Erstmals hat ein Oberlandesgericht einer Bausparerin Recht gegeben

Neues Urteil gibt Hoffnung Bausparverträge nicht kündbar

Bausparverträge aus Zeiten mit höheren Zinsen werden für Bausparkassen zunehmend zur Last. Einige Institute versuchen daher, sich mit Kündigungen davon zu befreien. Bei rechtlichen Auseinandersetzungen um die Kündigung zogen betroffene Kunden bisher fast immer den Kürzeren. Jetzt hat erstmals ein Oberlandesgericht einer Bausparerin Recht gegeben. Ein Grund zur Hoffnung?

In dem Fall ging es um ein Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Stuttgart. Geklagt hatte eine Bausparerin, die über einen Bausparvertrag mit drei Prozent Verzinsung verfügte, der bereits seit 22 Jahren zuteilungsreif war. Die Bausparkasse - hier Wüstenrot - hatte den Vertrag mit der Begründung gekündigt, dass der eigentliche Zweck des Vereinbarung - der Erhalt des Bauspardarlehens - offensichtlich nicht mehr bestehe. Die Besonderheit im vorliegenden Fall bestand darin, dass die Kundin den Vertrag nicht voll bespart hatte. Von ursprünglich vereinbarten 40.000 DM (rund 20.500 Euro) hatte sie nur etwa 15.000 Euro angesammelt. Wüstenrot nahm das unwidersprochen hin.

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Kündigung - zweifelhafter Fluchtweg aus der Niedrigzinsfalle 

Genau das wurde der Bausparkasse jetzt zum Verhängnis. Wüstenrot hatte sich bei der Kündigung auf eine BGB-Vorschrift  (§ 489 BGB) berufen, nach der Darlehensnehmer bei Darlehen mit Festzinsbindung nach zehn Jahren zur Kündigung berechtigt sind. Als solches wurde der Bausparvertrag interpretiert. Allerdings setzt das BGB-Kündigungsrecht den vollständigen Empfang des Darlehens voraus. Dies war im vorliegenden Fall nicht gegeben, weil die Bausparerin ihren Vertrag nur teilweise bespart hatte. Das Gericht sah auch keine besondere Schutzbedürftigkeit der Bausparkasse, weil sie die unvollständige Vertragserfüllung - ggf. zu ihrem eigenen Vorteil - widerspruchslos akzeptiert hatte. 

Bislang sind rund 200.000 Bausparverträge betroffen, es könnten noch deutlich mehr werden."

Wüstenrot ist längst nicht das einzige Institut, das Bausparverträge massenhaft kündigt. Auch etliche Landesbausparkassen, der Marktführer Schwäbisch Hall und die Badenia haben in den letzten Monaten davon Gebrauch gemacht. Bislang sind rund 200.000 Bausparverträge betroffen, es könnten noch deutlich mehr werden. Angesichts von Zinsen nahe Null machen den Bausparkassen die deutlich höheren Zinszusagen aus der Vergangenheit immer mehr zu schaffen. Bausparer mit solchen Verträgen erzielen Renditen, die kaum eine andere verzinsliche Anlage derzeit bietet. Am Bauspardarlehen besteht dagegen angesichts besserer Angebote am Markt wenig Interesse. 

Erstmals Chance für höchstrichterliche Rechtsprechung 

Es wird abzuwarten bleiben, inwieweit das Urteil des Oberlandesgerichtes Stuttgart Folgen nach sich zieht. Bisher hatten Bausparer bei Klagen gegen Kündigungen fast immer das Nachsehen. Meistens wurden sie sogar ohne Verhandlung wegen Aussichtslosigkeit abgewiesen, was eine Berufung unmöglich machte. Wüstenrot dürfte gegen das Urteil Revision einlegen. Damit eröffnet sich erstmals die Chance einer höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Frage der Bauspar-Kündigungen. Auf das entsprechende Urteil des Bundesgerichtshofes darf man gespannt sein.

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