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Finanzlexikon Bestandsprovisionen im Finanzbereich

Bestandsprovisionen sind ein wichtiges, aber oft nicht gut verstandenes Thema im Finanzbereich, insbesondere im Bereich der Finanzberatung und Vermittlung von Finanzprodukten wie Versicherungen, Fonds oder Kapitalanlagen.

Sie spielen eine zentrale Rolle in der Vergütung von Finanzberatern und Vermittlern, und sie haben einen wesentlichen Einfluss auf die langfristigen Kosten und die Rentabilität von Finanzprodukten für den Verbraucher. In diesem Artikel wird detailliert erklärt, was Bestandsprovisionen sind, wie sie funktionieren, welche Vorteile und Nachteile sie für Berater und Kunden haben und welche aktuellen Entwicklungen und Diskussionen in diesem Bereich relevant sind.

Was sind Bestandsprovisionen?

Bestandsprovisionen, auch als Bestandspflegeprovisionen oder laufende Vergütungen bezeichnet, sind wiederkehrende Zahlungen, die ein Finanzberater oder Vermittler für die Betreuung und Verwaltung eines bestehenden Kundenportfolios erhält. Diese Provisionen werden über die gesamte Laufzeit des Finanzprodukts hinweg gezahlt und sollen den Berater für die fortlaufende Betreuung, Beratung und Pflege des Kundenstamms entlohnen.

Provisionen werden in der Regel bei Produkten wie Investmentfonds, Versicherungen, Altersvorsorgeprodukten und bestimmten Arten von Kapitalanlagen gezahlt. Anders als Abschlussprovisionen, die einmalig bei der Vermittlung eines Produkts fällig werden, sind Bestandsprovisionen laufende Zahlungen, die auf Basis des Bestands (also der Vermögenswerte oder Policen) berechnet werden, die ein Berater für einen Kunden betreut.

Wie funktionieren Bestandsprovisionen?

Die genaue Höhe der Bestandsprovision variiert je nach Produkt, Anbieter und Vereinbarung zwischen dem Berater und dem Kunden oder der Vermittlungsgesellschaft. Typischerweise wird die Bestandsprovision als Prozentsatz des verwalteten Vermögens oder der Versicherungssumme berechnet. Im Bereich der Investmentfonds liegt die Bestandsprovision beispielsweise oft zwischen 0,1 % und 1 % des Fondsvolumens pro Jahr.

Beispiel: Ein Berater betreut einen Kunden, der 100.000 Euro in einen Investmentfonds investiert hat. Wenn die Bestandsprovision 0,5 % beträgt, erhält der Berater jährlich 500 Euro, solange der Kunde in diesem Fonds investiert ist.

Diese Bestandsprovision wird in der Regel direkt vom Produktanbieter an den Berater gezahlt und nicht vom Kunden selbst, obwohl die Provision letztlich durch die Gebühren des Produkts – wie Verwaltungskosten bei Fonds – indirekt vom Kunden getragen wird.

Vorteile der Bestandsprovisionen

1. Anreiz für langfristige Kundenbeziehungen

Bestandsprovisionen bieten Finanzberatern einen Anreiz, langfristige Beziehungen mit ihren Kunden aufzubauen und diese kontinuierlich zu betreuen. Da die Provisionen an den Bestand gebunden sind, sind Berater daran interessiert, dass ihre Kunden über lange Zeiträume hinweg in den vermittelten Produkten bleiben. Dies kann zu einer besseren Betreuung und zu einem stärkeren Fokus auf den langfristigen Erfolg der Kunden führen.

2. Laufende Betreuung und Beratung

Die Bestandsprovision soll sicherstellen, dass der Berater den Kunden kontinuierlich berät, das Produkt regelmäßig überprüft und gegebenenfalls Anpassungen vornimmt. Insbesondere in Bereichen wie der Altersvorsorge oder Vermögensverwaltung, bei denen sich die Bedürfnisse des Kunden im Laufe der Zeit ändern können, ist eine laufende Betreuung besonders wichtig.

3. Planbare Einkommensquelle für Berater

Für Berater und Vermittler bieten Bestandsprovisionen eine planbare und kontinuierliche Einkommensquelle, die nicht nur von Neuabschlüssen abhängig ist. Dies kann zu einer stabileren Einkommenssituation führen und den Berater von kurzfristigen Anreizen entlasten, ständig neue Produkte zu verkaufen.

4. Reduzierung der Abhängigkeit von Abschlussprovisionen

In vielen Fällen helfen Bestandsprovisionen dabei, die Abhängigkeit von einmaligen Abschlussprovisionen zu verringern. Dies kann dazu beitragen, dass Berater nicht gezwungen sind, möglichst viele neue Verträge abzuschließen, sondern sich auf die nachhaltige Betreuung bestehender Kunden konzentrieren.

Nachteile der Bestandsprovisionen

1. Intransparenz für Kunden

Ein Hauptkritikpunkt an Bestandsprovisionen ist, dass sie für Kunden oft schwer nachvollziehbar sind. Die Provisionen werden häufig indirekt über die Produktkosten oder die Verwaltungsgebühren eines Fonds abgezogen, ohne dass der Kunde diese Zahlungen direkt sieht. Dies kann dazu führen, dass Kunden die tatsächlichen Kosten ihrer Anlageprodukte unterschätzen und nicht wissen, wie viel sie für die Beratung wirklich zahlen.

2. Keine Garantie für tatsächliche Betreuung

Obwohl Bestandsprovisionen als Anreiz für die laufende Betreuung gedacht sind, gibt es keine Garantie, dass ein Berater den Kunden tatsächlich regelmäßig und umfassend betreut. In der Praxis kann es vorkommen, dass Berater ihre Kunden nach dem Abschluss eines Produkts nicht mehr aktiv betreuen, obwohl sie weiterhin Bestandsprovisionen erhalten. Dies kann zu einem Missverhältnis zwischen den gezahlten Provisionen und der erbrachten Leistung führen.

3. Kostenbelastung für den Kunden

Die laufenden Bestandsprovisionen erhöhen die Gesamtkosten eines Finanzprodukts für den Kunden. Da die Provisionen in den Verwaltungskosten oder anderen Gebühren des Produkts enthalten sind, kann dies die Rendite des Produkts mindern. Kunden sollten sich daher bewusst sein, dass sie langfristig für die Beratung zahlen und dies in ihre Entscheidungen einbeziehen.

4. Interessenkonflikte

Wie bei vielen Provisionsmodellen besteht auch bei Bestandsprovisionen das Risiko von Interessenkonflikten. Ein Berater könnte versucht sein, Produkte zu empfehlen, die höhere Bestandsprovisionen bieten, auch wenn diese nicht unbedingt die besten Optionen für den Kunden sind. Dies kann zu einer Schieflage in der Beratungsqualität führen, wenn der Berater stärker auf seine eigene Vergütung als auf die Interessen des Kunden fokussiert ist.

Aktuelle Diskussionen und Entwicklungen

Für Kunden ist es wichtig, die Auswirkungen von Bestandsprovisionen auf die Gesamtkosten ihrer Anlageprodukte zu verstehen und sich bewusst zu sein, dass diese Provisionen ihre Rendite langfristig beeinflussen können. Eine verstärkte Transparenz und eine sorgfältige Abwägung der Interessen von Beratern und Kunden sind entscheidend, um sicherzustellen, dass die Bestandsprovisionen tatsächlich im Sinne einer nachhaltigen und qualitativ hochwertigen Beratung eingesetzt werden."

In den letzten Jahren sind Bestandsprovisionen vermehrt in den Fokus von Regulierungsbehörden und Verbraucherschutzorganisationen geraten. Die Transparenz und Fairness der Vergütung von Finanzberatern ist ein zentrales Thema in der Debatte über die Qualität der Finanzberatung.

1. MiFID II und Kostentransparenz

Die EU-Richtlinie MiFID II (Markets in Financial Instruments Directive II), die 2018 in Kraft trat, hat unter anderem das Ziel, die Transparenz von Provisionen und Kosten bei Finanzprodukten zu erhöhen. Berater sind nun verpflichtet, ihre Kunden ausführlicher über die anfallenden Kosten, einschließlich der Bestandsprovisionen, zu informieren. Dies soll den Kunden ermöglichen, fundiertere Entscheidungen zu treffen und die tatsächlichen Kosten ihrer Anlagen besser zu verstehen.

2. Provisionsverbot in bestimmten Ländern

In einigen Ländern, wie zum Beispiel in Großbritannien und den Niederlanden, wurden Provisionen, einschließlich Bestandsprovisionen, für die Beratung zu Finanzprodukten ganz oder teilweise verboten. In diesen Ländern müssen Berater stattdessen eine direkte Vergütung von ihren Kunden erhalten, beispielsweise in Form von Honorarberatung. Diese Entwicklung zielt darauf ab, Interessenkonflikte zu reduzieren und die Beratung unabhängiger und transparenter zu gestalten.

3. Verbraucherschutz und Bestandsprovisionen

Verbraucherschutzorganisationen kritisieren oft, dass Bestandsprovisionen den Kunden unnötige Kosten aufbürden und die Beratung nicht immer im besten Interesse des Kunden erfolgt. In Deutschland wird immer wieder diskutiert, ob ein generelles Provisionsverbot, ähnlich wie in Großbritannien, eingeführt werden sollte.

Fazit

Bestandsprovisionen spielen eine zentrale Rolle in der Vergütung von Finanzberatern und Vermittlern und sind ein wesentliches Element bei der Verwaltung von Finanzprodukten wie Fonds und Versicherungen. Sie bieten Vorteile wie eine kontinuierliche Betreuung und eine planbare Einkommensquelle für Berater, aber sie bergen auch Risiken, insbesondere im Hinblick auf Transparenz und potenzielle Interessenkonflikte.

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