Angesichts der hohen Inflationsraten stehen die Zentralbanken unter Druck

Flossbach Wie viel Zins verträgt die Welt?

Angesichts der hohen Inflationsraten stehen die Zentralbanken unter Druck. Die Anhebung der Zinsen ist ein bewährtes Mittel, um die Teuerung einzudämmen. Doch die Währungshüter stecken jetzt in einer Zwickmühle.

Die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) interviewte kürzlich Dr. Bert Flossbach. Im Gespräch mit dem ehemaligen Executive Director bei Goldman Sachs und Mitgründer der Kölner Vermögensverwaltung Flossbach von Storch ging es auch um das Thema Inflation und Anhebung der Zinsen. Nach Meinung des Finanzexperten stecken die Zentralbanken in einer schwierigen Lage. Flossbach fragt: Wie viel Zins verträgt die Welt?

Unter anderem führte Dr. Flossbach aus:

  • Zur Zeit leiden alle unter der rekordverdächtigen Inflation.
  • Zentralbanken müssen für die Geldwertstabilität sorgen.
  • Währungshüter stehen unter Zugzwang. Sie können die Zinsen jedoch nicht so stark anheben, wie es zur raschen Eindämmung der Teuerung nötig wäre.
  • Staaten sind so hoch verschuldet, dass steigende Zinssätze einen erheblichen Teil des Bruttoinlandsproduktes verschlingen würden.

Hoch Verschuldete profitieren von der gegenwärtigen Situation

Für hoch verschuldete Staaten ist die aktuelle Situation, in der die Inflationsrate höher als der Zinssatz ist, von Vorteil. Anders sieht es aus, wenn die Zinsen deutlich angehoben werden. Das veranschaulicht Flossbach mit einer Rechnung: Hat ein Staat eine Verschuldung von 150 Prozent und der Zinssatz liegt längere Zeit bei 5 Prozent, könnte das dazu führen, dass bis zu 30 Prozent der Staatseinnahmen für die Zinsen aufgewendet werden müssten. Von einer Tilgung der Schulden wäre sowieso keine Rede. Weil sich kein Staatswesen das auf längere Zeit leisten kann, gehe er davon aus, dass eine Anhebung auf Zinsniveaus, wie sie in der Vergangenheit üblich waren, nicht machbar wäre.

Für hoch verschuldete Staaten ist die aktuelle Situation, in der die Inflationsrate höher als der Zinssatz ist, von Vorteil."

Europäische Zentralbank muss viele Interessen unter einen Hut bringen

Besonders schwierig ist die Situation für die europäische Zentralbank. Nachdem die EZB die Inflation lange Zeit kleinredete, wurden nun vorsichtige Zinsschritte angekündigt. Im Unterschied zur Fed müssen die Europäer bei ihren Maßnahmen eine Vielzahl von Volkswirtschaften im Auge behalten.

Ansonsten würden sie die mühsam hergestellte Währungsunion einer Zerreißprobe unterziehen. Schon jetzt ist das schwierig, weil die Bonität der einzelnen EU-Mitgliedsstaaten sehr unterschiedlich ist und auch die Renditen der Staatsanleihen auseinanderlaufen. Beispielsweise differieren diese zwischen Italien und der Bundesrepublik Deutschland bereits um 2 Prozent.

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