Die Erbschaftsteuer orientiert sich grundsätzlich am Verkehrswert des vererbten Vermögens

Steuerlich anpassungsfähig durch Bewertungsspielräume Sachwerte und die Erbschaftsteuer

Warum illiquide Vermögenswerte im Erbfall steuerlich nützlich sein können.

In Finanzdebatten gelten Sachwerte – also Immobilien, Unternehmensanteile, Kunstgegenstände oder Sammlungen – oft als wenig flexibel. Ihnen haftet der Ruf an, schwer zu veräußern und schwer zu bewerten zu sein. Besonders bei der Nachfolgeplanung scheint das hinderlich: Liquidität fehlt, Bewertungsfragen sind komplex, und der Fiskus fordert seinen Anteil – scheinbar unbeeinflusst davon, ob tatsächlich Geld fließt.

Doch gerade diese Eigenschaften machen Sachwerte im Erbfall unter bestimmten Umständen steuerlich vorteilhaft. Denn dort, wo Bewertung nicht einfach ist, entsteht Spielraum. Und wo liquide Mittel fehlen, sind auch die Möglichkeiten des Finanzamts begrenzt, sofort Kasse zu machen.


Grundlage: Erbschaftsteuer und Bewertung

Die Erbschaftsteuer orientiert sich grundsätzlich am Verkehrswert des vererbten Vermögens. Für Bargeld, Kontoguthaben oder börsennotierte Aktien ist dieser Wert leicht zu bestimmen – tagesgenau, transparent, unangreifbar.

Bei Sachwerten hingegen – vor allem bei nicht-börsennotierten Anteilen an Unternehmen oder bei Immobilien mit individuellem Charakter – sind präzise Bewertungen deutlich schwerer. Hier kommt es oft auf Gutachten, Methodenwahl und Interpretationsspielräume an.


Immobilien: Steuerlich anpassungsfähig durch Bewertungsspielräume

Ein zentrales Beispiel sind vermietete Wohnimmobilien.

Hier greift im Erbfall häufig nicht der aktuelle Marktpreis, sondern der sogenannte Ertragswert – berechnet auf Basis der Jahresmiete und bestimmter gesetzlich vorgegebener Faktoren.

Das hat zur Folge:

  • Liegenschaften in guten Lagen mit niedriger Miete können steuerlich deutlich unter Marktwert angesetzt werden.
  • Leerstände oder Sanierungsbedarf wirken wertmindernd.
  • Sonderfälle wie Denkmalschutz oder Erbbaurecht senken den steuerlichen Wert zusätzlich.

Diese Spielräume lassen sich rechtlich nutzen – durch Gutachten, rechtzeitige Dokumentation und strategische Optimierung des Immobilienportfolios vor dem Erbfall.


Unternehmensanteile: Hohe Werte, aber steuerlich begünstigt

Besonders relevant sind Betriebsvermögen – also Anteile an Kapital- oder Personengesellschaften, Familienunternehmen oder Einzelunternehmen. Hier gelten umfangreiche Begünstigungen bei der Erbschaftsteuer, wenn das Unternehmen erhalten und fortgeführt wird.

Konkret:

  • Bis zu 85 % des Unternehmenswerts können unter bestimmten Bedingungen steuerfrei bleiben (Regelverschonung).
  • Bei besonders langfristiger Bindung sogar bis zu 100 % (Optionsverschonung).
  • Voraussetzung: Haltefristen, Lohnsummennachweise, überwiegende Betriebsnutzung.

Auch hier gilt: Die Bewertung nach dem sogenannten vereinfachten Ertragswertverfahren kann je nach Branche, Gewinnentwicklung und Prognosebewertung zu deutlich niedrigeren Steueransätzen führen als der wahre Substanzwert vermuten lässt.


Sachwerte, die Gestaltung erlauben

Was auf den ersten Blick als Nachteil erscheint – die Schwerfälligkeit und Intransparenz von Sachwerten – kann im Erbfall zum strategischen Vorteil werden."

Neben Immobilien und Unternehmen bieten auch Kunstgegenstände, Oldtimer, Antiquitäten oder landwirtschaftlicher Besitz gewisse Bewertungsnischen:

  • Bei Kunst sind Marktwerte schwer zu ermitteln, solange kein aktueller Verkauf erfolgt ist.
  • Bei land- und forstwirtschaftlichem Besitz gilt ein bewertungsrechtlich stark reduzierter Einheitswert – oft nur ein Bruchteil des Marktwerts.
  • Sammlungen (z. B. Münzen, Uhren) können nach „Erfahrungswerten“ bewertet werden, wenn kein klarer Marktpreis existiert.

Voraussetzung ist stets, dass ordentliche Nachweise, sachgerechte Bewertungsgrundlagen und – im Zweifel – fundierte Gutachten vorliegen.


Risiken und Grenzen

Natürlich bleibt es nicht ohne Risiko, wenn der Fiskus mit einer Bewertung nicht einverstanden ist. Finanzämter haben das Recht, Gegenbewertungen einzuholen oder Schätzungen anzusetzen.

Zudem kann eine zu aggressive Gestaltung später zu Problemen führen, wenn etwa bei einem Verkauf plötzlich deutlich höhere Werte realisiert werden. Auch ist die Einhaltung steuerlicher Fristen (z. B. bei Verschonungsregelungen) zwingend erforderlich – sonst drohen rückwirkende Steuerpflichten.


Fazit: Illiquide Werte – steuerlich oft im Vorteil

Was auf den ersten Blick als Nachteil erscheint – die Schwerfälligkeit und Intransparenz von Sachwerten – kann im Erbfall zum strategischen Vorteil werden.

Denn wo Bewertung eine Frage der Methode ist, entsteht Spielraum. Und wo der Fiskus nicht auf tagesaktuelle Kurse zugreifen kann, ist gestalterischer Spielraum vorhanden, der rechtlich legitim genutzt werden darf.

Wer frühzeitig plant, Bewertungen dokumentiert und steuerlich versiert berät, kann mit Sachwerten die Erbschaftsteuerlast signifikant senken – ohne tricksen zu müssen.

Sachwerte sind damit nicht nur ein Mittel zum Werterhalt – sondern auch ein strategischer Baustein in der generationenübergreifenden Vermögensplanung.

Kontakt zu mir

Hallo!
Schön, dass Sie mich kennenlernen möchten.