Platin und Palladium stehen an der Schnittstelle von heutiger Industrie und neuer Energie

Platingruppe Platin & Palladium im Schatten

Wie Autoindustrie und Wasserstoff die „weißen Metalle“ treiben.

Platin und Palladium werden oft als „weiße Metalle“ in einen Topf geworfen. Tatsächlich haben sie vieles gemeinsam: Beide gehören zur Platingruppe, beide sind selten, beide werden in winzigen Mengen eingesetzt – mit großer Wirkung. Und beide hängen stark an industrieller Nachfrage. Wer verstehen will, warum die Preise springen, muss zwei Motoren im Blick behalten: Abgasreinigung in Autos und Wasserstoff-Technologien. Daraus ergeben sich Chancen, aber auch typische Risiken, die Anleger kennen sollten.


Wofür die Metalle gebraucht werden

Autoindustrie: Der größte Abnehmer ist die Abgasnachbehandlung. In Katalysatoren zerlegen Platin und Palladium Schadstoffe in harmlosere Bestandteile. Die Faustregel: Diesel setzt traditionell stärker auf Platin, Benziner auf Palladium. Strengere Normen (Euro-Standards, China-Normen, US-Regeln) führen dazu, dass Katalysatoren höher „beladen“ werden – pro Auto sind dann mehr Gramm Edelmetall nötig. 

Wasserstoff: Platin ist Katalysator in Brennstoffzellen (Strom aus Wasserstoff) und Teil mancher Elektrolyseure, die Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff spalten. Je mehr Wasserstoff in Industrie, Schwerverkehr und Stromsysteme wandert, desto größer wird der potenzielle Bedarf. Palladium spielt hier eine Nebenrolle (z. B. in Speziallegierungen), steht aber klar hinter Platin.


Der Wandel im Antrieb – Segen und Unsicherheit

Elektroautos ohne Abgasstrang brauchen keinen Katalysator.

Das klingt nach Gegenwind.

Aber die Umstellung des Bestands dauert lange, und weltweite Neuwagenverkäufe bestehen noch auf Jahre zu einem großen Teil aus Verbrennern und Hybriden.

Daraus resultieren zwei Effekte:

  1. Normen ziehen an: Strengere Abgasgrenzen stützen die Nachfrage nach Katalysatormaterial – selbst wenn der Fahrzeugabsatz nicht boomt.
  2. Substitution: Hersteller können in Benzinern Palladium durch Platin teilweise ersetzen, wenn Palladium zu teuer ist. Das verschiebt Nachfrage zwischen den Metallen und dämpft Preisspitzen

Angebot: Hochkonzentriert und störungsanfällig

Die Förderung ist geografisch gebündelt. Südafrika liefert einen großen Teil des Platins (und Rhodiums), Russland ist bedeutend bei Palladium. Stromausfälle, Arbeitskämpfe, Umweltauflagen oder Sanktionen können das Angebot kurzfristig verknappen. Zudem stammt ein relevanter Anteil aus Recycling – vor allem aus alten Katalysatoren. Fällt der Schrottstrom (z. B. weil Autos länger gefahren werden), verknappt sich sekundäres Material, und die Preise reagieren empfindlich.


Wasserstoff als Zukunftsoption – realistisch betrachtet

Platin profitiert am stärksten, wenn sich Brennstoffzellen im Schwerverkehr, in Flotten, Zügen oder bei stationären Anwendungen durchsetzen. In PEM-Elektrolyseuren kommt Platin (neben sehr knappen Metallen wie Iridium) ebenfalls zum Einsatz. Gleichzeitig arbeiten Hersteller an Materialeffizienz: weniger Edelmetall pro Leistungseinheit. Der Nettoeffekt hängt daher von zwei Kurven ab – Hochlauf der Stückzahlen versus Einsparungen pro Gerät. Für heute gilt: Wasserstoff ist ein Aufbau-Thema mit Rückenwind, aber die Nachfrage wächst stufenweise, nicht sprunghaft.


Preislogik: Warum die Kurse so nervös sind

Platin und Palladium stehen an der Schnittstelle von heutiger Industrie und neuer Energie."

Platin und Palladium werden in sehr kleinen physischen Märkten gehandelt. Kleine Verschiebungen bei Angebot oder Nachfrage bewegen die Preise stark. Dazu kommen Währungs- und Zinseffekte (wie bei anderen Rohstoffen), die Stimmung in der Autoindustrie und gelegentliche Substitutionswellen. Palladium gilt als volatiler, weil der Markt enger und stärker auf einzelne Förderländer fokussiert ist. Platin schwankt ebenfalls, hat aber den Wasserstoff-Narrativ als möglichen Puffer.


Investieren – drei Wege mit unterschiedlichem Profil

Physisch besicherte Papiere (ETC/ETF): Bequemer Zugang, meist mit Lager- und Verwaltungskosten. Achten Sie auf Emittentenrisiko, Lagerstelle und Gesamtkosten. Für eine taktische Beimischung oft der pragmatischste Weg.

Minenaktien / Produzenten-ETFs: Hebel auf den Metallpreis, aber zusätzliche Risiken (Kosteninflation, Energiepreise, Politik in Förderländern, Management). Läuft der Zyklus, übertreffen Minen oft den Rohstoff – in Schwächephasen aber auch umgekehrt.

Recycling- und Technologie-Werte: Firmen, die Katalysatoren recyceln oder Brennstoffzellen-/Elektrolyse-Technik liefern, profitieren nicht eins zu eins vom Metallpreis, sondern von Mengenwachstum und Technologiefortschritt.


Was gerne übersehen wird

  • Rhodium-Risiko: Katalysatoren nutzen auch Rhodium – ein winziger, extrem volatiler Markt. Schocks dort können Aufteilungen im Katalysator verändern und indirekt Platin/Palladium bewegen.
  • Politik & Handel: Zölle, Sanktionen, Umweltauflagen und lokale Förderprogramme (etwa für Wasserstoff) verschieben Nachfrageketten – teils plötzlich.
  • Materialsubstitution: Chemiker schlafen nicht. Gelingt es, Palladium effizienter einzusetzen oder durch Platin zu ersetzen, kippen Preisrelationen schnell.

Fazit

Platin und Palladium stehen an der Schnittstelle von heutiger Industrie und neuer Energie. Kurz- bis mittelfristig bleibt die Autoabgasreinigung der wichtigste Preistreiber – inklusive aller Zyklen und Normen. Mittelfristig kann Wasserstoff Platin zusätzliche Tragfläche geben; bei Palladium bestimmt vor allem der Verlauf der Benziner- und Hybridnachfrage sowie die Substitution, wie eng der Markt bleibt. Für Anleger eignen sich die „weißen Metalle“ als begrenzt große, aktiv gepflegte Beimischung. Wer die Position klein hält, in Tranchen arbeitet und Trend mit Fundament verknüpft, kann von Chancen profitieren, ohne vom unvermeidlichen Auf und Ab überrollt zu werden.

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