Finanzlexikon Wertentwicklung - BVI-Methode
Die Wertentwicklung eines Fonds ist für viele Anleger der zentrale Maßstab zur Beurteilung seiner Attraktivität. Sie entscheidet darüber, ob ein Investment als lohnend oder unterdurchschnittlich gilt, beeinflusst Anlageentscheidungen und steht oft im Fokus der Vertriebsunterlagen.
Doch Wertentwicklung ist nicht gleich Wertentwicklung – je nachdem, wie sie berechnet wird, kann sie ganz unterschiedliche Ergebnisse zeigen. Genau hier setzt die sogenannte BVI-Methode an – eine vom deutschen Fondsverband BVI (Bundesverband Investment und Asset Management e. V.) entwickelte Berechnungsweise, die darauf abzielt, eine einheitliche, realitätsnahe und vergleichbare Darstellung der Fondsperformance zu ermöglichen. Sie ist insbesondere in Deutschland der anerkannte Standard für Publikumsfonds und hat sich als Referenzmaßstab für Transparenz und Fairness etabliert.
Ziel der BVI-Methode: Einheitlichkeit und Praxisnähe
Die BVI-Methode wurde geschaffen, um Investoren einen klaren, standardisierten und nachvollziehbaren Blick auf die Wertentwicklung von Fonds zu ermöglichen – und dabei Kosten, Wiederanlageeffekte und steuerliche Realitäten soweit wie möglich zu berücksichtigen. Ziel war es, eine Berechnung zu etablieren, die unabhängig vom individuellen Anlageverhalten der Investoren vergleichbare Ergebnisse liefert und zugleich praxisrelevant ist.
Ein zentrales Anliegen des BVI war es, eine realistische Darstellung des Anlegererfolgs zu erreichen – ohne durch individuelle Transaktionskosten, Ausgabeaufschläge oder steuerliche Effekte das Bild zu verzerren. Deshalb konzentriert sich die Methode auf die tatsächliche Entwicklung des Fondsvermögens, wie sie ein Anleger bei einer fortlaufenden Anlage ohne weitere Zu- oder Abflüsse erfahren würde.
Grundprinzip der Berechnung: Nettoveränderung ohne Ausgabeaufschlag
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Die BVI-Methode misst die prozentuale Veränderung des Anteilswertes eines Investmentfonds über einen definierten Zeitraum – unter der Annahme, dass alle Erträge wie Dividenden oder Zinsen vollständig wieder angelegt werden. Entscheidender Aspekt: Die Berechnung erfolgt ohne Berücksichtigung des Ausgabeaufschlags, da dieser je nach Vertriebsweg unterschiedlich hoch sein kann und somit die Vergleichbarkeit zwischen Fonds verzerren würde.
Eingerechnet werden jedoch:
- Verwaltungskosten und Managementgebühren, soweit sie dem Fondsvermögen belastet wurden.
- Wiederanlage aller Erträge zum Anteilwert.
- Rücknahmepreise (sofern vorhanden) als realistische Bewertungsgrundlage.
Dadurch entsteht ein Bild, das den Fondspreisverlauf aus Sicht eines dauerhaft investierten Anlegers abbildet – unabhängig davon, wann oder über welchen Weg er den Fonds erworben hat.
Wiederanlageprinzip: Der Zinseszinseffekt als Erfolgsfaktor
Ein zentrales Merkmal der BVI-Methode ist die Berücksichtigung der Wiederanlage ausgeschütteter Erträge, auch bekannt als „thesaurierende Darstellung“. Bei ausschüttenden Fonds wird rechnerisch unterstellt, dass alle Erträge sofort wieder in neue Fondsanteile reinvestiert werden – zum jeweiligen Anteilspreis. Das ermöglicht eine realistische Simulation des Wertzuwachses, wie er einem Anleger entsteht, der seine Erträge nicht entnimmt.
Gerade über längere Anlagezeiträume hinweg spielt dieser Effekt eine entscheidende Rolle: Der Zinseszinseffekt führt dazu, dass sich die Wertentwicklung überproportional positiv entwickelt, je länger die Erträge im Fonds verbleiben und erneut angelegt werden. Die BVI-Methode macht diesen Effekt transparent sichtbar, während andere Methoden – etwa die reine Kursveränderung – diese Dynamik ausblenden würden.
Ausgabeaufschläge und individuelle Kosten: Was nicht enthalten ist
Obwohl die BVI-Methode zahlreiche Kosten berücksichtigt, lässt sie einige individuell vom Anleger abhängige Faktoren bewusst außen vor. Dazu gehören insbesondere:
- Ausgabeaufschläge, die beim Kauf über bestimmte Vertriebskanäle anfallen können.
- Depotgebühren oder andere bankseitige Verwahrkosten.
- Steuerliche Belastungen wie Abgeltungsteuer oder Quellensteuerabzüge.
Diese Aspekte sind zwar für den individuellen Anleger relevant, lassen sich jedoch nicht einheitlich auf alle Anleger übertragen und würden die Vergleichbarkeit zwischen Fonds verfälschen. Daher verzichtet die BVI-Methode bewusst darauf, sie in die Standardberechnung einzubeziehen.
Anleger sollten sich deshalb bewusst sein: Die Wertentwicklung nach BVI-Methode zeigt die reine Fondsperformance aus Sicht des Fonds selbst, nicht notwendigerweise den individuellen Nettogewinn nach Steuern und Gebühren. Für eine persönliche Erfolgsrechnung müssen diese Effekte separat betrachtet werden.
Vergleich mit anderen Methoden: Brutto, Netto und „True to Label“
Die BVI-Methode ist ein transparentes, konsistentes und anerkanntes Instrument zur Messung der Fondsperformance in Deutschland. Sie bietet einen sachlich fundierten Rahmen zur Bewertung und zum Vergleich von Investmentfonds – ohne individuelle Kaufentscheidungen oder steuerliche Sondersituationen zu berücksichtigen."
Die BVI-Methode unterscheidet sich von anderen Darstellungen der Fondsperformance, wie sie etwa in anderen Ländern oder von Finanzportalen verwendet werden. Manche Berechnungen erfassen nur den Kursverlauf des Anteilpreises, ohne Wiederanlageeffekte zu berücksichtigen. Andere schließen Ausgabeaufschläge ein, wodurch sich – je nach Vertriebsform – sehr unterschiedliche Ergebnisse ergeben können.
Im angelsächsischen Raum findet man oft die Begriffe "gross of fees" (brutto vor Kosten) oder "net of fees" (netto nach Kosten). Die BVI-Methode liegt dazwischen: Sie ist netto im Fonds, aber brutto zum Anleger, da sie fondsintern erhobene Gebühren berücksichtigt, jedoch keine persönlichen Vertriebskosten.
Diese Systematik macht die BVI-Methode besonders gut geeignet für Fondsvergleiche, da sie eine standardisierte Sichtweise bietet – unabhängig davon, wie der Anleger selbst investiert hat. In Deutschland ist sie daher der anerkannte Standard in Fondsprospekten, Factsheets und regulatorischen Veröffentlichungen.
Kritik und Grenzen: Eine Methodik mit klarer Logik – aber nicht frei von Missverständnissen
Trotz ihrer vielen Vorteile ist die BVI-Methode nicht frei von Kritik oder Missverständnissen. Ein häufiges Missverständnis besteht etwa darin, dass Anleger die ausgewiesene Wertentwicklung mit ihrer persönlichen Rendite gleichsetzen – ohne zu berücksichtigen, dass Kaufkosten, Steuerbelastung oder Haltezeitpunkt individuell stark abweichen können.
Auch die rechnerische Wiederanlage von Erträgen ist in der Praxis nicht immer realistisch – etwa wenn Anleger die Ausschüttungen tatsächlich entnehmen. In solchen Fällen ergibt sich ein anderes Renditeprofil, als es die BVI-Methode suggeriert. Dennoch bleibt die Methode sinnvoll, da sie eine vergleichbare Basis schafft, auf deren Grundlage individuelle Berechnungen aufbauen können.
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Kommunikation gegenüber Laien. Die Angabe einer „Wertentwicklung nach BVI-Methode“ wird nicht immer hinreichend erklärt, was dazu führen kann, dass Anleger sie als Garantie oder reale Nettoauszahlung missverstehen. Hier liegt es an den Anbietern, durch verständliche Zusatzinformationen für Aufklärung zu sorgen.
Fazit: Die BVI-Methode – ein klarer Standard mit begrenztem, aber wertvollem Aussagegehalt
Die BVI-Methode ist ein transparentes, konsistentes und anerkanntes Instrument zur Messung der Fondsperformance in Deutschland. Sie bietet einen sachlich fundierten Rahmen zur Bewertung und zum Vergleich von Investmentfonds – ohne individuelle Kaufentscheidungen oder steuerliche Sondersituationen zu berücksichtigen.
Für Anleger bedeutet das: Die BVI-Wertentwicklung ist eine Richtschnur, keine Renditegarantie. Wer sie richtig einordnet, kann auf ihrer Grundlage sinnvolle Entscheidungen treffen – etwa bei der Auswahl zwischen Fonds, der Beurteilung eines Anlageerfolgs oder der Einschätzung der historischen Entwicklung.
In einer Welt, in der Zahlen oft mehr Eindruck als Inhalt erzeugen, ist die BVI-Methode vor allem eines: ein ehrlicher Maßstab, der mit klaren Regeln und nachvollziehbarer Systematik für mehr Orientierung auf dem Kapitalmarkt sorgt.

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