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Finanzlexikon Smart-Beta-ETFs

Wenn passives Investieren aktiv wird.

ETFs haben sich ihren Erfolg vor allem dadurch erarbeitet, dass sie einfach, transparent und kostengünstig einen Markt oder Index abbilden. Doch schon bald zeigte sich, dass viele Anleger mehr wollten als nur „den Markt“. Sie suchten nach Strategien, die langfristig höhere Renditen versprachen oder bestimmte Risiken minimieren konnten. Aus diesem Bedürfnis heraus entstand die Idee der Smart-Beta-ETFs.

Diese Fonds bilden zwar weiterhin Indizes nach, doch die Auswahl und Gewichtung der enthaltenen Werte folgt nicht mehr streng der klassischen Marktkapitalisierung. Stattdessen werden Faktoren wie Dividendenrendite, Volatilität oder Bewertungskennzahlen berücksichtigt. Damit verschwimmen die Grenzen zwischen passivem und aktivem Investieren: Die Struktur des Index ist vorgegeben, aber seine Konstruktion enthält aktive Entscheidungen.

Was Smart Beta auszeichnet

Das Besondere an Smart-Beta-ETFs ist, dass sie alternative Gewichtungsmethoden anwenden. Während klassische ETFs die größten Unternehmen automatisch am stärksten berücksichtigen, versuchen Smart-Beta-Produkte, bestimmte Muster oder „Faktoren“ systematisch auszunutzen. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Value: Bevorzugung von unterbewerteten Aktien, die gemessen an Kennzahlen wie Kurs-Gewinn-Verhältnis günstig erscheinen.
  • Growth: Fokussierung auf wachstumsstarke Unternehmen mit überdurchschnittlichem Umsatz- oder Gewinnwachstum.
  • Low Volatility: Gewichtung von Aktien, die sich in der Vergangenheit durch geringe Kursschwankungen ausgezeichnet haben.
  • Dividendenstrategie: Bevorzugung von Unternehmen mit hohen oder stabilen Ausschüttungen.
  • Quality: Auswahl von Unternehmen mit soliden Bilanzen, stabilen Gewinnen und geringer Verschuldung.

Diese Faktoren sind nicht neu – aktive Fondsmanager arbeiten seit Jahrzehnten mit ähnlichen Strategien. Neu ist, dass sie in standardisierte Indizes übersetzt und damit über ETFs kostengünstig und breit investierbar gemacht werden.

Chancen für Anleger

Smart-Beta-ETFs versprechen Anlegern einige Vorteile:

  • Bessere Risikostreuung: Indem nicht nur nach Größe gewichtet wird, können Klumpenrisiken vermieden werden.
  • Chancen auf Überrendite: Historisch haben bestimmte Faktoren, etwa Value oder Momentum, in bestimmten Marktphasen eine bessere Performance erzielt als der Gesamtmarkt.
  • Systematischer Ansatz: Anleger erhalten Zugang zu regelbasierten Strategien, ohne auf die Entscheidungen eines einzelnen Fondsmanagers angewiesen zu sein.

Damit positionieren sich Smart-Beta-Produkte zwischen klassischen Indexfonds und aktiv gemanagten Fonds – als eine Art „Mittelweg“.

Die Kehrseite von Smart Beta

Smart-Beta-ETFs zeigen, dass passives Investieren nicht zwangsläufig neutral bedeutet. Indem sie alternative Gewichtungsregeln anwenden, verschieben sie die Schwerpunkte und setzen implizit auf Faktoren, die historisch mit höheren Renditen oder geringeren Risiken verbunden waren."

So attraktiv Smart-Beta-ETFs auf den ersten Blick erscheinen, gibt es auch deutliche Risiken.

Zunächst einmal sind sie komplexer als herkömmliche ETFs. Anleger müssen verstehen, welche Kriterien zur Indexkonstruktion führen und wie diese in der Praxis umgesetzt werden. Wer nur auf den Namen „Dividenden-ETF“ oder „Low-Volatility-ETF“ schaut, ohne die Methodik zu kennen, kann unangenehme Überraschungen erleben.

Ein weiteres Risiko ist die Abhängigkeit von Marktzyklen. Faktoren wie Value oder Growth entwickeln sich nicht kontinuierlich besser, sondern in Wellen. Das bedeutet, dass Smart-Beta-Strategien längere Phasen unterdurchschnittlicher Renditen durchlaufen können. Anleger brauchen also Geduld – und die Bereitschaft, Durststrecken auszuhalten.

Zudem besteht die Gefahr des Faktor-Crowdings: Wenn viele Anleger dieselben Strategien verfolgen, verlieren diese ihren Vorteil. Bereits heute warnen Experten, dass einige Smart-Beta-Strategien durch ihre Popularität verwässert werden.

Für wen eignen sich Smart-Beta-ETFs?

Smart-Beta-Produkte sind keine Allzwecklösung. Sie können eine interessante Ergänzung im Portfolio sein, sollten aber nicht den Anspruch erheben, das klassische Core-Investment in breit gestreute Indizes zu ersetzen.

Sinnvoll sind sie für Anleger, die:

  • Sich mit Faktorinvesting beschäftigen möchten,
  • bereit sind, Schwankungen und längere Durststrecken auszuhalten,
  • ihr Portfolio gezielt um bestimmte Schwerpunkte erweitern wollen.

Für Einsteiger oder sicherheitsorientierte Anleger kann die Vielfalt an Strategien jedoch eher verwirrend sein.

Fazit – zwischen Passivität und aktiver Handschrift

Smart-Beta-ETFs zeigen, dass passives Investieren nicht zwangsläufig neutral bedeutet. Indem sie alternative Gewichtungsregeln anwenden, verschieben sie die Schwerpunkte und setzen implizit auf Faktoren, die historisch mit höheren Renditen oder geringeren Risiken verbunden waren.

Sie bieten Anlegern die Chance, an bewährten Strategien teilzuhaben – aber auch das Risiko, in bestimmten Marktphasen enttäuscht zu werden. Damit sind sie kein Ersatz für eine solide Basis aus klassischen Indexfonds, sondern eher ein Werkzeug zur Feinjustierung.

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