Finanzlexikon Grunderwerbsteuer: Kostenfaktor
Wer in Deutschland ein Grundstück, ein Haus oder eine Wohnung kauft, kommt an ihr nicht vorbei: der Grunderwerbsteuer. Sie zählt zu den sogenannten Verkehrsteuern und wird fällig, sobald ein Rechtsgeschäft abgeschlossen wird, das auf den Erwerb von inländischem Grundbesitz abzielt.
Für Käufer ist die Grunderwerbsteuer ein nicht zu unterschätzender Kostenfaktor. Denn sie fällt zusätzlich zum eigentlichen Kaufpreis an und muss aus Eigenmitteln bezahlt werden – sie kann nicht über eine klassische Baufinanzierung mitfinanziert werden. Angesichts teils stark steigender Immobilienpreise hat sich die Steuer in den letzten Jahren zur politisch diskutierten Belastung entwickelt, insbesondere für Familien und Erstkäufer.
Rechtliche Grundlage und Erhebung
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Die Grunderwerbsteuer ist in Deutschland gesetzlich geregelt durch das Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG). Zuständig für die Erhebung sind die Bundesländer, wodurch auch die Höhe der Steuer länderspezifisch unterschiedlich ausfällt.
Grundsätzlich gilt:
- Die Steuer wird fällig beim Kauf eines Grundstücks oder einer Immobilie.
- Bemessungsgrundlage ist in der Regel der Kaufpreis des Grundstücks oder der Immobilie.
- Die Steuer entsteht mit dem Abschluss des notariellen Kaufvertrags.
- Die Zahlungspflicht betrifft in erster Linie den Käufer, in Ausnahmefällen haften beide Vertragsparteien gesamtschuldnerisch.
- Ohne Nachweis der Zahlung stellt das Finanzamt keine Unbedenklichkeitsbescheinigung aus – eine Voraussetzung für die Eintragung ins Grundbuch.
Unterschiede nach Bundesland: Der Steuerdschungel im Föderalismus
Seit der Föderalismusreform 2006 dürfen die Bundesländer den Steuersatz selbst festlegen. Das führt zu einer uneinheitlichen Lage:
- Während in Bayern und Sachsen ein Satz von 3,5 % gilt, beträgt die Steuer in Bundesländern wie Brandenburg, Nordrhein-Westfalen oder Schleswig-Holstein bis zu 6,5 %.
- Diese Unterschiede führen bei höheren Kaufpreisen zu erheblichen Differenzen in der Steuerlast – teils im fünfstelligen Bereich.
- Die unterschiedlichen Steuersätze sind regelmäßig Gegenstand politischer Debatten, da sie regionale Kaufkraftverzerrungen begünstigen oder dämpfen können.
Beispiel: Wer ein Haus für 500.000 Euro kauft, zahlt in Bayern 17.500 Euro Grunderwerbsteuer – in NRW hingegen 32.500 Euro.
Relevanz beim Immobilienkauf: Keine Nebensache
Die Grunderwerbsteuer zählt zu den sogenannten Kaufnebenkosten, die beim Immobilienerwerb anfallen. Gemeinsam mit Notar-, Grundbuch- und ggf. Maklerkosten summieren sie sich schnell auf 10 bis 15 % des Kaufpreises. Gerade für private Käufer ist das ein erheblicher Kapitalbedarf, der häufig nicht durch Kredite gedeckt werden kann.
Deshalb gilt:
- Die Grunderwerbsteuer muss in der Finanzplanung berücksichtigt werden.
- Eigenkapitalbedarf steigt entsprechend.
- In manchen Fällen kann eine sorgfältige Vertragsgestaltung (z. B. separate Verrechnung beweglicher Güter wie Einbauküchen) die Steuerlast geringfügig reduzieren – rechtssicher nur mit notarieller Unterstützung.
Ausnahmen und Sonderregelungen
Die Grunderwerbsteuer ist kein Randthema, sondern muss fest in die Finanzierung und Kalkulation eingeplant werden. Gleichzeitig bleibt sie ein Hebel, über den Politik Einfluss auf Eigentumsbildung, Immobilienmärkte und soziale Gerechtigkeit nehmen kann – und vermutlich auch weiterhin nehmen wird."
Nicht jeder Eigentumswechsel löst automatisch eine Grunderwerbsteuer aus. Es gibt verschiedene Ausnahmen und Befreiungstatbestände, etwa:
- Schenkungen und Erbschaften sind von der Grunderwerbsteuer befreit – sie unterliegen stattdessen der Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer.
- Verkäufe zwischen engen Verwandten (z. B. Ehegatten, Kinder, Eltern) sind steuerfrei.
- Gesellschaftsinterne Umstrukturierungen können unter bestimmten Bedingungen von der Steuer befreit sein – oft bei Kapitalgesellschaften oder Personengesellschaften mit Beteiligungsgrenzen.
Außerdem diskutiert die Politik regelmäßig über Erleichterungen für Erstkäufer, insbesondere junge Familien. Vorschläge reichen von Steuerfreibeträgen bis hin zu vollständigen Befreiungen bei bestimmten Voraussetzungen – allerdings fehlt es bislang an bundeseinheitlichen Regelungen.
Kritik und Reformdebatten
Die Grunderwerbsteuer gerät zunehmend in die Kritik – sowohl aus sozialpolitischer, als auch aus wirtschaftlicher Perspektive:
- Sie stellt eine Hürde beim Eigentumserwerb dar – besonders für junge Menschen und Durchschnittsverdiener.
- Sie wirkt preistreibend, da sie Investitionen in Wohnimmobilien verteuert.
- Für institutionelle Investoren bieten sich Schlupflöcher, etwa durch sogenannte „Share Deals“, bei denen nicht das Grundstück, sondern Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft übertragen werden. Diese Transaktionen unterlagen lange Zeit nicht der vollen Steuerpflicht – ein Kritikpunkt mit Reformbedarf.
Obwohl bereits gesetzliche Nachbesserungen diskutiert und teilweise umgesetzt wurden (z. B. niedrigere Schwellenwerte für Share Deals), bleibt die Grunderwerbsteuer ein politisch umkämpftes Feld – zwischen Haushaltsinteressen der Länder und dem Wunsch nach mehr Wohneigentum.
Fazit: Grunderwerbsteuer – eine Pflicht mit politischer Sprengkraft
Die Grunderwerbsteuer ist ein unverzichtbares Finanzierungsinstrument der Bundesländer, aber auch ein belastender Kostenfaktor für Immobilienkäufer. Ihre Höhe ist regional unterschiedlich, schwer kalkulierbar und oft Gegenstand politischer Auseinandersetzungen.
Erst der Mensch, dann das Geschäft