Unvorstellbar für ein DAX-Unternehmen Wirecard blamiert Deutschland
Lange gab es nur Gerüchte und als Verleumdung bezeichnete Berichte in der Financial Times, mit den veröffentlichten Zahlen bei Wirecard stimme etwas nicht. Jetzt verdichtet sich das zur Gewissheit und die Aktie erlebt einen beispiellosen Absturz. Es ist nicht sicher, ob Deutschlands Börsenstar die Krise überlebt.
Fest steht schon jetzt, dass das Wirecard-Desaster dem Ruf des Finanzplatzes Deutschland Schaden zugefügt hat. Denn allzu viele, die es besser hätten wissen können und müssen, haben offensichtlich weggeschaut. Wirtschaftsprüfer, Finanzaufseher, Analysten, Wirtschaftsjournalisten und letztlich auch Anleger ließen sich vom Trugbild der schönen Wirecard-Zukunft täuschen.
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Kontrollinstanzen haben versagt
Noch sind die genauen Hintergründe um die fraglichen 1,9 Milliarden Euro auf tatsächlichen oder vermeintlichen Treuhandkonten in Asien ungeklärt. Die Wirecard-Verantwortlichen sprachen zunächst von Betrug und stellten den Verdacht der Veruntreuung durch den beauftragten Treuhänder in den Raum. Es verdichten sich aber die Hinweise, dass die Milliardensumme nie existierte und bei Wirecard schon länger mit Zahlen jongliert wird, die mit der Wirklichkeit wenig gemein haben.
Dass das ohne Wissen von maßgeblichen Akteuren im Unternehmen geschehen sein soll, erscheint kaum glaubhaft. Aber über Jahre wurde wohl auch von außen nicht ernsthaft nachgefragt. Dabei handelt es sich bei den angeblichen Guthaben aus Drittpartnergeschäften nicht um Peanuts, sondern immerhin um ein Viertel der Wirecard-Bilanzsumme. Selbst als die Financial Times-Berichte erschienen, wurde niemand stutzig. Stattdessen verteidigte man Wirecard noch gegen die Angriffe aus London und argwöhnte dahinter Hedgefonds-Spekulation.
Alle von Gesetzes wegen zuständigen Kontrollinstanzen haben versagt."
Der Wirecard-Aufsichtsrat schenkte den Aussagen des Managements Glauben. Die Wirtschaftsprüfer von der renommierten Gesellschaft EY erteilten weiter ihre Testate, ohne sich allzusehr für die gefälschten Belege bei den Treuhand-Guthaben zu interessieren. Die Bafin schützte Wirecard sogar durch das Verbot von Leerverkäufen auf die Aktie. Und in den Medien erfreute sich das Unternehmen nach wie vor einer wohlwollenden Berichterstattung.
Keine guten Aussichten
Jetzt ist die Blamage groß - umso mehr, da es sich um ein DAX-Unternehmen handelt. Die Tage von Wirecard im Deutschen Aktienindex dürften wohl gezählt sein, selbst wenn das Unternehmen die Krise übersteht. Denn dass die Aktie so bald wieder alte Höhen erreicht, das ist ziemlich ausgeschlossen. Keine guten Aussichten für die Wirecard-Aktionäre.