Langsam wird die Zeit knapp

Auch nach einem Jahr viel Unsicherheit Wie geht der Brexit weiter?

Es ist bereits ein gutes Jahr her, seit die Briten sich überraschend für den Ausstieg ihres Landes aus der Europäischen Union entschieden. Nach dem Votum wurde es zunächst ruhig um den Brexit, erst Ende März 2017 leitete Premierministerin Theresa May mit einem Schreiben an den EU-Ratspräsidenten offiziell die Ausstiegsverhandlungen ein.

Die Erwartung, dass damit mehr Klarheit und Stringenz in den Prozess kommen würde, hat sich bis dato nicht erfüllt. Im Gegenteil - heute ist unsicherer denn je, wie es mit dem Brexit weitergeht. Selbst das Szenario eines ungeordneten Ausstiegs erscheint nicht komplett unwahrscheinlich. Es wäre wohl der "größte anzunehmende Unfall".

Harter oder weicher Brexit

Die britische Premierministerin hat selbst viel zu dieser Unsicherheit beigetragen. Ihr vermeintlicher Coup, vorzeitige Parlamentswahlen Anfang Juni auszurufen, um nach einem Wahlsieg mit einer gestärkten Position in die Verhandlungen starten zu können, erwies sich als desaströser Flop. Seither verfügt ihre Regierung über keine Mehrheit mehr im Parlament und die politische Zukunft von Theresa May erscheint ungewiss. Die Briten sitzen geschwächt am Verhandlungstisch und sehen sich einer EU gegenüber, die sich in der Brexit-Frage überraschend geschlossen zeigt. 

Aber auch die britische Haltung zum Brexit hat sich verändert. Stand bis zu den Parlamentswahlen ein harter EU-Ausstieg außer Frage, wird inzwischen mehr von einem "weichen Brexit" gesprochen. Zumindest legt der Wahlausgang nahe, dass die Mehrheit der Briten dafür ist. Die Regierung zeigt sich in ihrem Kurs undurchsichtig und uneins. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn ein weicher Brexit wäre vermutlich nicht das, was die Ausstiegsbefürworter sich ursprünglich vorgestellt hatten. 

Die Zeit wird knapp 

Großbritannien bliebe damit der Zugang zum EU-Binnenmarkt zwar erhalten, das Land müsste dafür aber einige Kröten schlucken. Die größte wäre wohl die Erhaltung der Personen-Freizügigkeit, gegen die die EU-Gegner Sturm gelaufen waren. Letztlich würde ein weicher Brexit bedeuten, dass die Briten de facto in der EU blieben, aber auf wichtige Mitbestimmungsrechte verzichten. Es wäre das Gegenteil von mehr britischer Souveränität.

Der Ausstieg könnte für das Land noch teuer werden."

Langsam wird die Zeit knapp. Nach dem EU-Vertrag sind nach der offiziellen Einleitung des Austrittsverfahrens maximal zwei Jahre für die Ausstiegsverhandlungen vorgesehen. Mehr als ein Vierteljahr davon ist schon vergangen, ohne dass Substanzielles passiert ist. Und immer noch scheint die britische Regierung Zeit zu brauchen, um sich über ihren Kurs klar zu werden.

Dabei besteht enormer Regelungsbedarf - für rund 21.000 EU-Gesetze und -Verordnungen sowie offene Zahlungsverpflichtungen Großbritanniens in Höhe von bis zu 60 Mrd. Euro. Der Ausstieg könnte für das Land noch teuer werden.

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