Die mediale Darstellung der Börse ist oft verzerrt

Wie Medien die Wahrnehmung der Börse beeinflussen Verzerrte Realität

Die Börse ist ein Ort der Zahlen, Fakten und Kurse – doch das Bild, das viele Menschen von ihr haben, wird oft nicht von nüchterner Analyse geprägt, sondern durch Medienberichte.

Eine neue Studie des Epos-Instituts zeigt nun in bemerkenswerter Deutlichkeit, wie stark diese Berichterstattung die Stimmung an den Finanzmärkten verzerren kann. Besonders auffällig: Negative Nachrichten dominieren, obwohl sie häufig nicht die wirtschaftliche Gesamtlage widerspiegeln. Die Folgen sind tiefgreifend – für Anleger, Märkte und Medien gleichermaßen.


Medienlogik vs. Marktlogik: Warum schlechte Nachrichten bevorzugt werden

Ein zentrales Ergebnis der Studie lautet: Börsenberichterstattung folgt nicht der Marktlogik, sondern der Medienlogik.

Während die Märkte langfristige Entwicklungen, fundamentale Daten und globale Zusammenhänge bewerten, konzentrieren sich viele Medien auf:

  • kurzfristige Kursschwankungen
  • spektakuläre Einbrüche
  • politische Zuspitzungen
  • prominente Verluste oder Unternehmensskandale

Der Grund liegt auf der Hand: Negative Meldungen erzeugen mehr Aufmerksamkeit. Sie lösen Emotionen aus, werden häufiger geteilt und diskutiert – insbesondere in digitalen Kanälen.

Der algorithmusgetriebene Wettbewerb um Klicks verstärkt diesen Effekt zusätzlich.

Die Folge ist eine systematische Überbetonung des Negativen, selbst in Phasen, in denen die Börsen robust oder sogar wachstumsorientiert sind.


Die Wirkung auf Anleger: Verunsicherung statt Orientierung

Diese einseitige Darstellung bleibt nicht folgenlos. Viele private und auch institutionelle Anleger lassen sich von der emotional gefärbten Berichterstattung beeinflussen. Die Studie zeigt, dass:

  • Anleger das Marktrisiko systematisch überschätzen, wenn sie regelmäßig wirtschaftliche Nachrichten konsumieren.
  • Panikreaktionen häufiger bei Medienrezipienten auftreten als bei Personen, die sich auf sachliche Quellen wie Geschäftsberichte oder Marktanalysen stützen.
  • Anleger mit langfristigem Horizont zu häufige Anpassungen ihres Portfolios vornehmen – aus Angst vor vermeintlich drohenden Krisen.

Kurz gesagt: Die Wahrnehmung der Realität am Kapitalmarkt wird verzerrt – und dadurch entstehen fehlerhafte Anlageentscheidungen.


Langfristige Entwicklungen bleiben oft unterbelichtet

Die Epos-Studie liefert einen klaren Befund: Die mediale Darstellung der Börse ist oft verzerrt – mit messbaren Folgen für die Marktstimmung und das Anlageverhalten. Sie stellt die berechtigte Frage, ob Wirtschaftsjournalismus seiner Orientierungsfunktion heute noch gerecht wird – oder ob er zunehmend selbst zum Treiber von Marktvolatilität wird."

Ein weiterer Kritikpunkt der Epos-Studie betrifft die chronische Unterrepräsentation langfristiger wirtschaftlicher Trends. Entwicklungen wie:

finden in der täglichen Börsenberichterstattung nur selten ihren Platz. Dabei sind es gerade diese Faktoren, die langfristig den größten Einfluss auf Unternehmensbewertungen und Aktienmärkte haben. Stattdessen herrscht oft eine Fixierung auf das tagesaktuelle Geschehen – der Blick für das große Ganze fehlt.


Was sich ändern müsste – und was Anleger daraus lernen können

Die Autoren der Studie fordern daher ein Umdenken: Medien sollten verantwortungsvoller mit ihrer Rolle als Meinungsbildner umgehen. Dazu gehöre:

  • mehr Kontext statt bloßer Kurserklärung
  • Transparenz über Unsicherheiten und Risiken
  • Berücksichtigung langfristiger Wirkzusammenhänge
  • kritische Auseinandersetzung mit eigenen Schlagzeilen und Narrativen

Gleichzeitig sehen sie auch Anleger in der Pflicht, sich differenziert zu informieren, seriöse Quellen zu nutzen und sich nicht von kurzfristiger Emotionalität treiben zu lassen. Ein ausgewogenes Verständnis der Märkte ist nur dann möglich, wenn Informationen in ihrem Kontext verstanden – und nicht einfach konsumiert – werden.


Fazit: Die Börse braucht besseren Journalismus – und mündigere Leser

Die Epos-Studie liefert einen klaren Befund: Die mediale Darstellung der Börse ist oft verzerrt – mit messbaren Folgen für die Marktstimmung und das Anlageverhalten. Sie stellt die berechtigte Frage, ob Wirtschaftsjournalismus seiner Orientierungsfunktion heute noch gerecht wird – oder ob er zunehmend selbst zum Treiber von Marktvolatilität wird.

Für Anleger ergibt sich daraus ein klarer Auftrag: nicht blind der Schlagzeile vertrauen, sondern tiefer schauen, Fragen stellen, vergleichen – und langfristig denken. Denn an der Börse gilt auch medial: Wer nur die lauten Töne hört, verpasst oft die leisen Signale, die wirklich zählen.

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