Finanzlexikon Verlustrisiko konkret: Drawdown
Wie Anleger mit Rücksetzern besser umgehen können.
Verluste gehören zum Investieren wie Ebbe zur Flut. Kein seriöses Anlageprodukt ist frei von Schwankungen, und selbst solide Portfolios erleben Phasen rückläufiger Kurse. Ein zentraler Begriff zur Beschreibung solcher Phasen ist der „Drawdown“. Wer dieses Konzept versteht und einordnen kann, gewinnt an Klarheit im Risikomanagement – und stärkt die emotionale Resilienz als Anleger.
Was ist ein Drawdown?
Der Begriff Drawdown beschreibt den maximalen Rückgang eines Anlagewerts vom letzten Hochpunkt bis zum folgenden Tiefpunkt. Er macht damit deutlich, wie stark ein Investment zwischenzeitlich an Wert verlieren kann – unabhängig davon, wie es sich langfristig entwickelt. Anders als eine einfache Verlustangabe gibt der Drawdown Aufschluss über das tatsächliche Ausmaß einer Krise im Depotverlauf.
Wichtig dabei: Der Drawdown misst nicht den absoluten Verlust vom Kaufpreis, sondern den Abstand zwischen einem erreichten Höchststand und dem darauffolgenden Tief – also die größte zwischenzeitliche Einbuße in einer Phase negativer Entwicklung.
Warum ist der Drawdown so bedeutend?
Für viele Anleger sind Drawdowns psychologisch weit belastender als moderate Kursschwankungen. Ein Minus von 30 % fühlt sich sehr viel drastischer an als ein Minus von 5 %. Wer in solchen Phasen emotional reagiert, gerät leicht in Versuchung, auf dem Tief zu verkaufen – und realisiert damit genau den Verlust, den er mit Ruhe und Zeit vielleicht hätte vermeiden können.
Der Drawdown ist auch ein Indikator dafür, wie „stabil“ ein Portfolio konstruiert ist. Während manche Strategien mit geringer Volatilität arbeiten und selten mehr als 10 % verlieren, gibt es auch Ansätze, bei denen Rückgänge von 30 bis 50 % regelmäßig auftreten – etwa bei reinen Aktien- oder Technologiethemenportfolios.
Typische Ursachen für Drawdowns
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Rücksetzer an den Märkten sind kein Ausnahmezustand, sondern ein wiederkehrendes Element der Kapitalmarktlogik. Sie entstehen unter anderem durch:
- Konjunkturelle Abschwünge oder Rezessionen.
- Politische Unsicherheiten oder geopolitische Konflikte.
- Zinsschocks oder geldpolitische Wenden.
- Brancheninterne Krisen oder Unternehmensskandale.
- Überbewertungen und spekulative Übertreibungen.
In solchen Phasen geraten auch solide Unternehmen unter Druck, da sich die allgemeine Risikowahrnehmung verschiebt und Kapital aus Aktienmärkten abgezogen wird.
Drawdown managen: Strategien für Anleger
Drawdowns sind kein Systemfehler, sondern ein integraler Bestandteil jeder Kapitalanlage. Wer sie ignoriert oder verdrängt, wird im Ernstfall von den eigenen Emotionen überrollt. Wer sie jedoch kennt, einplant und gezielt managt, hat gute Chancen, auch schwierige Phasen erfolgreich zu überstehen – und langfristig bessere Anlageentscheidungen zu treffen."
Die wichtigste Erkenntnis: Drawdowns lassen sich nie vollständig vermeiden, aber sehr wohl begrenzen. Effektives Risikomanagement bedeutet nicht, Risiken zu eliminieren, sondern sie bewusst zu steuern. Dazu gehört:
- Diversifikation: Wer sein Kapital über verschiedene Anlageklassen, Regionen und Branchen streut, reduziert die Wahrscheinlichkeit eines gleichzeitigen Rückgangs aller Positionen.
- Rebalancing: Durch regelmäßiges Nachjustieren des Portfolios können Übergewichtungen korrigiert und Verlustrisiken reduziert werden.
- Liquiditätsreserve: Eine ausreichende Cashquote verhindert, dass Anleger in der Krise verkaufen müssen, um Liquidität zu schaffen.
- Realistischer Zeithorizont: Je länger der Anlagezeitraum, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, in einem Drawdown aussteigen zu müssen.
- Emotionale Vorbereitung: Wer Rückgänge einkalkuliert, wird weniger überrascht – und kann rationaler reagieren.
Drawdown als Test der Strategie
Ein Drawdown ist nicht nur eine Kennzahl, sondern ein Stresstest für die persönliche Anlagedisziplin. Er zeigt, ob das gewählte Risikoprofil wirklich zum eigenen Verhalten passt – oder ob Strategie und Anlegermentalität womöglich nicht harmonieren. In diesem Sinne ist der Drawdown auch ein Spiegel: Er reflektiert nicht nur Marktverhältnisse, sondern auch innere Überzeugungen und Erwartungen.
Fazit: Wer den Rückschritt versteht, bewältigt ihn besser
Drawdowns sind kein Systemfehler, sondern ein integraler Bestandteil jeder Kapitalanlage. Wer sie ignoriert oder verdrängt, wird im Ernstfall von den eigenen Emotionen überrollt. Wer sie jedoch kennt, einplant und gezielt managt, hat gute Chancen, auch schwierige Phasen erfolgreich zu überstehen – und langfristig bessere Anlageentscheidungen zu treffen.
Erst der Mensch, dann das Geschäft