Corona macht Entwicklungen deutlich Abkehr von der Globalisierung
Die Corona-Pandemie hat viele vermeintliche Gewissheiten in Frage gestellt. Das gilt auch für die Vorzüge der Globalisierung. Nicht nur, dass die grenzenlose Mobilität rund um den Globus die rasche Virus-Verbreitung geradezu befeuert hat, in den letzten Wochen wurde auch unsere Abhängigkeit von internationalen Lieferketten offensichtlich.
Besonders gezeigt hat sich das bei der Versorgung mit Medikamenten und den inzwischen heißbegehrten Atemschutzmasken. Beides wird in heimischer Produktion nicht ausreichend hergestellt. Wir sind auf Importe angewiesen - im Bereich der Arzneien auch deshalb, weil die Herstellung aus Kostengründen in der Vergangenheit systematisch ins Ausland verlagert wurde.
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Globalisierung schon vor Corona "angezählt"
Dabei handelt es sich nur um zwei Beispiele. In vielen Bereichen unseres täglichen Lebens verlassen wir uns auf die Funktionsfähigkeit der internationalen Lieferketten. Sie haben viele Vorteile und sorgen dafür, dass Erzeugung da stattfindet, wo sie am besten möglich ist - auch wenn das oft heißt, wo am billigsten produziert wird - und der Absatz dort, wo er am vielversprechendsten ist. Volkswirtschaftlich gesehen ist internationale Arbeitsteilung ein Gewinn - sofern nicht Unvorhergesehenes dazwischen kommt.
Corona hat sich in dieser Hinsicht als GAU erwiesen. Denn die Lieferketten wurden praktisch ohne Vorwarnung und in einem ungeahnten Ausmaß unterbrochen. Es wird einige Zeit dauern, bis sich die Abläufe wieder normalisieren. Dennoch wäre es verfehlt, alleine auf Corona zu schauen. Der Globalisierungs-Motor war schon vorher ins Stottern geraten. Nicht nur wegen Donald Trumps "America First"-Politik, dem amerikanisch-chinesischen Handelskonflikt und der Rückwendung zum Protektionismus. Auch bei uns ist die öffentliche Meinung stark gegen Freihandel eingestellt - erinnert sei an TTIP - und Lieferketten können selbst in Europa gefährdet sein, siehe Brexit.
In den letzten Wochen wurde auch unsere Abhängigkeit von internationalen Lieferketten offensichtlich."
Mehr Vorsorge nötig
Für Deutschland ist diese Entwicklung bedenklich, denn unsere Wirtschaft ist auf den Export - auch außerhalb Europas - angewiesen. Erst die kommenden Monate werden wirklich zeigen, wie sehr unsere Ökonomie durch die Unterbrechung der globalen Lieferketten in Mitleidenschaft gezogen ist. Autarkie anzustreben ist aber keine Option, auch nicht im europäischen Rahmen. Wir sind auf Zulieferung angewiesen, nicht zuletzt die von Rohstoffen.
Die Strategie kann daher nur darauf gerichtet sein, die globale Wirtschaft schnellstmöglich wieder zum Laufen zu bringen und gleichzeitig mehr Vorsorge für künftige "Unfälle" à la Corona zu treffen.