Das Parlament in Brüssel, Geburtsstätte des Solvency II

Erstmals gelten neue Regeln Lebensversicherer müssen ihre wahre Lage benennen

Unerfreuliche Post haben etliche Lebensversicherer zuletzt erhalten. Absender ist die BaFin, die die Unternehmen ab sofort genauer in den Blick nehmen will. Der Grund dafür sind Probleme bei der Erfüllung seit Jahresbeginn geltenden Solvency II-Vorgaben.

Solvency II ist ein grundlegendes EU-Reformwerk zur Neugestaltung des Versicherungsaufsichtsrechts. Es soll dafür sorgen, dass die Versicherungen künftig noch stabiler und krisenfester sind. Ein Schwerpunkt der Regelungen bezieht sich auf die sogenannte Solvabilität - die Fähigkeit, bestehende Risiken mit Eigenkapital abzudecken. Solvency II hat die Solvabilitätsvorschriften für die Versicherungen verschärft. Im Schnitt muss künftig deutlich mehr Eigenkapital vorgehalten werden, um den Vorgaben der Versicherungsaufsicht zu genügen. 

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Solvency II wird zum Problem 

Dass Solvency II für manchen Lebensversicherer zum Problem wird, überrascht nicht unbedingt. Eigenkapital lässt sich nur dann ohne Schwierigkeiten aufbringen, wenn die Ertragslage gut ist. Das ist eine betriebswirtschaftliche Binsenweisheit. Doch daran hapert es bei den Versicherern. Seit die Zinsen immer weiter sinken, während nach wie vor hohe Zinsgarantien aus der Vergangenheit zu erfüllen sind, schmelzen die Erträge dahin wie der Schnee in der Sonne. Ein Ende dieses  Prozesses ist erst einmal nicht absehbar und ein durchgreifendes Gegenrezept fehlt ebenfalls. 

Etwa die Hälfte der 90 Lebensversicherer in Deutschland können die Solvency II-Vorgaben nicht ohne weiteres erfüllen."

Zwar ist aktuell kein Lebensversicherer akut gefährdet, denn der Gesetzgeber hat lange Übergangsfristen für die Einhaltung der Solvency II-Vorschriften vorgesehen. Sechzehn Jahre lang können die Unternehmen Erleichterungen nutzen, um die zentrale Kennzahl - Solvency Capital Requirement (SCR), zu deutsch: Solvabilitätskapitalanforderung - zu erfüllen. Die SCR muss bei mindestens 100 Prozent liegen. Mit den zur Verfügung gestellten "Hilfskrücken" gelingt das derzeit jedem Versicherer. Aber die BaFin schaut sich genau an, wer die Vorgaben aus eigener Kraft erfüllt und wer Erleichterungen in Anspruch nehmen muss. Wo Zweifel an der künftigen Einhaltung der Vorschriften bestehen, will die Versicherungsaufsicht eine enge Begleitung durchführen. Die besteht u.a. in einem alle drei Monate abzugebenden Fortschrittsbericht zu den Anstrengungen für mehr Solvabilität. Ein gefordertes Wirtschaftsprüfertestat soll dabei dafür sorgen, dass die Berichte keine "Mogelpackung" sind. 

Höchste Zeit, über Alternativen nachzudenken 

Naturgemäß hüllt sich die Branche in Schweigen darüber, wer mit Solvency II Probleme hat und von der BaFIN eng begleitet wird. Dem Vernehmen nach soll etwa die Hälfte der 90 Lebensversicherer in Deutschland die Solvency II-Vorgaben nicht ohne weiteres erfüllen. 20 Unternehmen sollen sich bereits in der engen Begleitung befinden. Für das Produkt Lebensversicherung ist das sicher kein Verkaufsargument. Zusätzlich zu den immer geringer werdenden Renditen kommt jetzt noch die Sorge um die Solvabilität. Sicherheit sieht anders aus. Höchste Zeit, über Alternativen nachzudenken.

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