Erneute Aufstockung Die EZB reagiert falsch
Mit einer Ausweitung des Corona-Anleiheaufkaufprogramms der EZB war gerechnet worden. Aber die Aufstockung um weitere 600 Milliarden Euro hat doch manchem Beobachter die Sprache verschlagen. Gigantische 1,35 Billionen Euro will die Euro-Notenbank jetzt zur Bekämpfung der Corona-Folgen in die europäischen Volkswirtschaften pumpen.
Die bereits ultralockere Geldpolitik der EZB erreicht damit nochmals eine neue Dimension. Fast könnte man meinen, es handelt sich um eine bewusste Gegenreaktion auf das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgericht zu den Anleihekäufen. Als ob die Notenbanker damit zeigen wollten, was sie das Urteil kümmert: nämlich nichts.
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Wenig fundiert, verfrüht und überdimensioniert
Auch wenn man nicht dieser Auffassung zuneigt, ist unter Experten durchaus umstritten, ob die dramatisch verstärkte Geldschwemme überhaupt nötig ist. Denn nachdem sich die Corona-Lage entspannt hat, macht sich in der Wirtschaft langsam wieder Optimismus breit und es könnte schneller zu einer Normalisierung der wirtschaftlichen Aktivität kommen als ursprünglich gedacht - auch ohne zusätzliche Geldschwemme.
Tatsächlich ist derzeit noch gar nicht klar wie tief der Sturz durch den Corona-Stillstand wirklich ist, wie lange eine wirtschaftliche Erholung braucht und wann das Niveau vor der Krise wieder erreicht sein wird. Wirtschaftsforscher verzichten derzeit auf Prognosen und arbeiten lieber mit Szenarien, schlicht weil es keine Pandemie-Erfahrungswerte gibt. Die letzte große Pandemie war die Spanische Grippe kurz nach dem Ende des 1. Weltkriegs. Und deren ökonomische Auswirkungen fielen mit den Weltkriegs-Folgen zusammen.
Konnte man die Auflage des Pandemic Emergency Purchase Programme - kurz PEPP - durch die EZB noch als eine sinnvolle Reaktion auf die akute Krisensituation sehen, erscheint die Aufstockung jetzt wenig fundiert, verfrüht und überdimensioniert. Sie wirkt mehr den Erwartungen von Regierungen und Finanzmärkten geschuldet als ökonomisch begründet. Ob die gewaltige Geldvermehrung überhaupt noch einen nützlichen Effekt erzielt, darf bezweifelt werden.
Wirtschaftsforscher verzichten derzeit auf Prognosen und arbeiten lieber mit Szenarien."
Die Liquiditätsfalle - Geldvermehrung ohne Effekt und Rückweg?
Schon der berühmte Ökonom John Maynard Keynes hat das Phänomen der sogenannten Liquiditätsfalle beschrieben. Das ist eine Situation, in der eine expansive Geldpolitik versagt, weil die Wirtschaftssubjekte das viele Geld lieber horten als es sinnvoll zu investieren. Geldmengenerweiterungen verpuffen dann wirkungslos.
Wie irgendwann nochmal der Rückweg auf einen geldpolitischen Normalkurs gelingen soll, wird umso fraglicher, je länger und umfangreicher die Geldvermehrung getrieben wird.