EZB, Europäische Zentralbank, Frankfurt

Prof. Sinn über die EZB Der Kapitalismus verkrustet

Der Kapitalismus wäre zum Untergang verurteilt, weil die Profitrate mit zunehmender Entwicklung sinkt, prognostizierte Marx. Trägt die EZB dazu bei, dass Marx Recht behält?

Dieser Frage geht der Ökonom Hans Werner Sinn in einem Artikel der Wochenzeitung DIE ZEIT nach. Der langjährige Präsident des ifo-Institutes für Wirtschaftsforschung sieht die Geldpolitik der EZB kritisch und ist ein strikter Gegner der Vergemeinschaftung von Bankschulden. Diese Politik könnte die wirtschaftliche Basis der EU zerstören. In seinem Zeit-Artikel beschäftigt er sich mit der Kapitalismus-Krisentheorie von Karl Marx und stellt einen Zusammenhang zu den jüngsten Entscheidungen der Europäischen Zentralbank her.

Autorenbox (bitte nicht verändern)

Führen sinkende Renditen den Kapitalismus in die Krise?

Professor Sinn distanziert sich weitgehend von Marx, doch die Marx'sche Krisentheorie könne nach Sinns Auffassung möglicherweise in der Gegenwart relevant sein. Marx prognostizierte vor mehr als einem Jahrhundert, dass die Profitrate mit zunehmender Entwicklung tendenziell sinken werde. Er vermutete, dass das Verhältnis zwischen dem Gewinn, den ein Unternehmer erwirtschaften kann, und dem Kapital, das er dafür aufwenden muss, immer ungünstiger würde. Heute würde man von sinkenden Renditen sprechen. Marx vermutete, dass diese Entwicklung zu einem Investitionsstreik führen müsse, weil sich Investitionen nicht mehr lohnen.

Parallelen zu gegenwärtigen Entwicklungen

Renommierte Volkswirte wie Carl Christian von Weizsäcker oder der ehemalige US-Finanzminister Lawrence Summers sehen heute durchaus das Fehlen attraktiver Investitionsobjekte. Wird Bargeld mit 0 % Zinsen attraktiver als die risikobehaftete Investition in Unternehmen, muss das zur Krise führen. Schon werden Rufe laut, der Staat müsse einspringen, um diese Säkulare Stagnation zu verhindern. Er müsse sich verschulden und die gesamtwirtschaftliche Nachfrage erhöhen. 

Der Kapitalismus wäre zum Untergang verurteilt, weil die Profitrate sinkt."

Säkulare Stagnation als Begründung für die Negativzinspolitik der EZB

Geht es nach einigen Ökonomen, müsse man die Zinsen so stark in den negativen Bereich bringen, dass Investitionen wieder attraktiv werden.

Das würde aber voraussetzen, dass das Bargeld völlig abgeschafft wird oder das Horten von Bargeld möglichst unattraktiv gemacht wird. Bei der EZB treffen solche Ideen auf offene Ohren. 

Erste Reaktionen gibt es bereits:

  • Abschaffung von 500-Euro-Noten
  • Einführung von Negativzinsen für Einlagen bei Nationalbanken

Horten von Bargeld begrenzt den Negativzins

Dass es der EZB in erster Linie um die Rettung hoffnungslos überschuldeter Staaten im Süden Europas geht, wird gern verschwiegen. Große Versicherungen und Banken füllen riesige Tresore, um Negativzinsen zu umgehen. Dieses Geld fehlt aber für die Realisierung innovativer Projekte. Professor Sinn sieht darin eine Verkrustung des Kapitalismus und resümiert: Mit ihrer Politik trägt die EZB dazu bei, dass die Entwicklung zunehmend in Richtung staatlich gesteuerte Wirtschaft treibt.

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