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Finanzlexikon Wie werden Finanzberater bezahlt?

Es gibt kein perfektes Vergütungsmodell – nur ein passendes.

Geldanlage ist Vertrauenssache – und Vertrauen hängt daran, wie Berater bezahlt werden. Vergütung ist nie neutral: Sie lenkt Verhalten, setzt Anreize und bestimmt, was Sie am Ende wirklich zahlen. Wer die wichtigsten Bezahlmodelle und ihre Konfliktzonen kennt, kann bewusster entscheiden, wem er welches Mandat gibt – und zu welchen Konditionen.

Drei Grundmodelle der Vergütung

  1. Provisions-/Produktvergütung (Provisionsberatung): Der Berater wird über das empfohlene Produkt bezahlt – z. B. Ausgabeaufschläge bei Fonds, Bestandsprovisionen (laufende Vertriebsvergütung), Abschlussprovisionen bei Versicherungen oder Margen/Spreads in Strukturprodukten. Ihr nominaler Beratungspreis wirkt niedrig oder „unsichtbar“, die Kosten stecken im Produkt.
  2. Honorar (Honorarberatung, „fee-only“): Der Kunde zahlt den Berater direkt – pauschal (Projekt-/Pauschalhonorar), pro Stunde, erfolgsunabhängig als Retainer oder als Prozent vom verwalteten Vermögen (AUM-Fee). Die empfohlenen Produkte sind idealerweise „clean“ (ohne versteckte Retrozessionen).
  3. Mischformen („fee-based“): Ein Teil als Honorar, ein Teil über Produktvergütungen. Formal transparent, in der Praxis aber konfliktanfälliger, weil zwei Vergütungsströme zusammenlaufen.

Was genau steckt hinter den Provisionen?

  • Ausgabeaufschlag: Einmalige Kaufgebühr auf Fonds/Anlageprodukte.
  • Bestandsprovision: Laufende Vergütung aus dem Fondsvolumen (oft 0,25–0,75 % p. a.).
  • Abschluss-/Inkassoprovisionen: Vor allem bei Lebens-/Rentenversicherungen.
  • Produktmargen: In Zertifikaten/Strukturprodukten stecken Spreads und Emittentenmargen.

Vorteil: kurzfristig geringe Hürde. Nachteil: Anreiz, Produkte mit höherer Vergütung zu empfehlen und Wechsel/Umdeckungen vorzuschlagen, die dem Berater, nicht zwingend Ihnen nutzen.

Honorarvarianten: von der Stunde bis zur Vermögensverwaltungsgebühr

  • Stunden-/Projekt-Honorar: Klar kalkulierbar, besonders für Finanzplan, Depotcheck, „Zweitmeinung“.
  • Retainer (monatlich/vierteljährlich): Laufende Begleitung (Rebalancing, Haushaltstermine, Steuerthemen).
  • AUM-Fee (1–1,5 % p. a., fallend bei Größe): Typisch in Vermögensverwaltungen/Robo-Advisor-Modellen. Achtung auf Zusatzkosten: ETF-/Fondskosten, Transaktionsentgelte, Depot-/Plattformgebühren.

Vorteil: Interessenausgleich – Sie zahlen für Zeit/Kompetenz, nicht für ein bestimmtes Produkt. Nachteil: Spürbar auf dem Kontoauszug; bei AUM-Fee kann der Anreiz entstehen, möglichst viel Vermögen ins Mandat zu ziehen (auch wenn Schuldenabbau sinnvoller wäre).

Rechtlicher Rahmen – wozu verpflichtet wer ist

In Deutschland existiert neben der klassischen Provisionsberatung die Honorar-Anlageberatung sowie Honorar-Finanzanlagenberatung (ähnliche Idee, unterschiedliche Lizenzwege). Kerngedanke: Transparenz über Zuwendungen, ggf. Verbot, solche anzunehmen. Bankenberater sind häufig Angestellte mit Umsatz- und Produktzielen; unabhängige Honorarberater arbeiten produkt- und provisionsfrei. Wichtig bleibt in jedem Modell: Offenlegung der Vergütung in Euro und Prozent vor der Entscheidung.

Was kostet mich das wirklich? Die Gesamtkosten-Perspektive

Es gibt kein perfektes Vergütungsmodell – nur ein passendes. Provisionsmodelle können funktionieren, wenn sie offen gelegt, gedeckelt und produktneutral umgesetzt werden. Honorarmodelle schaffen hohe Transparenz, verlangen aber die Bereitschaft, Beratung sichtbar zu bezahlen."

Viele vergleichen nur „Gebühr X“. Relevanter ist die Total Cost of Advice:

  • Produktkosten (TER/OGC, Versicherungskosten, Spreads)
  • Transaktions-/Depot-/Plattformentgelte
  • Beratervergütung (Honorar/AUM-Fee/Provision)
  • Steuer- und Reibungseffekte durch Umschichtungen

Konsequent ist, sich alle Posten in Euro p. a. ausrechnen zu lassen – auf Ihre konkrete Anlagesumme.

Typische Interessenkonflikte – und wie Sie sie entschärfen

  • Produktdruck (Provision): Lösung: Clean Shares / Nettotarife verlangen; ggf. Honorar zahlen, Provision abwählen.
  • AUM-Bias (Vermögensverwaltungsgebühr): Lösung: Klare Beratungsaufträge auch zu Themen außerhalb des Depots (Schulden, Immobilie, Liquidität).
  • Churning/Umdeckungen: Lösung: Dokumentierte Begründung für jeden Wechsel (Nutzen, Kosten, Steuern).
  • Komplexitätsverkauf: Lösung: Forderung nach einfacher, replizierbarer Lösung; Komplexität muss Mehrwert schaffen (z. B. Steuern, Risiko).

Wie wähle ich das passende Modell?

  • Sie wollen eine klare Einmal-Leistung (Finanzplan, Depotgutachten, „Second Opinion“)? → Stunden-/Projekt-Honorar.
  • Sie wünschen laufende Begleitung und Disziplin (Rebalancing, Jahresgespräche)? → Retainer oder Honorarberatung mit sauberem Servicekatalog.
  • Sie möchten alles aus einer Hand inkl. Order und Umsetzung? → Vermögensverwaltung (AUM-Fee) – auf Staffelung und Kostentransparenz achten.
  • Sie möchten keinen Scheck schreiben, sondern „im Produkt zahlen“? → Provisionsberatung mit harte(n) Kostengrenzen, Rabatten und Clean-Option als Benchmark.

Fragen, die Sie im Erstgespräch stellen sollten

  • Wie werden Sie bezahlt – von mir, vom Produktanbieter oder von beiden? In welcher Höhe pro Jahr?
  • Empfehlen Sie Clean Shares/Nettotarife? Wenn nein: warum nicht?
  • Was genau bekomme ich für mein Geld – und was nicht? (Leistungsbeschreibung, Haftung, Turnus)
  • Wie vermeiden Sie Interessenkonflikte? (z. B. interne Vergütungsregeln, Investmentprozess, Dokumentation)
  • Wie hoch sind sämtliche laufenden Produkt- und Plattformkosten in Euro bei meiner Summe?
  • Bekomme ich eine jährliche Gesamtkostenabrechnung?

Schriftliche Antworten sind Gold wert – sie machen Qualität messbar.

Robo-Advisor & Plattformmodelle: günstiger – aber nicht „kostenlos“

Digitale Vermögensverwaltungen kombinieren AUM-Gebühr (häufig 0,3–1,0 % p. a.) mit ETF-Kosten (0,1–0,3 % p. a.) und Depot-/Handelsentgelten. Sie sind transparent und diszipliniert, ersetzen aber selten eine individuelle Finanzplanung (Rente, Steuern, Immobilien). Für standardisierte Depots guter Wahl – für komplexe Lebenssituationen oft Baustein, nicht Gesamtlösung.

Rote Flaggen – wann besser Abstand halten

  • Kosten trägt der Anbieter“ oder „Für Sie kostenlos“ – niemand arbeitet gratis.
  • Intransparente Paketpreise, die Produkt- und Beratungsvergütung vermengen.
  • Druck zu schnellen Unterschriften, Sonderaktionen „nur heute“.
  • Komplexe Produkte ohne klaren Zusatznutzen, aber mit fetten Vertriebsvergütungen.

Fazit

Es gibt kein perfektes Vergütungsmodell – nur ein passendes. Provisionsmodelle können funktionieren, wenn sie offen gelegt, gedeckelt und produktneutral umgesetzt werden. Honorarmodelle schaffen hohe Transparenz, verlangen aber die Bereitschaft, Beratung sichtbar zu bezahlen. Entscheidend ist die Gesamtrechnung in Euro, eine klare Leistungsbeschreibung und ein Prozess, der Interessenkonflikte offen adressiert. Wer diese Punkte konsequent einfordert, erhält Beratung, die nicht vom Produkt lebt – sondern von Ihrem Erfolg.

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