Die Debitkarte hat das Bargeld als bevorzugte Zahlungsmethode überholt

Ende einer Ära Schweizer zahlen lieber digital

Die Schweiz galt lange als Hochburg des Bargelds – nicht nur im internationalen Vergleich, sondern auch im europäischen Kontext. Kaum ein anderes Land verband mit Münzen und Banknoten so viel Vertrauen, Gewohnheit und kulturelle Identität.

Wer durch Zürich, Genf oder Bern spazierte, konnte sich sicher sein: Hier war Barzahlung kein Relikt, sondern gelebter Alltag. Doch nun scheint sich ein Wandel anzubahnen, der weit mehr ist als nur eine Verschiebung im Zahlungsverhalten. Laut einer aktuellen Umfrage hat erstmals die Debitkarte das Bargeld als meistgenutzte Zahlungsmethode in der Schweiz überholt. Es ist ein Einschnitt, der still und schleichend erfolgte, aber symbolisch das Ende einer Ära markiert – und den Beginn einer neuen, digitalen Normalität im Zahlungsverkehr eines Landes, das dem physischen Geld bislang besonders treu geblieben war.


Der kulturelle Stellenwert von Bargeld in der Schweiz

In der Schweiz war Bargeld nie nur ein Mittel zum Zweck. Es stand für Unabhängigkeit, Diskretion, Sicherheit und Kontrolle. Viele Schweizerinnen und Schweizer empfanden es als selbstverständlich, alltägliche Einkäufe bar zu bezahlen – nicht nur im Supermarkt oder im Restaurant, sondern auch bei größeren Ausgaben wie Handwerkerrechnungen oder Arztbesuchen.

Noch vor wenigen Jahren zeigten Studien, dass rund 70 Prozent der Transaktionen in bar abgewickelt wurden – deutlich mehr als in vergleichbaren Industrienationen. Auch große Bargeldbeträge in Tresoren und Schließfächern galten als Ausdruck von Stabilität, nicht etwa von Misstrauen gegenüber Banken oder Technologie.

Umso bemerkenswerter ist der nun dokumentierte Wandel: Nicht durch politischen Zwang, sondern durch schrittweise Veränderung im Alltag haben digitale Zahlungsformen das Vertrauen der Bevölkerung gewonnen – vor allem bei der jüngeren Generation.


Digitales Bezahlen wird zur neuen Norm

Die Umfrage, durchgeführt im Auftrag der Schweizerischen Nationalbank (SNB) und weiteren Institutionen, zeigt: Die Debitkarte hat das Bargeld als bevorzugte Zahlungsmethode überholt.

Auch Mobile-Payment-Lösungen wie Twint, Apple Pay oder Google Pay legen deutlich zu.

Dabei ist der Umbruch weniger eine technologische Revolution als eine Anpassung an veränderte Lebensrealitäten.

Mehrere Faktoren haben dazu beigetragen:

  • Pandemieeffekte: Die Corona-Krise führte zu einer verstärkten Nutzung kontaktloser Zahlmethoden – aus hygienischen und praktischen Gründen.
  • Verfügbarkeit von Terminals: Nahezu alle Verkaufsstellen bieten heute bargeldloses Bezahlen an, selbst kleinere Betriebe und Marktstände.
  • Convenience: Die Geschwindigkeit und Einfachheit digitaler Zahlungen überzeugt viele – besonders im Alltag.
  • Transparenz und Budgetkontrolle: Digitale Zahlungen erlauben es, Ausgaben besser nachzuverfolgen und zu dokumentieren.

Bemerkenswert ist, dass selbst ältere Bevölkerungsgruppen zunehmend digitale Zahlungsmittel nutzen – nicht aus Begeisterung, sondern aus praktischer Einsicht, dass Bargeld zwar bewährt, aber nicht immer bequem ist.


Bargeld bleibt – aber verliert an Dominanz

Die Zukunft gehört digitalen Zahlungsmethoden. Doch das Bargeld wird – zumindest auf absehbare Zeit – ein Teil dieser Zukunft bleiben: nicht mehr dominant, aber weiterhin existent. Nicht mehr selbstverständlich, aber bewusst gewählt. Ein Rückzug mit Anstand – und mit bleibender Relevanz."

Trotz des Bedeutungswandels ist Bargeld in der Schweiz nicht verschwunden – und wird es voraussichtlich auch nicht in absehbarer Zeit. Es bleibt eine wichtige Zahlungsmöglichkeit, ein Notfallmittel bei Stromausfällen oder technischen Störungen und ein Sicherheitsanker für viele Menschen, die der vollständigen Digitalisierung skeptisch gegenüberstehen.

Allerdings verändert sich die Funktion des Bargelds. Es ist nicht mehr das Standardmittel des täglichen Bezahlens, sondern zunehmend ein ergänzendes oder bewusst eingesetztes Zahlungsmittel. Viele verwenden es gezielt für bestimmte Ausgaben oder zur besseren Kontrolle ihres Konsumverhaltens.

Auch der Anteil der Bartransaktionen an der Gesamtmenge sinkt stetig – selbst in traditionell bargeldaffinen Bereichen wie Gastronomie oder dem öffentlichen Nahverkehr.


Wirtschaftliche und gesellschaftliche Implikationen

Das Ende der Bargelddominanz hat nicht nur Auswirkungen auf das persönliche Zahlungsverhalten, sondern auch auf wirtschaftliche und politische Strukturen. Banken, Händler, Infrastrukturbetreiber und der Staat müssen sich anpassen – und neue Antworten auf altbekannte Fragen finden:

Die Schweiz befindet sich hier in einem Spannungsfeld zwischen Innovation und Tradition – zwischen dem Wunsch nach Effizienz und dem Bedürfnis nach Autonomie.


Fazit: Das Bargeld verliert seinen Platz an der Spitze – aber nicht seine Bedeutung

Die Ablösung des Bargelds durch digitale Zahlungsmittel in der Schweiz ist kein Bruch, sondern eine langsame Erosion. Sie erfolgt nicht durch Gesetze oder Verbote, sondern durch technologische Normalität und pragmatisches Verhalten.

Für eines der bargeldaffinsten Länder der Welt ist das ein bemerkenswerter Wandel – und ein Hinweis darauf, dass selbst tief verwurzelte finanzielle Gewohnheiten sich unter dem Druck moderner Lebensrealitäten verändern können.

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