Sicht von Anlegern Greenwashing-Erkennung
Wie Privatinvestoren und institutionelle Anleger glaubwürdige Nachhaltigkeit erkennen können.
Nachhaltige Geldanlagen sind gefragter denn je. Immer mehr Anleger möchten mit ihrem Kapital nicht nur Rendite erzielen, sondern auch einen positiven Beitrag zu Umwelt, Gesellschaft und verantwortungsvoller Unternehmensführung leisten. Doch mit dem Boom nachhaltiger Investments wächst auch das Risiko des sogenannten Greenwashings – also der irreführenden Darstellung von Finanzprodukten als umwelt- oder sozialverträglich, ohne dass dies tatsächlich der Fall ist. Für Anleger wird es daher immer wichtiger, Greenwashing zu erkennen – und zu vermeiden.
Was Greenwashing im Finanzbereich bedeutet
Greenwashing im Finanzkontext beschreibt die Praxis, Investments als nachhaltig darzustellen, obwohl die zugrundeliegenden Strategien, Portfolios oder Geschäftspraktiken diesen Anspruch nicht rechtfertigen. Dabei kann Greenwashing viele Formen annehmen: von übertriebenen Marketingaussagen über unklare ESG-Kriterien bis hin zu Fonds, die trotz grüner Bezeichnung in kontroverse Unternehmen investieren.
Für Anleger ist das Problem oft schwer zu erkennen, da Nachhaltigkeit kein geschützter Begriff ist und sich selbst scheinbar ähnliche Produkte stark unterscheiden können – sowohl in ihrer Methodik als auch in der tatsächlichen Wirkung.
Auf welche Signale Anleger achten sollten
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Um Greenwashing zu erkennen, hilft ein strukturierter Blick auf Produktinformationen und Anbietertransparenz.
Anleger – ob privat oder institutionell – sollten dabei insbesondere auf folgende Aspekte achten:
- Transparente Nachhaltigkeitsstrategie: Ist nachvollziehbar dokumentiert, nach welchen ESG-Kriterien das Produkt investiert?
- Ausschlusskriterien: Werden bestimmte Branchen oder Geschäftsaktivitäten (z. B. fossile Energie, Waffen, Kinderarbeit) konsequent ausgeschlossen?
- Aktives Engagement: Setzt sich der Fondsanbieter aktiv mit Unternehmen auseinander, etwa durch Stimmrechtsausübung oder Dialog zur Verbesserung von ESG-Praktiken?
- Unabhängige Ratings und Siegel: Wird das Produkt von vertrauenswürdigen Stellen wie Morningstar ESG, ISS ESG oder FNG bewertet?
Ein Produkt, das lediglich behauptet, „nachhaltig“ zu sein, ohne diese Behauptung mit konkreten Methoden, Beispielen oder Berichten zu untermauern, ist besonders kritisch zu betrachten.
Die Rolle der Fondsdokumente und ESG-Berichte
Anleger sollten nicht allein auf Broschüren und Werbeanzeigen vertrauen. Entscheidend sind die offiziellen Dokumente wie der Verkaufsprospekt, der Jahresbericht oder spezielle ESG-Berichte. Seriöse Anbieter legen dort offen, wie die ESG-Kriterien konkret angewendet werden, welche Titelauswahl erfolgt und welche Kontroversen es gegebenenfalls im Portfolio gibt.
Auch Informationen über die Stimmrechtsausübung (Voting Policy) und die Häufigkeit von Dialogmaßnahmen mit Unternehmen geben Aufschluss darüber, ob Nachhaltigkeit tatsächlich aktiv betrieben wird oder nur eine Etikette darstellt.
Artikel 8 und 9 sind kein Freibrief
Greenwashing lässt sich nicht immer auf den ersten Blick erkennen – doch wer sich Zeit nimmt, über Schlagworte hinauszublicken, kann die Spreu vom Weizen trennen. Transparenz, klare Ausschlusskriterien, aktives Engagement und die inhaltliche Konsistenz zwischen Anspruch und Portfolio sind die besten Indikatoren für glaubwürdige Nachhaltigkeit."
Die EU-Offenlegungsverordnung (SFDR) unterscheidet Fonds unter anderem in Artikel-6-, Artikel-8- und Artikel-9-Produkte. Während Artikel-8-Fonds ökologische oder soziale Merkmale fördern und Artikel-9-Produkte nachhaltige Investitionsziele verfolgen, bedeutet diese Klassifizierung nicht automatisch, dass Greenwashing ausgeschlossen ist.
Denn die Einstufung erfolgt durch die Anbieter selbst – auch wenn neue Leitlinien der europäischen Aufsicht (z. B. durch ESMA) für strengere Anforderungen sorgen. Anleger sollten daher stets prüfen, ob die Nachhaltigkeitsansprüche mit der tatsächlichen Portfoliozusammensetzung übereinstimmen.
Vorsicht bei reinen Umbenennungen
Ein häufiges Greenwashing-Signal ist die nachträgliche Umbenennung eines bestehenden Fonds in ein nachhaltiges Produkt – ohne substanzielle Änderung der Anlagestrategie. Wenn etwa ein klassischer Aktienfonds plötzlich als „Global Sustainable Equity Fund“ firmiert, sollte geprüft werden, ob auch tatsächlich neue ESG-Kriterien eingeführt wurden – oder nur das Label gewechselt wurde.
Solche kosmetischen Veränderungen lassen sich meist schnell durch Vergleich der alten und neuen Fondsdokumente aufdecken.
Fazit: Auf Substanz statt auf Etikett achten
Greenwashing lässt sich nicht immer auf den ersten Blick erkennen – doch wer sich Zeit nimmt, über Schlagworte hinauszublicken, kann die Spreu vom Weizen trennen. Transparenz, klare Ausschlusskriterien, aktives Engagement und die inhaltliche Konsistenz zwischen Anspruch und Portfolio sind die besten Indikatoren für glaubwürdige Nachhaltigkeit.
Anleger, die mit nachhaltigen Investments Wirkung erzielen wollen, sollten sich nicht allein auf Marketingversprechen verlassen, sondern kritisch fragen: Ist das, was grün aussieht, auch wirklich grün gedacht und gemacht? Nur so lässt sich Greenwashing vermeiden – und der Beitrag zu einer nachhaltigeren Wirtschaft tatsächlich leisten.

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