Finanzlexikon Die Zugewinngemeinschaft
Die Zugewinngemeinschaft, das Standardmodell der Ehe in Deutschland.
Die Zugewinngemeinschaft ist der gesetzliche Güterstand, der in Deutschland gilt, wenn Ehepartner vor oder während ihrer Ehe keine abweichenden Vereinbarungen, beispielsweise in Form eines Ehevertrags, treffen. Sie stellt ein ausgewogenes Modell dar, das sowohl individuelle Vermögensunabhängigkeit als auch einen finanziellen Ausgleich bei Beendigung der Ehe durch Scheidung oder Tod gewährleistet.
Grundprinzip der Zugewinngemeinschaft
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Bei der Vereinbarung der Zugewinngemeinschaft bleiben die Vermögensmassen der jeweiligen Ehepartner während der gemeinsamen Ehe getrennt.
Jeder Ehepartner behält dann konsequenterweise sein eigenes Vermögen, sowohl das, welches er vor der eingegangenen Ehe besaß, als auch das, was er während der Ehe neu erworben hat.
Ein gemeinsames Vermögen der Ehepartner entsteht somit nicht vollkommen automatisch.
Jedoch kommt es im Falle einer Beendigung der Ehe zu einem Vermögensausgleich, dem sogenannten Zugewinnausgleich.
Dabei wird der Zugewinn beider Ehepartner während der Ehe verglichen, und derjenige mit dem höheren Zugewinn muss die Hälfte der Differenz an den anderen Partner ausgleichen.
Bestandteile des Vermögens
- Anfangsvermögen: Das Anfangsvermögen ist das Vermögen, das jeder Ehepartner zu Beginn der Ehe besitzt. Hierzu zählen beispielsweise Geldbeträge, Immobilien, Wertpapiere oder andere Vermögenswerte.
- Endvermögen: Das Endvermögen ist das Vermögen, das jeder Ehepartner am Ende der Ehe besitzt.
- Zugewinn: Der Zugewinn ist die Differenz zwischen dem Anfangs- und dem Endvermögen. Steigerungen des Vermögens, beispielsweise durch Arbeitseinkommen, Wertsteigerungen von Immobilien oder Erbschaften, zählen zum Zugewinn.
Zugewinnausgleich bei Scheidung
Im Scheidungsfall wird der Zugewinnausgleich berechnet. Dabei gilt:
- Zunächst wird für jeden Ehepartner der Zugewinn ermittelt.
- Der Partner mit dem höheren Zugewinn muss die Hälfte der Differenz zwischen den beiden Zugewinnbeträgen an den anderen Partner zahlen.
Beispiel:
- Partner A hat einen Zugewinn von 100.000 Euro, Partner B von 40.000 Euro.
- Die Differenz beträgt 60.000 Euro.
- Partner A muss die Hälfte davon, also 30.000 Euro, an Partner B zahlen.
Ziel dieses Ausgleichs ist es, den finanziellen Vorteil, den ein Ehepartner während der Ehe erzielt hat, fair zu verteilen und dem anderen Partner anteilig daran teilhaben zu lassen.
Zugewinngemeinschaft bei Tod eines Ehepartners
Die Zugewinngemeinschaft ist nicht für alle Lebensmodelle geeignet, weshalb Ehepartner bei besonderen Vermögensverhältnissen oder individuellen Bedürfnissen über alternative Regelungen nachdenken sollten."
Wenn ein Ehepartner stirbt, findet ebenfalls ein Zugewinnausgleich statt, allerdings in einer abweichenden Form:
- Statt der konkreten Berechnung des Zugewinns wird der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehepartners pauschal um ein Viertel erhöht, unabhängig vom tatsächlichen Zugewinn.
- Beispiel: Wenn der überlebende Ehepartner laut gesetzlicher Erbfolge die Hälfte des Nachlasses erhalten würde, steigt sein Erbteil auf drei Viertel.
Vorteile der Zugewinngemeinschaft
- Individuelle Vermögensverwaltung: Jeder Ehepartner bleibt alleiniger Eigentümer seines Vermögens und haftet nur für seine eigenen Verbindlichkeiten.
- Ausgleich bei Scheidung: Der Zugewinnausgleich sorgt für eine faire Vermögensverteilung und schützt den Partner, der während der Ehe weniger Vermögen aufgebaut hat, z. B. durch Kinderbetreuung oder Teilzeitarbeit.
- Automatische Geltung: Die Zugewinngemeinschaft tritt automatisch mit der Eheschließung in Kraft, ohne dass ein Ehevertrag notwendig ist.
Nachteile und Kritik
- Komplexität bei Trennung: Die Berechnung des Zugewinnausgleichs erfordert eine umfassende Vermögensaufstellung, was zu Streitigkeiten führen kann, insbesondere wenn Vermögenswerte schwer zu bewerten sind.
- Ungleichgewicht bei Erbschaften: Obwohl Erbschaften und Schenkungen nicht in den Zugewinn eingehen, kann das Vermögen des erbenden Ehepartners dennoch indirekt in die Berechnung einfließen, was oft als unfair empfunden wird.
- Fehlende Flexibilität: Die Zugewinngemeinschaft passt nicht zu allen Lebensmodellen oder finanziellen Verhältnissen. Ehepaare mit unterschiedlichen Vermögenssituationen bevorzugen oft individuelle Regelungen.
Alternativen zur Zugewinngemeinschaft
Paare, die den gesetzlichen Güterstand nicht wünschen, können per Ehevertrag alternative Regelungen vereinbaren:
- Gütertrennung: Es erfolgt keine Vermögensvermischung und kein Zugewinnausgleich. Jeder Ehepartner behält sein Vermögen vollständig.
- Gütergemeinschaft: Das gesamte Vermögen wird gemeinschaftliches Eigentum beider Ehepartner, außer es wird ausdrücklich als Sondergut deklariert.
Fazit
Die Zugewinngemeinschaft ist ein ausgewogenes Modell, das individuellen Vermögensschutz mit einem fairen Ausgleich im Trennungsfall kombiniert. Sie bietet insbesondere Ehepaaren mit einer traditionellen Rollenverteilung – ein Partner arbeitet, der andere kümmert sich um Haushalt und Familie – einen wirksamen Schutz vor finanzieller Benachteiligung.
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