Stichwort "Target" Bei der Bundesbank schlummern Lasten
Wenn es um Kritik an der Geldpolitik im Euro-Raum geht, stehen in der Regel die EZB-Anleihekäufe im Fokus. Tatsächlich hat die Euro-Notenbank inzwischen einen gigantischen Berg von fast 2,5 Billionen Euro angehäuft. Was kaum betrachtet wird, sind die sogenannten Target-Salden. Hier hat vor allem die Bundesbank ein Problem.
Das Target-System ist eigentlich ein Mechanismus zur Abwicklung von grenzüberschreitenden Zahlungen zwischen Euro-Notenbanken. Diese kommen tagtäglich in großen Summen vor - durch Ex- und Importgeschäfte, Finanztransaktionen und viele andere Vorgänge. Damit erfüllt - vereinfacht gesprochen - Target ähnliche Funktionen wie das private Girokonto.
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Target - ähnlich wie Girokonto mit Dispo
Und wie beim Girokonto üblich, soll der Saldo zwischen Soll- und Habenbuchungen auf den Target-Konten der Euro-Notenbanken eigentlich ausgeglichen sein. In den Anfangsjahren der Währungsunion war das auch der Fall. Im Zuge der Finanzkrise kam es erstmals zum Auseinanderdriften. Deutschlands Konto geriet stärker ins Plus, während vor allem Spanien und Italien größere negative Salden aufwiesen. Mit der Überwindung der Finanzkrise schien sich das Target-System dann wieder in Richtung Ausgeglichenheit zu bewegen.
Doch seit der Euro-Krise 2011 und insbesondere seit Beginn der EZB-Anleihekäufe wird das System immer ungleichgewichtiger. Bei der Bundesbank hat sich mittlerweile ein positiver Target-Saldo von fast einer Billion Euro (976 Milliarden Euro) aufgebaut, andere Länder stehen dagegen tief im Minus - allen voran Spanien (- 393 Milliarden Euro) und Italien (- 465 Milliarden Euro). Bildlich gesprochen, nutzen diese Länder einen Dispo-Kredit, bei dem Deutschland als Kreditgeber fungiert.
Deutschland ist Hauptgläubiger im Target-System
Diese Entwicklung hat unterschiedliche Ursachen. Es sind nicht nur die EZB-Anleihekäufe oder der Handelsbilanzüberschuss Deutschlands im Verhältnis zu seinen europäischen Partnern, die den Haben-Saldo der Bundesbank nach oben treiben. Auch Finanzströme über Grenzen hinweg haben das Target-System aus dem Lot gebracht. Italiener legen ihr Geld angesichts der hohen Verschuldung ihres Landes und politischer Turbulenzen zum Beispiel lieber im "sicheren Hafen" Deutschland an, anstatt zu Hause.
Für die Bundesbank und die Euro-Zone bedeutet die Schieflage des Target-Systems eine Zeitbombe, die irgendwann explodieren könnte."
Was einst als technisches Zahlungssystem gedacht war, hat sich zum verdeckten Finanzierungsinstrument für bestimmte Euro-Staaten entwickelt.
Die Bundesbank - und damit Deutschland - ist der Hauptgläubiger.
Höchste Zeit, dass das hierzulande stärker wahrgenommen wird. Ökonomen befürchten, dass diese Forderung abgeschrieben werden muss.