Die Aufwertung des Euro ist für den Euro-Raum schmerzlich

Devisenbeziehungen Ist der Euro wirklich so stark?

Fachleute erwarten, dass sich die Aufwertung des Euro in den kommenden Monaten weiter fortsetzen wird. Das liegt jedoch nicht an der Stärke des Euro, sondern an der Dollar-Schwäche.

Noch drastischer schätzt Stephen Roach die Lage ein. Der ehemalige Chefvolkswirt von Morgan Stanley befürchtet sogar einen Crash des US-Dollars. Seine Begründung für diese pessimistische Prognose: Von  Februar bis Juni 2020 wuchs das Defizit der außenwirtschaftlichen Leistungsbilanz von 2,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) auf 3,5 Prozent. Das ist der höchste Wert seit 2008. Das heißt, in den USA wird mehr verbraucht als produziert. Die fehlenden Güter müssen aus dem Ausland eingeführt werden.

Fiskalpolitische Entscheidungen der US-Regierung stützen die Inlandsnachfrage

Zu dieser Entwicklung haben die Regierenden mit ihren Entscheidungen wesentlich beigetragen. Die Ankurbelung der Nachfrage funktionierte wie gewünscht. Die Amerikaner nutzten die staatlichen Gelder und konsumierten. Finanziert wurden die Beihilfen überwiegend mit dem Ankauf von Anleihen durch die US-Notenbank. Ein beachtlicher Teil der Gelder floss jedoch ins Ausland, weil die Nachfrage an Waren und Dienstleistern von amerikanischen Firmen nicht in vollem Umfang bedient werden konnte. Das Resultat: der US-Dollar schwächelt.

Euro erscheint stärker als er tatsächlich ist

Mit ihrer Vorgehensweise in den Krisenmonaten befinden sich die Verantwortlichen der Vereinigten Staaten jedoch in guter Gesellschaft. In der Europäischen Union wurden ebenfalls in großem Stil Anleihen gekauft. Diese wurden weitgehend von der EZB finanziert. Nach Recherche des "The Economist" stieg das Defizit im Zeitraum Februar bis September 2020 von 0,9 Prozent des BIP auf 9,2 Prozent an. Gleichzeitig sank der Überschuss in der Leistungsbilanz von 3,2 Prozent auf 2,3 Prozent des BIP. Die Verschlechterung der Leistungsbilanz im Euroraum ist also fast vergleichbar mit der der USA.

In den USA wird mehr verbraucht als produziert."

Entwicklung der Wechselkurse

Die Defizite in den Handelsbilanzen spiegeln unter anderem die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der Handelspartner wider. Eine Abwertung des US-Dollar allein würde nicht ausreichen, um diese wieder herzustellen. Weitere wichtige Faktoren, die bei der Festsetzung von Wechselkursen eine Rolle spielen, sind die Erwartungen für die Entwicklungen an den Aktienmärkten und die Zinsprognosen.

Die Aufwertung des Euro ist für den Euro-Raum schmerzlich. Gegen einen Dollar-Crash würde sich die EZB mit allen Mitteln stemmen.

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