§ 314 VAG Rettung von Versicherungen zulasten der Kunden!
Das Instrument wurde geschaffen, um einst theoretische Risiken für die Lebens- und Rentenversicherungen zu begrenzen - nun scheinen diese Wirklichkeit zu werden: Alt-Verträge können nach § 314 VVG zunehmend beschnitten werden.
Die extremen Niedrigzinsen, die nun schon seit Jahren als geldpolitisches Instrument der EZB verhängt werden, machen den Versicherungsgesellschaften zu schaffen: Die in den Alt-Verträgen garantierte Verzinsung von 3,5 bis 4,0 Prozent lässt sich mit den gängigen Geldanlagen nicht mehr erwirtschaften. Immer mehr Gesellschaften greifen daher auf ein Sicherheitsnetz zurück, das im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) verankert ist.
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Das enorme Potenzial eines Paragrafen im VVG
Die gesetzliche Regelung ist nicht grundsätzlich neu. Bereits im Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) war im § 89 die Möglichkeit für die Versicherungsgesellschaften verankert, in einer extremen Situation Leistungen zu kürzen oder ganz einzustellen. Die Umsetzung der EU-Richtlinie 2009/138/EG erforderte eine Neuordnung, die zum 1. Januar 2016 mit dem § 314 im Versicherungsvertragsgesetz realisiert wurde - am Inhalt hat sich deswegen nichts geändert.
Die Rahmenbedingungen sind für die Inhaber von Lebens- oder Rentenversicherungen in Deutschland de facto geblieben. Auch schon in früheren Zeiten verloren sie ihr sicher geglaubtes Vermögen in Notsituationen, beispielsweise im Zuge einer Währungsreform. Allerdings ist dieser Paragraf kaum bekannt, dürfte aber in den nächsten Wochen verstärkt in den Fokus rücken: Einige der renommierten Lebens- und Rentenversicherer kündigen an, ihre Bestände neu ordnen oder gar abstoßen zu wollen. Die Branche kämpft mit den Herausforderungen, für die Versicherten könnte dies zu gravierenden Lücken in der Altersversorgung führen.
Gerät eine Gesellschaft in Schieflage, wird sie Leistungen kürzen müssen - das Geschäftsmodell ist ganz einfach nicht mehr tragfähig."
Rettung der Versicherungsgesellschaften hat Priorität
Die dramatische Entwicklung zeichnet sich bereits seit Jahren ab, die Lebensversicherer haben ihre Garantiezinsen sukzessive gesenkt: 2017 werden nur noch 0,9 Prozent angeboten, im Jahr 2006 waren es noch 2,75 Prozent. Allerdings leiden die Gesellschaften an den Zahlungsverpflichtungen aus den Alt-Verträgen, die nun nicht mehr sicher sind. Der Staat wird an dieser Stelle immer die Interessen der Versicherungsgesellschaften verfolgen, da diese Staatsanleihen in Größenordnungen abnehmen - und somit die Finanzierung öffentlicher Belange sicherstellen. Die Versicherungskunden können von dieser Seite also kaum auf Unterstützung hoffen.
Da einerseits die hohen garantierten Verzinsungen aus den Alt-Verträgen gar nicht am Kapitalmarkt generiert werden können, andererseits aber auch enorme Verwaltungskosten finanziert werden müssen, wird der Handlungsbedarf klar: Gerät eine Gesellschaft in Schieflage, wird sie Leistungen kürzen müssen - das Geschäftsmodell ist ganz einfach nicht mehr tragfähig. Der § 314 VVG räumt alle notwendigen Möglichkeiten ein, es ist also nur eine Frage der Zeit. Versicherte sollten daher ihre Verträge kritisch analysieren und bei Bedarf mithilfe eines seriösen Beraters Alternativen für das Vermögen suchen.