Der Streit um ETFs Geniale Erfindung oder brandgefährlich?
Zwei Welten trafen aufeinander, als Bert Flossbach und Erik Podzuweit sich zum Thema ETFs austauschten. Beide sind Vermögensverwalter mit profunden Erfahrungen - allerdings auch komplett verschiedenen Ansätzen.
Mit Bert Flossbach (56) vertritt einer der erfolgreichsten Vermögensverwalter Deutschlands einen eher konservativen Ansatz, während Erik Podzuweit (36) als Mitgründer der heute größten deutschen Online-Vermögensverwaltung verstärkt auf Indexfonds setzt. Naturgemäß fällt die Bewertung dieser ETFs sehr unterschiedlich aus.
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Zwei Anlagewelten - beide ausgesprochen erfolgreich
Flossbach verkörpert schlechthin das aktive Investieren in ausgewählte und detailliert analysierte Einzelwerte - nur so ließe sich aus seiner Sicht ein Gespür für Risiken und Chancen gewinnen, um nachhaltig erfolgreiche Entscheidungen zu treffen. Das ist aufwendig und kostet Geld. An diesem Punkt hat Podzuweit die Nase vorn, denn ETFs, also passiv den relevanten Indizes nachgebildete Fonds, kommen mit sehr schlanken Gebührenstrukturen aus. Selbst in puncto Rendite können die ETFs im Vergleich zu den meisten aktiv gemanagten Fonds punkten - was nicht zuletzt zum enormen Reichtum von Warren Buffett beigetragen hat.
Als Risiko schätzt Flossbach die Möglichkeit ein, dass sich die Anleger auf ETFs konzentrieren und so eine Art Entmachtung der Aktionäre eines Unternehmens und letztendlich Verwerfungen an den Märkten verursachen könnten. Podzuweit geht an diesem Punkt mit, sieht aber die Wahrscheinlichkeit eines solchen Szenarios als ausgesprochen gering an. Aktuell stecken rund 4.000 Milliarden US-Dollar in ETFs, was als Indiz für die Gefährlichkeit dieses Finanzinstruments gelten könnte - schließlich konzentriert sich dieses Vermögen auf die Unternehmen, die überhaupt in die Indizes aufgenommen wurden. Auf der anderen Seite darf die Macht der Kunden eines Unternehmens nicht unterschätzt werden: Deren Nachfrage entscheidet letztendlich über dessen Entwicklung.
Als Risiko schätzt Flossbach die Möglichkeit ein, dass sich die Anleger auf ETFs konzentrieren und so Verwerfungen an den Märkten verursachen könnten."
ETFs: Pro und Contra halten sich die Waage
ETFs werden ebenso prozyklisch gehandelt wie einzelne Aktien auch - hier sind sich die beiden Vermögensverwalter ebenso einig wie in der Annahme, dass sich Börsen immer bewegen und es bei allen Wertpapieren und Fonds zu Kursausschlägen kommt. Ein weitere Gemeinsamkeit bezieht sich auf den Beratungsbedarf, um die aus den Börsenentwicklungen resultierenden Anlageentscheidungen mit den zuvor in einer Erhebung ermittelten individuellen Risikopräferenzen der Kunden in Einklang zu bringen. Das betrifft sowohl die ETFs als auch die einzelnen Aktien. Insoweit erfordern die passiv gemanagten Indexfonds doch die Aktivität des Vermögensverwalters.
Unter dem Strich lässt sich festhalten, dass ETFs durchaus über das Potenzial verfügen, die Märkte nachhaltig zu beeinflussen. Allerdings unterstützen sie auch die Anlageexperten, die auf der Grundlage detaillierter Analysen ganz anders geartete Investments realisieren und Erfolge erzielen: Sie werden dann nämlich interessant für Anleger, zumal die ETFs in der Folge ebenfalls reagieren müssten.