2019 kann die gesetzliche Rentenversicherung in Deutschland auf ihr 130jähriges Bestehen zurückblicken

Geschichtliche Einordnung Die gesetzliche Rentenversicherung

2019 kann die gesetzliche Rentenversicherung in Deutschland auf ihr 130jähriges Bestehen zurückblicken. Das am 22. Juni 1889 vom Reichstag verabschiedete "Gesetz über die Invaliditäts- und Altersversicherung" markierte den Startschuss der gesetzlichen Alterssicherung hierzulande. Seitdem musste die Rentenversicherung zahlreiche Umbrüche meistern.

Es war Reichskanzler Otto von Bismarck, der den Anstoß zu einer umfassenderen Sozialgesetzgebung im Kaiserreich gab. Dahinter stand nicht unbedingt Altruismus. Die erstarkende Sozialdemokratie bewog den "eisernen Kanzler" dazu, mit Sozialleistungen auf die Arbeiterschaft zuzugehen. Damit sollte der SPD ein Stück weit der Wind aus den Segeln genommen werden.

Entwicklung bis zur Hyperinflation und Weltwirtschaftskrise 

Gemessen an heute war das Versorgungsniveau der gesetzlichen Rentenversicherung am Anfang noch sehr bescheiden. Die Invaliditätssicherung stand stärker im Fokus als die Altersversorgung. Eine Altersrente wurde überhaupt erst ab 70 gezahlt - ein Alter, das damals nur wenige Arbeiter erreichten. Schon damals galt das Prinzip der paritätischen Finanzierung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Der Beitragssatz von 1,7 Prozent mutet gering an. Das System funktionierte kapitalgedeckt, wurde aber auch mit Zuschüssen aus Steuermitteln unterstützt. 

1911 fanden erstmals größere Reformen statt. Die verschiedenen Sozialgesetze führte man in der Reichsversicherungsordnung - der Vorläuferin des heutigen Sozialgesetzbuches - zusammen. Außerdem wurden erstmals Hinterbliebenenrenten eingeführt. Das Rentenalter wurde 1916 auf 65 herabgesetzt. Der Erste Weltkrieg und seine Folgen brachten dann das Rentensystem ins Wanken. Durch die zahlreichen Kriegsversehrten und -toten schnellte die Zahl der Rentenbezieher dramatisch in die Höhe; die Hyperinflation Anfang der 1920er vernichtete praktisch den gesamten Kapitalstock. Ein zweiter "Schock" war die Weltwirtschaftskrise ab 1929, in der wegen der hohen Arbeitslosigkeit die Beiträge wegbrachen. In diesen Krisenzeiten wurde zwar das Kapitaldeckungsprinzip offiziell beibehalten, de facto nutzte man aber schon damals Umlage- und staatliche Zuschussfinanzierung zur Aufrechterhaltung der Rentenversicherung. Die Versicherten mussten parallel dazu erhebliche Leistungskürzungen hinnehmen. 

Nationalsozialismus, deutsche Teilung und Wiedervereinigung 

Der wirtschaftliche Aufschwung im Nationalsozialismus brachte zunächst eine Konsolidierung der Rentenversicherung, die wie alle anderen Bereiche "gleichgeschaltet" wurde. Mit dem Zweiten Weltkrieg, dem Zusammenbruch Deutschlands und der Inflation der Nachkriegsjahre geriet das Rentensystem dann erneut in erhebliche Schwierigkeiten. In der DDR wurde eine neue Einheitsversicherung aufgebaut. In der Bundesrepublik hielt man zunächst am bestehenden System fest, die Finanzierung der Renten erfolgte aber mangels Kapital primär aus Steuermitteln. 

Die Überalterung der Gesellschaft sorgt dafür, dass die gesetzliche Rentenversicherung den Anspruch einer umfassenden Alterssicherung immer weniger garantieren kann."

1957 wurde die bis heute bestehende umlagefinanzierte Rente eingeführt. Danach finanziert die jeweils arbeitende Generation die Renten der Vorgänger-Generation. War die Rentenversicherung ursprünglich eher als "Zuschussbetrieb" angelegt, wurde sie in den Cin Richtung einer umfassenden Alterssicherung ausgebaut. 

Über Jahrzehnte funktionierte dies recht reibungslos. Einen Einschnitt bedeutete die Deutsche Wiedervereinigung 1990. Die Übertragung des Rentensystems auf die neuen Bundesländer in Verbindung mit der dort herrschenden hohen Arbeitslosigkeit bedeutete eine erhebliche zusätzliche finanzielle Belastung. Sie konnte nur durch massive Aufstockung der Bundeszuschüsse aufgefangen werden. 

Als weiterer Belastungsfaktor machte sich ab den 1990er Jahren der demografische Wandel bemerkbar. Mehrfache Rentenreformen mit einer Absenkung des Rentenniveaus und der Erhöhung des Renteneintrittsalters auf nunmehr 67 waren die Folge. Die fortgesetzte Überalterung der Gesellschaft sorgt auch weiterhin dafür, dass die gesetzliche Rentenversicherung den Anspruch einer umfassenden Alterssicherung immer weniger garantieren kann. Private Vorsorge muss daher die Lücke füllen.

 

Autor: Jürgen E. Nentwig, juergen.nentwig@gfmsnentwig.de

 

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