Für den Wahlsieg Trumps hatte man starke Verunsicherung erwartet

Trump löst merkwürdige Mechanismen aus Kaufen auf Gerücht

Viele Finanzmarkt-Experten wurden vom Wahlsieg Donald Trumps gleich in doppelter Weise überrascht. Zum einen waren die meisten Beobachter von einem Sieg Hillary Clintons ausgegangen, zum anderen hatte wohl kaum jemand mit der anschließenden Kurs-Rallye an den Finanzmärkten gerechnet.

Für den - für unwahrscheinlich gehaltenen - Wahlsieg Trumps hatte man starke Verunsicherung erwartet. Einbrechende Aktienkurse, steigende Goldpreise und ein schwacher Dollar waren für diesen Fall prognostiziert worden. Genau das Gegenteil ist eingetreten. Der US-Aktienmarkt erlebt fast täglich neue Rekorde, der Dollar hat gegenüber anderen Währungen deutlich zugelegt und der Goldpreis befindet sich auf Talfahrt. Und die Szenarien, mit denen Experten noch gestern hantierten, scheinen wie aus ferner Vergangenheit.

Stimmungshoch ohne Fakten-Basis 

Einstweilen ist das Stimmungshoch, das vor allem die US-Finanzmärkte kennzeichnet, mehr durch Hoffnungen geprägt als durch Fakten. Noch ist der neue Präsident nicht im Amt und von seinem wirtschaftspolitischen Programm ist nicht mehr bekannt als seine - keineswegs konsistenten - Aussagen im Wahlkampf. Demnach will Donald Trump ein großes Infrastrukturprogramm in Gang setzen, um Arbeitsplätze gerade für diejenigen zu schaffen, die ihm zum Wahlsieg verholfen haben. 

Ferner hat er Steuererleichterungen in Aussicht gestellt, ohne allerdings bisher konkret geworden zu sein. Wenn Trump diesem Kurs folgt, dann ließen sich die geplanten Mehrausgaben nur mit Schulden finanzieren. Auch ein stärkerer Protektionismus sowie ein Abbau von Regulierung werden erwartet. Die Ankündigung, das pazifische Freihandelsabkommen TTIP auf Eis legen zu wollen, ist bisher eine der wenigen griffigen Maßnahmen - alles andere bleibt erst einmal Gerücht. 

Make America great again - wirklich? 

Dennoch scheint das die US-Finanzmärkte nicht zu stören. Beflügelt von Trumps Mantra "Make America great again" überschlägt sich die Hochstimmung dort geradezu. Dabei sind Zweifel durchaus angebracht. Sie betreffen zum einen die Frage, ob Trump tatsächlich seine Ankündigungen aus dem Wahlkampf wahr macht. Bei einigen seiner gewagten Aussagen in anderen Bereichen zeigt er sich zumindest inzwischen vorsichtiger. 

Eine gesunde Skepsis und Abwarten, was wirklich geschieht, dürfte derzeit das Beste sein."

Zum anderen steht noch gar nicht fest, ob eine Umsetzung - wie angekündigt - tatsächlich nachhaltig förderlich für die USA wäre. Schuldenfinanzierte Ausgabenprogramme können ein Konjunktur-(Stroh)feuer entfachen, schränken aber langfristig staatliche Handlungsspielräume ein. Auch stärkerer Protektionismus schützt zwar zunächst die heimische Wirtschaft, ist aber kein Beitrag zu mehr Wettbewerbsfähigkeit. Da die Arbeitslosigkeit in den USA ohnehin schon niedrig ist, könnte ein zusätzlicher staatlicher Nachfrageschub auch die Inflation anheizen. 

Einstweilen ist das alles Spekulation. Das gilt auch für die Experten-Prognosen, die jetzt so anders aussehen als noch vor kurzer Zeit. Eine gesunde Skepsis und Abwarten, was wirklich geschieht, dürfte derzeit das Beste sein.

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