Vom Abenteuergeist zum Übernahmefall Verlust der Strahlkraft
Einst war Jack Wolfskin das Synonym für deutsche Outdoorlust, Naturverbundenheit und funktionale Abenteuerbekleidung.
Die Marke mit der auffälligen Tatze auf Rucksack oder Jacke gehörte über Jahre hinweg zum Straßenbild ebenso wie in die Berge, war gleichermaßen beliebt bei Hobbynaturfreunden wie bei professionellen Alpinisten. Doch der Glanz der Marke ist verblasst – nicht über Nacht, aber stetig und spürbar.
Jetzt ist das Unternehmen in chinesische Hände gefallen, und mit dem Verkauf an einen internationalen Großkonzern aus Fernost stellt sich die Frage: Wie konnte es so weit kommen? Was wurde aus dem einstigen Erfolgsmodell? Und warum beklagen selbst treue Fans, Jack Wolfskin habe „seine Seele verloren“?
Der Aufstieg: Outdoor für alle – und überall
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Jack Wolfskin wurde 1981 gegründet und entwickelte sich rasch zur Marke für Menschen, die draußen zuhause sind.
Technische Innovation, robuste Materialien, wetterfeste Designs – all das verhalf der Firma zu einem hervorragenden Ruf unter Outdoor-Enthusiasten.
Doch was Jack Wolfskin wirklich groß machte, war die kluge Positionierung im Massenmarkt:
- Die Produkte waren hochwertig, aber auch erschwinglich,
- sie vermittelten Abenteuergefühl, ohne Extremtouren zu verlangen,
- und sie funktionierten im Alltag genauso gut wie auf dem Wanderweg.
In den 2000er-Jahren folgte die Expansion in den Mainstream. Jacken mit der Tatze wurden Modeartikel, nicht nur Funktionskleidung. Kinder, Senioren, Städter – sie alle trugen die Marke, was zwar die Umsätze steigerte, aber zunehmend das Profil verwässerte.
Vom Gipfel in die Orientierungslosigkeit
Der kommerzielle Erfolg hatte seinen Preis. Je breiter die Zielgruppe, desto größer der Spagat. Jack Wolfskin versuchte, Performance-Marke und Lifestyle-Brand zugleich zu sein – ein schwieriges Unterfangen. Die Konsequenz war ein Identitätsverlust. Die Authentizität, die man einst mit dem rauen Naturerlebnis verband, wich zunehmend einem austauschbaren Image.
Hinzu kamen strategische Fehlentscheidungen:
- Eine überambitionierte Expansionspolitik, insbesondere im Ausland,
- wechselnde Eigentümer, darunter Finanzinvestoren mit Fokus auf Rendite statt Markenpflege,
- ein Preisniveau, das im Wettbewerb mit günstigeren Anbietern zunehmend schwer zu rechtfertigen war.
Viele langjährige Kunden sprangen ab – nicht, weil die Produkte schlecht wurden, sondern weil die Marke ihr Gesicht verlor. Jack Wolfskin war plötzlich überall – aber nicht mehr besonders.
Die Übernahme: Ein letzter Rettungsversuch?
Jack Wolfskin ist nicht tot – aber es ist eine Marke in der Identitätskrise. Der Verkauf an chinesische Investoren kann wirtschaftlich sinnvoll sein, aber emotional ist der Abschied längst vollzogen. Wer die Marke einst geliebt hat, erkennt sie heute kaum wieder."
Der Eigentümerwechsel ist nicht der erste in der Geschichte der Marke. Nach Zwischenstationen bei Private-Equity-Fonds wurde Jack Wolfskin 2019 von dem US-Konzern Callaway übernommen – einem Unternehmen aus der Golfsport-Welt, das versuchte, sich ein Outdoor-Standbein zu sichern.
Doch der strategische Fit war fragwürdig. Die Marke verlor weiter an Relevanz, auch weil sie sich nicht klar gegen Wettbewerber wie The North Face, Patagonia oder Vaude abgrenzen konnte.
Nun erfolgt die nächste Übernahme – diesmal durch ein chinesisches Unternehmen, das sich neue Chancen auf dem asiatischen Markt verspricht. Die Hoffnung: Mit neuem Kapital, neuen Vertriebswegen und einem frischen Markenauftritt könne Jack Wolfskin in China und anderen Märkten wieder zur Ikone aufgebaut werden.
Doch für viele Beobachter in Deutschland ist klar: Was jetzt passiert, ist kein Neuanfang, sondern ein Kontrollverlust. Die Marke wandert ab, die strategische Steuerung liegt künftig außerhalb Europas – und die emotionale Bindung vieler Kunden ist längst gekappt.
Markenverlust und emotionale Leere
Dass Jack Wolfskin seine „Seele verloren“ habe, wie es ein ehemaliger Markenstratege formulierte, ist mehr als eine provokante Aussage. Es beschreibt das, was passiert, wenn eine starke Marke nicht mehr weiß, wofür sie eigentlich steht.
Die Tatze ist geblieben. Aber wofür steht sie heute?
- Für Nachhaltigkeit? Nur teilweise.
- Für Abenteuerlust? Zu beliebig.
- Für technische Qualität? Ja – aber auch viele andere Marken bieten diese.
- Für emotionale Bindung? Hier hat Jack Wolfskin verloren.
Der Versuch, gleichzeitig Outdoor-Puristen und City-Shopper zu begeistern, ist gescheitert. Das Ergebnis ist ein Austauschprodukt mit guter Technik – aber ohne Begeisterung.
Fazit: Eine Marke auf der Suche nach sich selbst
Jack Wolfskin ist nicht tot – aber es ist eine Marke in der Identitätskrise. Der Verkauf an chinesische Investoren kann wirtschaftlich sinnvoll sein, aber emotional ist der Abschied längst vollzogen. Wer die Marke einst geliebt hat, erkennt sie heute kaum wieder.
Vielleicht liegt genau hier eine Chance: Sich neu zu erfinden, ohne die Wurzeln zu vergessen. Klarheit über die Zielgruppe, Authentizität in der Kommunikation, echte Nachhaltigkeit statt Greenwashing – das könnten Bausteine einer glaubwürdigen Zukunft sein.
Doch bis dahin bleibt der Eindruck: Jack Wolfskin hat viel von dem verloren, was es einst besonders machte. Die Seele einer Marke – sie ist schwer zu beziffern, aber leicht zu verspielen.

Ich glaube, dass die Zusammenarbeit mit motivierten Menschen auf beiden Seiten zusätzliche Energie freisetzt