Die Rolle des Dollar wird hinterfragt

Chef der größten Vermögensverwaltung der Welt Ein Finanzgigant warnt

Wenn Larry Fink, CEO des weltgrößten Vermögensverwalters BlackRock, öffentlich Position bezieht, hören nicht nur Anleger, sondern auch politische Entscheidungsträger aufmerksam zu. Die Aussagen des Mannes, der über die Allokation von mehreren Billionen Dollar entscheidet, haben geopolitische wie finanzwirtschaftliche Tragweite.

Im Interview mit dem Handelsblatt äußerte sich Fink nun besorgt über die langfristigen Folgen der US-Finanzpolitik – insbesondere mit Blick auf die rapide steigende Staatsverschuldung. Zugleich zeigte er sich erstaunlich optimistisch für Europa, mahnte jedoch Reformbereitschaft an.

Die zentrale Aussage, die aufhorchen lässt: Die Rolle des Dollar wird hinterfragt.“ Es ist eine bemerkenswerte Formulierung – nicht dramatisch, aber unmissverständlich. Und sie kommt zu einer Zeit, in der die globale Dominanz der US-Währung längst keine Selbstverständlichkeit mehr ist.

Der Dollar als Weltleitwährung – noch unangefochten?

Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist der US-Dollar die unangefochtene Leitwährung der Weltwirtschaft.

Er dominiert internationale Handelsströme, dient als Hauptreservewährung der Zentralbanken und ist das Rückgrat globaler Finanzierung.

Diese Sonderstellung beruht nicht nur auf der ökonomischen Stärke der Vereinigten Staaten, sondern auch auf Vertrauen – in die politischen Institutionen, in die Stabilität des Rechtssystems und in die Fähigkeit der USA, ihren Verpflichtungen langfristig nachzukommen.

Doch genau dieses Vertrauen könnte zunehmend erodieren, so Fink.

Die schier grenzenlose Bereitschaft der US-Regierung, neue Schulden aufzunehmen, und das Ausbleiben einer strukturierten Fiskalpolitik führten dazu, dass internationale Akteure begännen, ihre Abhängigkeit vom Dollar grundsätzlich zu überdenken.

Gemeint sind damit nicht kurzfristige Marktreaktionen, sondern strategische Überlegungen von Staaten und großen Kapitalhaltern, die nach Alternativen suchen – etwa in Form bilateraler Handelsabkommen in Landeswährung, digitaler Zentralbankwährungen oder einer Stärkung regionaler Finanzsysteme.

Die Schuldenfrage: Wie viel ist zu viel?

Die USA befinden sich in einer historischen Schuldenspirale. Mit einer Staatsverschuldung, die die Marke von 34 Billionen US-Dollar überschritten hat und einem steigenden Zinsdienst, der bereits einen Großteil des Bundeshaushalts beansprucht, stellt sich zunehmend die Frage: Wie lange lässt sich diese Dynamik noch aufrechterhalten?

Für Larry Fink ist nicht die absolute Zahl entscheidend, sondern das Verhältnis zwischen Schuldenwachstum, wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und politischem Reformwillen. Wenn strukturelle Probleme – etwa ineffiziente Ausgaben, Steuerungerechtigkeiten und politische Blockaden – nicht adressiert würden, gerate das Vertrauen in die fiskalische Tragfähigkeit der USA ins Wanken. Und dieses Vertrauen sei, so Fink, das Fundament der Dollarstärke.

Ein weiterer Faktor: Die hohe US-Verschuldung bindet zunehmend Ressourcen, die eigentlich für Infrastruktur, Bildung, Forschung oder Transformation bereitgestellt werden müssten. Langfristig droht also nicht nur eine Finanzkrise, sondern auch eine Wachstumsschwäche aus politischer Lähmung heraus.

Globale Folgen: Wenn der Dollar nicht mehr selbstverständlich ist

Noch ist der US-Dollar alternativlos. Doch Finks Warnung ist Ausdruck einer neuen geopolitischen Realität. Staaten wie China, Russland oder die Golfregion suchen gezielt nach Wegen, sich von der Dominanz des Dollar zu lösen. Das betrifft nicht nur Handelsabkommen, sondern auch den Aufbau alternativer Zahlungssysteme, Währungsabkommen in regionalen Blöcken oder gar die Einführung digitaler Zentralbankwährungen (CBDCs), die ohne US-Zwischenschaltung funktionieren.

Auch auf den Kapitalmärkten macht sich eine zunehmende Diversifizierung der Reservehaltung bemerkbar. Zwar bleiben US-Staatsanleihen ein Kernbestandteil vieler Portfolios, doch ihre relative Gewichtung könnte in den kommenden Jahren sinken – nicht unbedingt aus Misstrauen, sondern aus strategischer Neuausrichtung.

Fink sieht diese Entwicklung nicht als akute Bedrohung, sondern als schleichenden Prozess. Gerade deshalb sei sie so ernst zu nehmen. Denn wenn ein System ins Rutschen gerät, ist es oft zu spät für Korrekturen.

Europa im Vergleich: Mehr Potenzial als genutzt

Larry Finks Einschätzung ist keine Panikmache, sondern ein Weckruf mit fundierter Begründung. Die USA stehen aus seiner Sicht an einem kritischen Punkt: Noch genießt der Dollar weltweites Vertrauen – doch das Fundament dieses Vertrauens wird durch fiskalische Maßlosigkeit und politische Unfähigkeit gefährdet. Wer glaubt, dass Schulden keine Rolle spielen, unterschätzt das komplexe Zusammenspiel zwischen Haushaltspolitik, globalem Kapitalvertrauen und geopolitischer Glaubwürdigkeit."

Bemerkenswert an Finks Einschätzung ist sein ungewöhnlich positiver Blick auf Europa. Trotz der anhaltenden Strukturprobleme, der politischen Zersplitterung und einer trägen Kapitalmarktkultur sieht er auf dem Kontinent versteckte Stärke, die nur freigesetzt werden müsse.

Er nennt explizit den europäischen Green Deal, die Stabilität der gemeinsamen Währung und die Innovationskraft in bestimmten Sektoren als Chancenfelder. Europa sei, trotz aller internen Konflikte, eine Zone mit soliden Institutionen, hohem Bildungsstand und einer Bevölkerung, die gesellschaftlichen Wandel mittrage.

Doch damit daraus wirtschaftliche Dynamik werde, seien laut Fink konkrete Reformen erforderlich. Dazu zählen:

  • Die Vollendung der Kapitalmarktunion, um Kapital effizienter zu lenken und Innovation zu finanzieren.
  • Eine einheitlichere Energie- und Industriepolitik, um Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.
  • Eine konsequentere Förderung von Technologieunternehmen, um global konkurrenzfähig zu bleiben.

Europa stehe am Scheideweg: Entweder es nutzt die historische Gelegenheit, sich als souveräne Wirtschaftsmacht zu positionieren – oder es bleibt im Schatten eines schwankenden US-Systems.

Kapitalmärkte in Bewegung: Was bedeutet das für Investoren?

Finks Aussagen haben auch unmittelbare Relevanz für Anleger. Wenn die Dominanz des US-Dollars nicht mehr selbstverständlich ist, verändert sich das Gleichgewicht der Kapitalmärkte. Vermögensverwalter, institutionelle Investoren und Staaten müssen ihre Asset-Allokationen strategisch anpassen.

Das betrifft nicht nur die Währungsseite, sondern auch Fragen wie:

  • Welche Regionen bieten künftig nachhaltigeres Wachstum?
  • Wo entstehen neue finanzielle Infrastrukturen – etwa durch Digitalisierung oder Dekarbonisierung?
  • Wie sicher ist das politische Umfeld für langfristige Investitionen?

Fink plädiert für eine breitere geografische Streuung, eine selektive Risikoanalyse jenseits von Ratings und ein stärkeres Augenmerk auf nicht-traditionelle Märkte. In seinen Augen beginnt eine neue Phase globaler Finanzarchitektur, in der Investoren gezwungen sein werden, alte Gewissheiten zu hinterfragen.

Fazit: Warnung mit Weitblick – und einem Appell an die Politik

Larry Finks Einschätzung ist keine Panikmache, sondern ein Weckruf mit fundierter Begründung. Die USA stehen aus seiner Sicht an einem kritischen Punkt: Noch genießt der Dollar weltweites Vertrauen – doch das Fundament dieses Vertrauens wird durch fiskalische Maßlosigkeit und politische Unfähigkeit gefährdet. Wer glaubt, dass Schulden keine Rolle spielen, unterschätzt das komplexe Zusammenspiel zwischen Haushaltspolitik, globalem Kapitalvertrauen und geopolitischer Glaubwürdigkeit.

Europa hingegen sieht er nicht als Verlierer, sondern als unterschätzte Alternative, deren Potenzial aber nur dann zur Entfaltung kommt, wenn sie endlich wirtschaftspolitisch handlungsfähig wird. Seine Botschaft ist daher doppelt: Die USA dürfen sich nicht auf ihrer Rolle ausruhen – und Europa muss aufhören, sich selbst zu unterschätzen.

In einer Welt multipolarer Machtverschiebungen und wachsender fiskalischer Ungleichgewichte sind Finks Worte mehr als ein Interview – sie sind ein strategischer Fingerzeig für die Zukunft der Finanzwelt.

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