erstversicherern über Rückversicherungen begrenzt. In schadenarmen Jahren sinkt der von den Versicherungen zu leistende Schadensersatz. Wer meint, dies sei positiv zu bewerten, irrt - zumindest was die Rückversicherungsbranche betrifft.
Das Jahr 2015 war in diesem Sinn kein gutes Jahr für Rückversicherer. Die finanziellen Schäden durch Naturkatastrophen waren so gering wie seit Jahren nicht. Allerdings erreichten sie nichtsdestotrotz ein beträchtliches Ausmaß. Immerhin kamen weltweit rund 23.000 Menschen bei Überschwemmungen, Erdbeben und Wirbelstürmen ums Leben - rund dreimal so viel wie 2014. Im langjährigen Vergleich war das aber wenig. Der Schnitt liegt über drei Dekaden betrachtet bei 54.000 Opfern pro Jahr.
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El Nino - weniger Schäden durch Naturkatastrophen
Auch finanziell hielten sich die Schäden in Grenzen. Sie gingen von 110 Milliarden US-Dollar in 2014 auf 90 Milliarden US-Dollar zurück. Rund ein Drittel davon wurde über Versicherer beziehungsweise Rückversicherer abgedeckt.
Die vergleichsweise positive Bilanz ist vor allem dem zyklisch auftretenden Klimaphänomen "El Nino" zu verdanken. Dadurch kam es 2014 zu deutlich weniger Hurrikanen im Nordatlantik-Bereich. Dafür entstanden mehr Wirbelstürme im kaum besiedelten Nordostpazifik. Es handelt sich allerdings nur um eine vorübergehende Erscheinung. Schon dieses Jahr könnten sich die Verhältnisse wieder umkehren.
Der Schadensersatz fiel aber auch geringer aus, weil sich viele Naturkatastrophen in armen Weltgegenden ereigneten. Ein Beispiel dafür ist das verheerende Erdbeben in Nepal. Hier müssen die Versicherer nicht so viel leisten, weil geringeres Vermögen vorhanden ist und die Menschen gegen Elementarschäden oft nicht versichert sind.
Die Kalkulation der Rückversicherer
Doch warum sind seltenere Naturkatastrophen für Rückversicherer schlecht? Das Problem liegt in den Risikoprämien. Die fallen bei Rückversicherungen recht üppig aus und bilden die Hauptertragsquelle der Unternehmen. Wenn das Schadensrisiko sinkt, geraten die Prämien unter Druck. Das ist aktuell genau der Fall. Viele Erstversicherer sind durch die geringeren Schäden weniger auf die Rückversicherer angewiesen.
Wenn das Schadensrisiko sinkt, geraten die Prämien unter Druck."
Außerdem gibt es inzwischen eine Alternative: Katastrophenanleihen. Bei diesen von Hedgefonds und Pensionskassen gerne gekauften Papieren übernehmen die Anleiheinhaber einen Teil des Schadensrisikos. Da dank der expansiven Geldpolitik der Zentralbanken viel Kapital vorhanden ist, das nach rentierlichen Anlagen sucht, ist es derzeit kein Problem, solche Katastrophenanleihen zu vorteilhaften Konditionen unterzubringen.
So makaber und zynisch es klingen mag: Für die Rückversicherer wäre es nicht ungünstig, wenn die Naturkatastrophen dieses Jahr wieder zunähmen. Die Prämien könnten dann erneut steigen und Ausfälle bei den Katastrophenanleihen würden deren Erwerb unattraktiver machen. Insgesamt dürfte aber den Rückversicherern das Geschäft nicht ausgehen. Dafür sorgt schon der Klimawandel.