Erfinder des Value-Investing Benjamin Graham der Lehrer von Warren Buffett
Bis heute gilt der Ökonom und Investor Benjamin Graham als Erfinder der Fundamentalanalyse und des Value-Investing. Von seinen Erkenntnissen hat nicht nur er selbst profitiert. Zahlreiche Schüler haben seine Ratschläge in die Tat umgesetzt. Am erfolgreichsten ist dabei bis heute Warren Buffett gewesen, einer der reichsten Männer der Welt.
Buffett verbindet nach wie vor tiefe Dankbarkeit mit seinem bereits 1976 verstorbenen Mentor. "Für mich war Graham mehr als ein Autor oder Lehrer. Er hat mehr als jeder andere Mann - außer meinem Vater - mein Leben beeinflusst", bekennt der Multi-Milliardär. Grahams Buch "The Intelligent Investor" ist so etwas wie die Bibel für alle Value-Investing-Anhänger geworden. Das schon über eine Million Mal verkaufte Werk erfährt immer wieder Neuauflagen.
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Die zwei Grundannahmen des Value-Investing
Benjamin Graham gehört zu den - nicht so häufig anzutreffenden - Wirtschaftswissenschaftlern, die Praxis und Theorie im "Selbstversuch" miteinander verbunden haben. Denn neben seiner Lehrtätigkeit an der New Yorker Columbia University war er gleichzeitig Mitinhaber der Investment-Firma Graham-Newman Corp. und beteiligte sich selbst am Börsengeschehen. Grahams Lehre fußt auf zwei Grund-Annahmen:
- Es gibt einen "inneren Aktienwert", der sich aus fundamentalen Daten des jeweiligen Unternehmens ableiten lässt. Die Kurse an der Börse stellen letztlich nur Schwankungen um diesen Wert dar, zum dem die Kursentwicklung stets tendiert.
- Börsenkurse spiegeln nicht zu jedem Zeitpunkt den wahren Aktienwert wider. Es kommt häufig zu Über- oder Untertreibungen, die sich aus dem Verhalten der Börsenakteure erklären lassen. Erst im Zeitablauf findet die Kursbildung zum inneren Wert, was durchaus mal länger dauern kann.
Umsetzung in eine Value-Strategie
Aus diesen Prämissen ergibt sich logisch Grahams Investment-Philosophie: orientiere dich am wahren Wert von Aktien und suche am Markt gezielt nach Titeln, die derzeit "unter Wert" gehandelt werden. In diese Aktien sollte man investieren. Es ist nämlich davon auszugehen, dass im Zeitablauf eine Wertaufholung stattfindet. Neben der "normalen" Aktienrendite ist dann mit einem zusätzlichen Plus durch überdurchschnittliche Kursgewinne zu rechnen. So lässt sich eine bessere Performance erzielen als im Marktschnitt - das ist die Grundidee beim Value-Investing oder "wertorientierten Investieren".
Graham gilt als Meister der fundamentalen Aktienanalyse. Dabei spielen für ihn Kennzahlen wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV), die Dividendenrendite, der Verschuldungsgrad und das Gewinnwachstum eine zentrale Rolle. Sie werden nach wie vor von Value-Strategen eingesetzt. Das bedeutet auch: ein Value-Investor muss Bilanzen und Geschäftsberichte lesen und verstehen können. Die wesentlichen Informationen für die Umsetzung der Strategie stammen aus Unternehmenspublikationen, ggf. ergänzt um weitere Berichte und Veröffentlichungen. Dabei versucht man zunehmend auch, zukunftsbezogene Informationen mit in die Analyse einzubeziehen, denn Bilanzdaten oder Kurse beziehen sich naturgemäß immer nur auf die Gegenwart und die Vergangenheit.
Ein Value-Investor muss Bilanzen und Geschäftsberichte lesen und verstehen können.
Graham-Zahlen im Überblick
Basierend auf den wesentlichen Kennzahlen hat Graham selbst einige "Richtgrößen" für Value-Investments abgeleitet, zum Beispiel:
- man sollte nie in Aktien von Unternehmen investieren, die zum mehr als 1,5fachen ihres Buchwertes gehandelt werden;
- das gleiche trifft auf Aktien von Unternehmen zu, bei denen der Kurswert den 15fachen Jahresgewinn überschreitet;
- das "normale" KGV bei Unternehmen (außer bei Wachstums-Werten) liegt etwa bei 8,5. Unterbewertungen können bei einem niedrigeren KGV vermutet werden.
Auf der Basis dieser Aussagen sind durch geeignete Verknüpfungen weitere Kennzahlen wie die "Graham Number" oder die Graham-Formel entwickelt worden. Zum Teil wurde auch noch feiner differenziert. Bei all diesen Richtwerten gilt, dass man sie nicht rein schematisch anwenden darf. Die ermittelten "Messwerte" sind stets zu hinterfragen und auf ihre Investment-Tauglichkeit zu prüfen.
Was macht der Normal-Anleger?
Deshalb ist es für Investment-Laien auch nicht ganz so einfach, das Value-Investing in Eigenregie umzusetzen. Dazu bedarf es schon eines umfassenderen Hintergrundwissens. Das ist aber auch nicht nötig, denn viele Fondsanbieter haben sich wie Benjamin Graham auf Value-Investing ausgerichtet und sehen entsprechende Fonds zur Auswahl vor.
Autor: Lothar Schmidt, ls-finanzcoaching.de