Die EZB hat die Zinsschraube weiter nach unten gedreht

Konkrete Auswirkungen für Verbraucher Leitzins Null und Strafzinsen

Mit einem Leitzins von Null und noch höheren Strafzinsen für Banken hat die EZB mit ihren jüngsten Maßnahmen die Zinsschraube ein weiteres Mal nach unten gedreht. Viele Verbraucher stellen sich daher die Frage, was die Zinsentscheidung konkret für sie bedeutet. Ich versuche eine Antwort.

Grundsätzlich gilt, dass die erneute Zinsabsenkung sich nicht unmittelbar auswirken wird. Die EZB-Maßnahmen treffen zunächst nur die Finanzindustrie direkt. Banken und Versicherungen sind allerdings dadurch gezwungen, ihre Konditionenpolitik zu überdenken und Anpassungen vorzunehmen. Über diesen Umweg werden auch Verbraucher die Maßnahmen spüren. Auf den Finanzmärkten wird die Zinsentscheidung ebenfalls Effekte auslösen, die sich wiederum in den Wertpapierrenditen niederschlagen. Nachfolgend ein Überblick über mögliche Auswirkungen:

1. Renditen bei Investmentfonds belastet

Geldmarktfonds und kurzfristig orientierte Rentenfonds werden unter der Zinssenkung leiden. Die ohnehin niedrigen Renditen in diesem Segment könnten nochmals sinken. Generell belastet werden auch die Liquiditätsreserven der Fonds, die zum Teil bereits jetzt negativ verzinst werden. 

2. Druck auf Lebensversicherer verschärft sich

Lebensversicherer haben es schon heute schwer. Der Leitzins von Null und höhere Strafzinsen belasten die Erzielung von Erträgen zusätzlich. Die Versicherungen sind überdies in ihrer Anlagepolitik beschränkt und auf rentierliche sichere Anlageformen angewiesen. Die gibt es am Markt immer weniger. Die Lebensversicherung als klassisches Vorsorgeprodukt dürfte damit noch unattraktiver werden als bisher. Für bestehende Lebens- und Rentenversicherungen bedeutet dies weniger Schutz und Vorsorge, da es zu niedrigeren Kapital- und Rentenauszahlungen führen wird. 

3. Auch Krankenkassen leiden

Krankenkassen und private Krankenversicherungen stehen bei ihren Anlagen vor ähnlichen Problemen wie Lebensversicherer. Auch hier wird die EZB-Zinsentscheidung den Anlageerfolg zusätzlich beeinträchtigen. Dies kann negative Einflüsse auf die Beiträge der Versicherten haben, auch wenn andere Faktoren - insbesondere die Entwicklung der Gesundheitskosten - stärker wirken dürften. 

4. Bankeinlagen noch weniger rentierlich

Die Zinsen beim Sparbuch, Tagesgeld oder Termineinlagen könnten - obwohl schon nahe Null - nochmals etwas nachgeben, Negativzinsen im Privatkundengeschäft werden aus Wettbewerbsgründen dennoch wohl die Ausnahme bleiben. Dafür dürften viele Banken höhere Gebühren verlangen, um quasi "durch die Hintertür" Ertragsverluste auszugleichen. Die Dispozinsen als wichtige Ertragsquelle werden sich dagegen - wie in der Vergangenheit - weitgehend resistent gegen die Zinssenkung zeigen. 

Die EZB-Maßnahmen treffen zunächst nur die Finanzindustrie direkt.

5. Aktien können profitieren 

Die Aktienmärkte erhalten durch die intensivierte Politik des billigen Geldes nochmals einen positiven Impuls durch die EZB. Inwieweit der angesichts der momentanen Unsicherheiten kurzfristig durchschlagen wird, bleibt abzuwarten. Auf lange Sicht bieten der Leitzins von Null und Strafzinsen auf jeden Fall Argumente für Aktien-Investment.

6. Anleihen erwirtschaften Kursgewinne - bergen aber Risiken

Anleihen erzielen durch den Zinskonpon und der Kursveränderung einen Ertrag. Aufgrund des auf Null gesunkenen Leitzinses werden tendenziell die Kurse bestehender Anleihen kurzfristig steigen. Anders im Falle eines Zinsanstieges, dann werden die Kurse sinken und dem Anleger Verluste bescheren. Hier ist ein flexibles Anleihemanagement unerlässlich.

7. Baufinanzierungen bleiben historisch günstig 

Die Zinsen für Hypothekenkredite könnten noch mal etwas sinken. Allerdings ist der Spielraum für weitere Bewegungen schon jetzt gering. Negativzinsen bei Baufinanzierungen dürften trotz der Zinssituation ein Wunschtraum bleiben.

Fazit:

Auf der einen Seite belebt ein Leitzins von Null die Wirtschaft, Staaten werden bei der Rückführung ihrer Verschuldung unterstützt und dem Szenario einer drohenden Deflation wird entgegengewirkt. Auf der anderen Seite hat die "Politik des billigen Geldes" umfassende Auswirkungen in viele Lebensbereiche der Unternehmen und privaten Haushalte. 

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