Globale Wachstumsimpulse geraten ins Stocken

Unsicherheit als globaler Risikofaktor Zitterpartie belastet

Die Weltwirtschaft steht vor einer schwierigen Gemengelage: geopolitische Spannungen, geldpolitische Unsicherheiten, fragile Lieferketten und volatile Kapitalmärkte prägen das Bild. In einem solchen Umfeld fällt es nicht leicht, tragfähige Prognosen zu formulieren – weder für Regierungen noch für Unternehmen oder Investoren.

Für Guy Wagner, den Chief Investment Officer des luxemburgischen Vermögensverwalters BLI – Banque de Luxembourg Investments, ist klar: Die anhaltende Unsicherheit wird zunehmend selbst zum ökonomischen Belastungsfaktor.

Wagner sieht weniger eine konkrete Krise als ein generelles Klima der Nervosität. „Die wirtschaftliche Entwicklung leidet nicht unbedingt unter einem einzelnen Schock“, so der Investmentchef, „sondern unter der permanenten Erwartung des nächsten.“ Dieses diffuse Risikoszenario führe zu vorsichtigeren Investitionsentscheidungen, einem Rückgang der Unternehmensdynamik – und letztlich zu einer gebremsten Wachstumsdynamik auf globaler Ebene.


Globale Wachstumsimpulse geraten ins Stocken

In früheren Konjunkturphasen waren die Treiber klar: technologischer Fortschritt, expansive Geldpolitik oder der Welthandel als Motor. Heute dagegen wirken diese Kräfte nur noch eingeschränkt. Der Handelskonflikt zwischen den USA und China bleibt ungelöst, die Zinspolitik der Notenbanken ist unberechenbar geworden, und die geopolitische Lage – ob im Nahen Osten, in der Ukraine oder rund um Taiwan – sorgt für ein hohes Maß an Planungsunsicherheit.

Viele Unternehmen halten sich mit Investitionen zurück, vermeiden langfristige Projekte und verschieben strategische Entscheidungen. Auch Verbraucher zeigen Zurückhaltung – sei es aus Sorge vor Inflation, steigenden Finanzierungskosten oder Arbeitsplatzrisiken. In Summe ergibt sich ein schwächerer konjunktureller Impuls, der sich in moderaterem Wachstum und geringerer Produktivität niederschlägt.

Für Guy Wagner ist das Resultat kein abruptes Abgleiten in die Rezession, sondern eine anhaltende Lähmung der wirtschaftlichen Vitalität. Besonders kritisch sei dabei der psychologische Faktor: „Wenn Unsicherheit zur Normalität wird, wird Vorsicht zur Strategie – und das hemmt jeden unternehmerischen Mut.“


Der Währungseffekt: Schwacher Dollar trifft europäische Anleger

Neben den geopolitischen und makroökonomischen Unsicherheiten spielt für eurobasierte Investoren ein weiterer Faktor eine zunehmende Rolle: die Dollar-Schwäche. Über Jahre hinweg profitierten europäische Anleger von der Stärke der US-Währung – gerade bei Investments in den hochkapitalisierten US-Aktienmarkt. Nun aber hat sich das Blatt gewendet: Der Dollar hat gegenüber dem Euro in den vergangenen Monaten deutlich nachgegeben.

Für Guy Wagner ist das ein nicht zu unterschätzender Aspekt. Viele US-Aktien, die aus Sicht amerikanischer Anleger noch solide performen, verlieren für europäische Investoren an Attraktivität, weil die Währungsgewinne wegbrechen oder sich sogar in Verluste verkehren. Besonders bei Indexfonds oder ETFs, die nicht währungsgesichert sind, schlägt dieser Effekt direkt auf die Rendite durch.

Zugleich schränkt der schwächere Dollar die Preiswettbewerbsfähigkeit amerikanischer Exporte ein und kann so auch makroökonomisch bremsend wirken, wenn sich die Handelsbilanzen verschieben. In der Kombination mit einem vorsichtigen Konsumverhalten und rückläufigen Investitionen ergibt sich ein Bild zunehmender Fragilität.


Investitionsklima: Risikoaversion statt Opportunismus

Die Weltwirtschaft leidet derzeit nicht primär an einem Mangel an Ressourcen, Kapital oder Ideen – sondern an einem Mangel an Vertrauen. Die Kombination aus geopolitischen Spannungen, geldpolitischer Ambivalenz und wachsender Komplexität der globalen Verflechtungen hat ein Umfeld geschaffen, in dem wirtschaftliches Handeln zum Balanceakt wird."

In diesem Gesamtbild zeigt sich, dass nicht allein ökonomische Kennzahlen das Investitionsklima bestimmen, sondern vor allem Stimmung, Vertrauen und Zukunftserwartung. Der Begriff der „Zitterpartie“, den Wagner bemüht, ist dabei nicht nur rhetorisch gemeint – sondern beschreibt eine reale Tendenz: Investoren werden zunehmend reaktiv statt proaktiv, verwalten Risiken statt Visionen zu finanzieren.

Auch auf den Kapitalmärkten ist diese Haltung spürbar. Viele Marktteilnehmer parken Liquidität, meiden illiquide Anlagen und reduzieren Engagements in volatile Assetklassen. Der Fokus liegt auf Stabilität, nicht auf Innovation. Für die Realwirtschaft bedeutet das: Weniger Wagniskapital, weniger strategische Partnerschaften, weniger Internationalisierung.

Dabei, so Wagner, sei gerade jetzt eine aktive Allokation wichtig. Denn in einem Umfeld voller Unsicherheiten gewinnen jene Investoren an Stärke, die kalkuliertes Risiko mit einem langfristigen Blick verbinden – statt sich von kurzfristiger Volatilität lähmen zu lassen.


Fazit: Unsicherheit als systemisches Risiko erkennen

Die Weltwirtschaft leidet derzeit nicht primär an einem Mangel an Ressourcen, Kapital oder Ideen – sondern an einem Mangel an Vertrauen. Die Kombination aus geopolitischen Spannungen, geldpolitischer Ambivalenz und wachsender Komplexität der globalen Verflechtungen hat ein Umfeld geschaffen, in dem wirtschaftliches Handeln zum Balanceakt wird.

Guy Wagner mahnt, diese Unsicherheit nicht nur als Randerscheinung, sondern als systemisches Risiko zu verstehen – eines, das sich durch alle Ebenen wirtschaftlicher Aktivität zieht: von den Zentralbanken über die Unternehmenswelt bis hin zum individuellen Anlegerverhalten.

Wer wieder zu mehr wirtschaftlicher Dynamik kommen will, muss daher mehr bieten als Konjunkturprogramme oder Zinssignale. Es braucht ein neues Narrativ von Verlässlichkeit, Klarheit und Kooperation – politisch wie ökonomisch. Nur so lässt sich die Zitterpartie beenden – und wieder in produktive Bewegung umwandeln.

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