Lebensversicherer missachten BGH-Urteil Rückabwicklung wird abgelehnt
Die vorzeitige Kündigung einer Lebensversicherung ist meist ein Verlustgeschäft für die Versicherungsnehmer. Die bessere Alternative kann ein nachträglicher Widerruf des Vertrags sein - wenn er denn möglich ist. Doch trotz entsprechender BGH-Urteile stellt sich mancher Lebensversicherer bei der Rückabwicklung quer.
Im Normalfall kann eine Lebensversicherung bis 30 Tage nach Vertragsabschluss widerrufen werden. Früher (vor dem 8.12.2004) galt sogar nur eine vierzehntägige Widerrufsfrist. Nach Ablauf der Frist ist kein Widerruf mehr möglich. Davon gibt es nur eine wichtige Ausnahme: war die Widerrufsbelehrung durch den Lebensversicherer unvollständig, fehlerhaft, zu unscheinbar oder fehlte sie ganz, ist auch noch später ein Widerruf möglich - und zwar ohne zeitliche Beschränkung. Das hat der BGH in mehreren Urteilen im Jahre 2014 so entschieden.
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Rückabwicklung bei wirksamem Widerruf
Im Falle des erfolgreichen Widerrufs muss der Vertrag rückabgewickelt werden. Das heißt, der Versicherungsnehmer ist so zu stellen, als ob die Versicherung gar nicht abgeschlossen worden wäre. Das ist fast immer vorteilhafter als die Kündigung oder der Verkauf der Lebensversicherung, wo wegen der hohen Abschlusskosten beträchtliche Abschläge hinzunehmen sind. Gerade angesichts der herrschenden Niedrigzinsen und der schlechten Performance vieler Policen bereuen heute viele Versicherungskunden ihre Lebensversicherung und würden sich gerne davon lösen.
Gute Chancen auf nachträglichen Widerruf haben Versicherungsnehmer, die Verträge zwischen dem 29. Juli 1994 und dem 31. Dezember 2007 abgeschlossen haben. Hier waren zahlreiche Widerrufsbelehrungen aufgrund veränderter Rechtslage nicht korrekt - mit der Folge, dass das Recht zum Widerruf weiter läuft. Nach Schätzungen des Bundes der Versicherten könnten bis zu 60 Prozent der Verträge aus diesem Zeitraum betroffen sein.
Lebensversicherer kontern mit fadenscheinigen Argumenten
Wenn Sie eine solche Police besitzen und vom Widerruf Gebrauch machen wollen, müssen Sie allerdings mit Widerstand rechnen. Denn mancher Lebensversicherer wehrt sich mit spitzfindigen juristischen Argumenten gegen die Rückabwicklung. Einige Unternehmen haben gegen die BGH-Entscheidungen Verfassungsbeschwerde eingelegt. Unter Verweis auf die vermeintlich noch ausstehende höchstrichterliche Klärung der Rechtslage wird die Rückabwicklung erst einmal "zurückgestellt". Dabei steht die Verfassungsbeschwerde auf wackligen Füßen - der Marktführer Allianz hat seine Beschwerde sogar mittlerweile zurückgezogen - und auch die Entscheidungen des BGH sind "höchstrichterlich".
War die Widerrufsbelehrung durch den Lebensversicherer vollständig?"
Einstweilen haben Sie als Versicherungsnehmer jedenfalls nur die Möglichkeit, rechtlich gegen den Lebensversicherer vorzugehen, wenn er sich bei der Rückabwicklung querstellt. Eine kostengünstige Option ist die Beschwerde beim Ombudsmann für Versicherungen. Sollte das nichts fruchten, bleibt Ihnen nur der Klageweg. Wie Sie sich auch entscheiden, Sie sollten sich auf jeden Fall kompetent juristisch beraten und vertreten lassen - eine Investition, die sich für Sie rechnen kann.
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